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Ein Hologramm für den König

Ein Hologramm für den König

Titel: Ein Hologramm für den König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Eggers
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ihr Glas und trank es leer.
    – Hast du vor, zu schnorcheln, tauchen, irgendwas in der Art?
    Er sagte, er habe noch nicht darüber nachgedacht.
    – Geht sehr gut hier. Das machen nur sehr wenige Leute, deshalb ist alles unberührt. Ich hab’s vor ein paar Wochen versucht, gleich neben dem KAEC -Strand. Ich hatte einen Bikini an, um ehrlich zu sein, aber dass hätte ich lieber lassen sollen. Nach einer Stunde tauchte ein Boot der Küstenwache auf. Es war haram, so spärlich bekleidet da draußen zu sein.
    – Bist du verhaftet worden oder …?
    – Nein, sie meinten bloß, ich sollte sie beim nächsten Mal vorwarnen. In der Gegend um Dschidda sind sie Westlern gegenüber nämlich sehr nachsichtig. In den meisten Fällen schauen sie einfach weg, aber sie wollen genau wissen, wo du was machst. Vor allem damit sie sicher sein können, dass andere Leute nicht sehen , was du machst. Noch einen Schluck?
    Sie schenkte Wein nach und ging dann nach dem Wasser in der Wanne sehen.
    – Wir können.
    Und dann waren sie nackt, saßen einander gegenüber und wussten beide nicht, was sie als Nächstes tun sollten. Sie hatte sich zuerst ausgezogen, war vorsichtig in die Wanne gestiegen, als wäre sie ihr fremd. Er betrachtete sie, dachte, dass sie hübsch war, üppige Formen, blasse Haut, sommersprossig, der Rücken sonnenverbrannt. Er wartete, bis sie mit ein paar Kerzen hinter ihrem Kopf beschäftigt war, und stieg dann schnell hinein, ehe sie ihn ganz sehen konnte.
    Bald darauf saßen sie da, die Knie hochgezogen, Wein in der Hand. Jetzt wollte er viel mehr, als er in seinem Glas hatte.
    – Nimmst du oft ein Bad?, brachte Alan heraus.
    – Eigentlich nicht, sagte sie.
    Hanne hatte versucht, mit Spülmittel etwas Schaum zu erzeugen, aber das Ergebnis war anämisch und verschwand schon bald.
    – Zu heiß?, fragte sie.
    – Es ist gut, sagte er und meinte es auch so. Er schätzte sie und bewunderte ihren Mut und fühlte sich wohl mit der ganzen Situation, wie er so dasaß, in einer behaglichen Wanne, zusammen mit einer neuen Freundin. Doch andererseits dachte er: Was zum Henker machte er in der Wanne dieser Frau?
    Das Problem war die Möglichkeit einer Kränkung. Er wollte niemanden kränken, und deshalb nahm er zu oft Einladungen wie diese an. Er war schon auf Hochzeiten gelandet, auf Taufen, mit Frauen, die ihn für mehr als einen Freund hielten, obwohl sie etwas anderes behaupteten. Er war ein Idiot.
    Bestimmt war irgendwas in dieser Geschwulst im Nacken, dachte er. Die Geschwulst saß zu dicht am Rückenmark und hatte den Durchgang der Signale vom Gehirn zum Rest von ihm verändert. Das wär eine Erklärung für seine Unfähigkeit, alle menschlichen Signale zu deuten.
    Sie seifte ihm jetzt das Knie ein, sanft, als würde sie ein Geländer polieren. Er lächelte sie an. Sie runzelte die Stirn.
    – Ich errege dich nicht sehr, sagte sie.
    Er war nicht erregt, und er wusste, es war nur eine Frage der Zeit, bis sie sich beleidigt fühlen würde. Wenn er erst gar nicht in die Wanne gestiegen wäre, hätte er es jetzt leichter. Dann würde es nicht um Erektionen gehen und was sie über diese nackte, liebenswerte Dänin ihm gegenüber aussagten.
    – Doch, doch, sagte er. Du bist toll.
    – Würde es dich kränken, wenn ich versuchen würde nachzuhelfen?
    Sie griff nach seinem Penis.
    – Es würde mich nicht kränken, aber es wäre mir lieber, wenn du es nicht tätest.
    Sie ließ die Hände sinken und rutschte auf ihrer Seite der Wanne tiefer.
    Er versuchte, es ihr zu erklären, die Leichtigkeit seines Lebens ohne, die klare Reinheit, die er empfand, dass das Leben jetzt insgesamt geradliniger verlief. Ihr Gesicht war zu einer Maske des Entsetzens verzogen.
    – Was hast du von so einer Art der Einfachheit?
    – Sagt ausgerechnet die Frau, die Europa gänzlich verlassen hat.
    – Ich habe nicht die ganze Menschheit verlassen.
    – Ich auch nicht. Ich sitze mit dir in einer Wanne.
    – Aber du lebst mit diesen Begrenzungen. So vielen Regeln.
    – Eine Regel.
    Sie saßen einen Moment lang im stillen Wasser.
    – Das hier ist sehr frustrierend für mich, sagte sie. Ich kann nicht genau sagen, warum.
    Alan wusste, warum. Sie hatte gedacht, sie würde ihm heute Abend einen Gefallen tun. Und neulich Abend auch. Er war nicht der attraktivste Mann der Welt, und sie hatte gedacht, er wäre leichte Beute. Aber jetzt, da er nicht zu haben war, war sie verärgert. Er sagte nichts davon.
    Er sagte lediglich: Das ist mir schon mal

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