Ein Hund namens Gracie
ihre kleinste Schwester zu Mittag zu verspeisen, waren Dottie und Sarah jetzt dazu übergegangen, Gracie vollkommen zu ignorieren. Sie schubsten Gracie weg, wenn Mark mit ihr sprach, ließen jedes Spielzeug links liegen, wenn Gracie damit spielen wollte, und im Garten rannten sie buchstäblich weg, wenn Gracie auf sie zukam.
Zuerst wollte ich meinen Augen kaum trauen. Was Hundepsychologie anging, so hatte ich mich bisher der Illusion hingegeben, was auch immer Hunde tun mögen, wie sie ihre Gefühle auch immer zum Ausdruck bringen, eines war sicher: Niemals benehmen sie sich wie Katzen. Nun, Sarah und Dottie belehrten mich schnell eines Besseren. Irgendwie schafften sie es, sich unwahrscheinlich katzenartig zu verhalten und Gracie wie einen Hund zu behandeln.
Es war, als würde ich die schlimmsten Kindheitserlebnisse in einer Endlosschlaufe nacherleben, und dabei wusste ich, dass ich nichts tun konnte, um Gracie zu erklären, was hier ablief: Sieh mal, meine Süße, achte einfach nicht auf diese gemeinen Mädchen - sie sind nur unsicher, und sie glauben, wenn sie es schaffen, dass du dich schlecht fühlst, ginge es ihnen besser. Selbst wenn Gracie mich hören und dann auch noch meine Worte verstehen könnte, es wäre wahrscheinlich nicht hilfreicher als damals, als mir meine eigenen Eltern solche Sachen gesagt haben.
Ich wollte einmal sehen, wie sie sich wehrte und die beiden Tyranninnen in ihre Schranken verwies. Doch als jener schicksalsträchtige Tag schließlich kam, waren wir alle überrascht - alle außer Gracie.
Etwa innerhalb einer Woche nach Gracies Ankunft hatten die drei Mädchen ihre unumstößliche Freßgewohnheiten. Jede von ihnen bekam ihren eigenen Napf, Sarahs und Dotties stellten wir auf den Boden, Gracies auf einen Stuhl. Sarah schlang ihr Fressen mit ein oder zwei Maulvoll hinunter und trottete weg, dabei ließ sie immer ein paar Bröckchen für Dottie über. Dottie brauchte etwas länger, um ihre Portion aufzufressen, und dann säuberte sie Sarahs Napf und schlenderte hinter ihr her. Aber Gracies Fress-Stil war etwas Besonderes. Zuerst bedankte sie sich: Bevor sie sich ihrem Napf näherte, sah sie zu mir hoch, wedelte mit dem Schwanz und leckte sich die Lefzen. Jetzt denken Sie vielleicht, das sei Vorfreude, aber sie tat es immer genau zur selben Zeit vorm Fressen - und nie, wenn das Fressen hergerichtet wurde und alle guten Gerüche ausströmte. Erst nachdem sie sich angemessen bei mir bedankt hatte, ließ sie sich auf den heiklen Vorgang des Fressens ein: Jedes Bröckchen ließ sie sich einzeln auf der Zunge zergehen (wenn sie heißhungrig war, nahm sie zwei auf einmal), eine gute halbe Stunde oder länger, bevor sie im Haus herumschnüffelte, um herauszufinden, wo die Action stattfand.
Eines Abends, als Gracie etwas über ein Jahr alt war, wurden diese Gewohnheiten über den Haufen geworfen. Ich weiß immer noch nicht warum, vielleicht war Vollmond oder Merkur war rückläufig oder ich hatte Sarah sieben Hundekuchen weniger als sonst gegeben. Aus welchem Grund auch immer, Sarah leckte ihren Napf aus. Wenn Sie denken sollten, dass Dottie so etwas nicht auffiel, dann nur, weil Sie Dottie nicht kennen. Sie kippte Sarahs Napf um, um nachzusehen, ob Sarah ihre Hundekuchen als eine Art schlechten Witz versteckt hatte, dann warf sie wie rasend ihren Kopf herum: Nein! Nein! Das kann nicht wahr sein! Es ist nur ein entsetzlicher Traum! Aber es war kein Alptraum, meine Freundin, es war grausame Wirklichkeit: Sarah hatte Dottie nicht ein einziges Bröselchen übrig gelassen!
Ein anderer Hund, vielleicht einer mit weniger Flecken, hätte das vielleicht hingenommen, hätte vielleicht die Schultern gezuckt und gedacht: C’est la vie oder Que sera sera , oder etwas Ähnliches in einer weiteren Sprache, die ich nicht spreche. Aber nicht Dottie. Nachdem sie ihr Gleichgewicht wiedergefunden hatte, schätzte sie die Situation ganz nüchtern ein und trottete auf Gracies Terrain, wo sie anfing, an ein paar Hundekuchen zu schnuppern, die Gracie auf den Boden gefallen waren. Großer Fehler.
Trotz Gracies anspruchsvoller Manieren fielen im Verlauf der Mahlzeit immer ein paar Bröckchen auf den Boden (die Kiefer Deutscher Doggen sind nicht gerade Operationspinzetten). Ich hatte immer gedacht, das würde ihr nicht auffallen, weil sie sich nie die Mühe machte, diese verstreuten Häppchen aufzusammeln, schließlich fraß sie fast nie das auf, was in ihrem Napf war. Aber an diesem Abend bemerkte
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