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Ein Hut voller Sterne

Ein Hut voller Sterne

Titel: Ein Hut voller Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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ist?«
    Der Stiel steckte in einem Busch und wurde wieder angeschraubt.
    Tiffany war ein Mädchen, das darauf achtete, was andere Leute sagten, und sie beobachtete Frau Grad aufmerksam. Es konnte kein Zweifel daran bestehen, dass sie nur eine Nase in ihrem Gesicht hatte, und es war nicht angenehm, sich vorzustellen, wo jemand eine zweite Nase haben könnte und zu welchem Zweck.
    Frau Grad holte ein Seil hervor und reichte es jemandem, der nicht da war.
    Tiffany war sicher, dass sie genau das beobachtet hatte. Frau Grad ließ das Seil nicht fallen, sie warf es auch nicht. Sie hielt es einfach in der ausgestreckten Hand und ließ los, als wollte sie es an einen unsichtbaren Haken hängen.
    Es landete im Moos. Frau Grad sah nach unten, bemerkte Tiffanys Blick und lachte nervös.
    »Wie dumm von mir«, sagte sie. »Ich dachte, ich stünde dort! Ich vergesse noch meinen eigenen Kopf!«
    »Wenn du den auf deinem Hals meinst.«, sagte Tiffany vorsichtig und dachte noch immer an die andere Nase. »Du hast ihn noch.«
    Der alte Koffer wurde ans borstige Ende des Besens gebunden, der jetzt etwa einen Meter über dem Boden schwebte.
    »So, das ergibt einen bequemen Sitz«, sagte Frau Grad und war jetzt das Nervenbündel, in das sich die meisten Leute verwandelten, wenn Tiffany sie anstarrte. »Halt dich einfach an mir fest. Äh. So mache ich das normalerweise.«
    »Du hältst dich normalerweise von hinten an dir selbst fest?«, fragte Tiffany. »Wie kann.«
    »Tiffany, ich habe dich immer dazu ermutigt, direkte Fragen zu stellen«, sagte Fräulein Tick laut. »Und jetzt würde ich dir gern zu deiner Fähigkeit des Schweigens gratulieren! Steig hinter Frau Grad auf, denn sie möchte bestimmt losfliegen, solange es noch Tageslicht gibt.«
    Der Besen wackelte ein wenig, als Frau Grad aufstieg. Sie klopfte einladend darauf.
    »Du leidest doch nicht an Höhenangst, meine Liebe?«, fragte sie, als Tiffany hinter ihr Platz nahm.
    »Nein«, sagte Tiffany.
    »Ich schaue bei euch vorbei, wenn ich zum Hexenwettbewerb in die Berge komme«, sagte Fräulein Tick, als Tiffany spürte, wie der Besen aufstieg. »Gib gut auf dich Acht, Tiffany!«
    Schon nach kurzer Zeit begriff Tiffany, dass Frau Grad mit ihrer
    Frage nach Höhenangst nicht den Kern der Sache getroffen hatte. Vor Höhen fürchtete sich Tiffany nicht. Sie konnte an hohen Bäumen vorbeigehen, ohne mit der Wimper zu zucken. Es bereitete ihr überhaupt keine Schwierigkeiten, an hohen Bergen emporzusehen.
    Jetzt fühlte sie etwas, das ihr bisher noch nicht klar geworden war: Sie fürchtete sich vor Tiefen. Sie hatte Angst davor, so tief zu fallen, dass ihr Zeit genug blieb, vom Schreien außer Atem zu geraten, bevor sie mit solcher Wucht auf die Felsen prallte, dass sich ihr Körper in Gallert verwandelte und alle ihre Knochen zu Staub zerbrachen. Sie fürchtete sich vor dem Boden, um ganz genau zu sein. Frau Grad hätte besser nachdenken sollen, bevor sie die Frage stellte.
    Tiffany klammerte sich an Frau Grads Gürtel fest und starrte auf den Stoff ihres Kleids.
    »Bist du schon einmal geflogen, Tiffany?«, fragte die Hexe, als sie aufstiegen.
    »Gnf!«, quiekte Tiffany.
    »Ich könnte einen Kreis fliegen, wenn du möchtest«, sagte Frau Grad. »Von hier oben sollten wir einen guten Blick auf dein Land haben.«
    Die Luft rauschte an Tiffany vorbei. Es war viel kälter. Sie hielt den Blick auf das Kleid gerichtet.
    »Würde dir das gefallen?«, fragte Frau Grad und hob die Stimme, als der Wind lauter wurde. »Es macht mir überhaupt keine Mühe!«
    Es blieb Tiffany keine Zeit, »nein« zu sagen, außerdem glaubte sie, sich übergeben zu müssen, wenn sie den Mund öffnete. Der Besenstiel bewegte sich unter ihr, und die Welt kippte zur Seite.
    Sie wollte nicht hinsehen, erinnerte sich aber daran, dass eine Hexe immer neugierig ist, unter allen Umständen. Um eine Hexe zu bleiben, musste sie hinsehen.
    Tiffany riskierte einen Blick und sah die Welt unter sich. Das rotgoldene Licht des Sonnenuntergangs floss über das Land, und dort unten waren die langen Schatten von Zweihemden und etwas weiter entfernt die Wälder und Dörfer bis zum langen Hügelbogen des Kreidelands.
    . das rötlich glühte, und die weiße Darstellung des Kreidepferds brannte golden wie der Anhänger eines Riesen. Tiffany starrte darauf hinab. Im verblassenden Licht des Tages und mit den Schatten, die von der untergehenden Sonne forteilten, sah das Pferd lebendig aus.
    In diesem Moment wäre Tiffany am liebsten

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