Ein Hut voller Sterne
Die alte Hexe beugte sich zu
Tiffany und fragte: »Wie heißt das Ding, das im Meer lebt? Es ist sehr klein und die Leute essen es.«
»Garnele?«, fragte Tiffany verwirrt.
»Garnele? Na schön. Und die Welt ist deine Garnele, Frau Grad. Du sparst nicht nur Kleidung und Essen, was in diesen schweren Zeiten nicht zu verachten ist, aber wenn die Leute sehen, wie du Dinge durch die Luft bewegst, werden sie sagen: >Das ist ganz klar eine Hexe, kein Zweifel!< Und damit haben sie Recht. Halt an dieser Fähigkeit fest, Frau Grad. Bewahre sie. Und denk an das, was ich dir gesagt habe. Und bleib heute hier und ruh dich aus. Wir kümmern uns um alles. Gib mir einfach eine Liste der zu erledigenden Dinge, und Tiffany kennt den Weg.«
»Nun ja, ich fühle mich ein wenig. mitgenommen«, sagte Frau Grad und strich sich geistesabwesend mit einer unsichtbaren Hand das Haar aus den Augen. »Mal sehen. Ihr könntet bei Herrn Umbril vorbeischauen und bei Frau Turwi und beim Raddel-Jungen, und seht euch Frau Dauns blaue Flecken an, und bringt Herrn Drover Salbe Nummer Fünf, und besucht Frau Jäger in der Frechen Ecke, und. nun, wen habe ich vergessen.?«
Tiffany stellte fest, dass sie den Atem anhielt. Es war ein schrecklicher Tag gewesen, und eine entsetzliche Nacht, aber was jetzt nach einem Platz auf Frau Grads Zunge suchte, erschien ihr noch viel schlimmer.
»Ah, ja, sprecht mit Fräulein Schnelli in Hochklippe, und vielleicht solltet ihr auch mit Frau Schnelli reden, und auf dem Weg dorthin könntet ihr einige Pakete abliefern, sie liegen im Korb und sind alle beschriftet. Und ich glaube, das wär's. o nein, wie dumm von mir, fast hätte ich es vergessen. Ihr müsst natürlich auch zu Herrn Weball gehen.«
Tiffany ließ den angehaltenen Atem entweichen. Eigentlich wollte sie das gar nicht. Sie wollte lieber nie wieder atmen, als Herrn Weball zu begegnen und einen leeren Kasten zu öffnen.
»Bist du sicher, dass es dir. besser geht, Tiffany?«, fragte Frau Grad, und Tiffany griff nach diesem lebensrettenden Vorwand, nicht zu gehen.
»Nun, ich fühle mich noch ein wenig.«, begann sie, doch Frau Wetterwachs unterbrach sie.
»Es geht ihr gut, abgesehen von den Echos, Frau Grad. Der Schwärmer ist aus diesem Haus verschwunden, das versichere ich dir.«
»Wirklich?«, fragte Frau Grad. »Ich möchte nicht unhöflich sein, aber wieso bist du da so sicher?«
Frau Wetterwachs deutete nach unten.
Körnchen für Körnchen rollte der verstreute Zucker über den Tisch und sprang in die Dose.
Frau Grad klatschte erfreut in die Hände.
»Oh, Oswald«, sagte sie, ihr Gesicht ein großes Lächeln. »Du bist zurück!«
Frau Grad und vielleicht auch Oswald sahen ihnen vom Tor aus nach.
»Sie wird in der Gesellschaft deiner kleinen Männer gut aufgehoben sein«, sagte Frau Wetterwachs, als sie und Tiffany sich umdrehten und den Weg durch den Wald nahmen. »Dies könnte sich als Glücksfall für sie erweisen. Halb tot zu sein, meine ich.«
Das schockierte Tiffany. »Wie kannst du so grausam sein?«
»Sie wird Respekt ernten, wenn die Leute sehen, wie sie Dinge durch die Luft fliegen lässt. Respekt bedeutet Essen und Trinken für eine Hexe. Ohne Respekt bekommt man überhaupt nichts. Die Leute respektieren Frau Grad kaum.«
Das stimmte. Frau Grad bekam keinen Respekt. Die Leute mochten sie, auf gedankenlose Art und Weise, aber das war es auch schon. Frau Wetterwachs hatte Recht, und das bedauerte Tiffany.
»Aber du und Fräulein Tick, ihr habt mich trotzdem zu ihr geschickt«, sagte sie. »Warum?«
»Weil sie Leute mag«, sagte die Hexe und ging voraus. »Sie kümmert sich um sie. Selbst um die Dummen, Gemeinen und Sabbernden, um die Mütter mit den schmutzigen Kindern und ohne Verstand, um die Hilflosen, Törichten und Narren, die sie wie eine Art Bedienstete behandeln. Das nenne ich Magie, all das zu sehen, so viel zu leisten und immer weiterzumachen. Es bedeutet, die ganze Nacht an der Seite eines armen, sterbenden Alten zu sitzen, so viel Schmerz wie möglich wegzunehmen, die Angst mit Trost zu lindern und ihn sicher auf die andere Seite zu geleiten. Und dann macht man ihn sauber, bahrt ihn auf und bereitet ihn für die Beerdigung vor, und hilft der weinenden Witwe, das Bett abzuziehen und die Laken zu waschen — was nichts für empfindliche Gemüter ist, kann ich dir sagen —, und in der nächsten Nacht bleibt man ebenfalls auf den Beinen und wacht vor der Bestattung am Sarg, und dann kehrt man heim und sitzt gerade erst
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