Ein Iglu für zwei (German Edition)
glühenden Augen eines Ungeheuers.
„Oh, was bist du für ein süßes Schoßhündchen. Hör zu, wenn du mir nichts tust, verspreche ich, dir auch nichts zu tun. Abgemacht? Zwing mich nicht, meine Kung-Fu-Kenntnisse bei dir anzuwenden.“
Leere Drohungen scheinen ihn nicht abzuschrecken. Meine Knie wackeln wie Pudding. Jetzt bloß nicht nervös werden. Wenn der das merkt, bin ich Hackfleisch. Kann ich vor meiner Hinrichtung noch ein paar Grüße loswerden? Ich grüße meine Mutter, meinen Vater, meinen Bruder, Lucy und den Rest der Welt. Wie wäre es vorher noch mit einer Henkersmahlzeit? Ich meine, steht mir das denn nicht zu!?!
Ein Pfiff ertönt. Das Monster läuft weg. Erleichtert atme ich auf. Die Anspannung lässt schlagartig nach und ein deutlicher Kräfteverfall setzt ein. Ein großer Stein wird von mir als Sitzgelegenheit beschlagnahmt. Das war aber knapp. Für einen kurzen Moment hatte ich mich schon im Fleischkühlregal gesehen.
„Hey“, flüstert mir Danny ins Ohr, der zu mir geeilt ist und nun neben mir kniet. Sorgenvolle Stirngrübchen lassen sich deutlich in der Dunkelheit auf seiner Stirn erkennen. Gelten die mir?
„Komm bitte wieder mit ins Haus, okay?“
Was bleibt mir anderes übrig? Die Mauern von Alcatraz sind nichts gegen diese Festung. Das Dobermannhündchen taucht wieder auf und beschnüffelt mich freudig, als wären wir schon immer die besten Freunde gewesen. Kannst dir dein scheinheiliges Schnuppern sparen, du blöder Köter!
Danny nimmt mich bei der Hand und führt mich auf sicherem Wege ins Haus zurück. Sein Untier folgt uns bis zur Tür und schlägt dann eine andere Richtung ein. Wahrscheinlich zu seinem Hundehäuschen, Zwinger oder was auch immer. Hauptsache weg.
Danny zieht mich durch den Flur zu einem kleinen Zimmer im unteren Teil des Hauses. Es ist ein wunderschöner, sehr gemütlicher Raum mit einem Schreibtisch, einigen Bücherregalen und vielen Dekorationsstücken an den Wänden, die seine Persönlichkeit widerspiegeln. Nach so etwas hatte ich bisher vergebens Ausschau gehalten. Vor den Büchern in den Regalen stehen kleine Schnitzereien. Ähnliche, wie mein Vater sie fertigt. Ich gehe auf eine Figur zu und nehme sie in die Hand.
„Ein Tupilak. Kanadische Inuit-Kunst“, bemerke ich.
„Du kennst dich aber aus“, staunt Danny nicht schlecht. „Woran erkennst du das?“
„Die Figur wurde aus hartem Stein geschnitzt. Das ist ein auffallendes Indiz. Aber auch der Stil verrät einiges über die Herkunft. Es ist eher eine rohe, grobgliedrige Figur. Typisch für die südwestliche Region Kanadas.“
Danny nickt beipflichtend mit dem Kopf.
„Interessant. Völlig korrekt.“
Ich weiß.
„Mein Vater hat seine Schnitzereien vorzugsweise aus Walross-Elfenbein gefertigt. Aber die Tupilak-Schnitzereien sind mir aus allen Regionen geläufig.“
„Dein Vater ist Künstler?“, erkundigt sich Danny. „Wie kommt er in New York an Walross-Elfenbein ran?“
Ich muss schmunzeln.
„Er lebt direkt an der Quelle.“
„Verstehe. Offenbar hat er gute Bezugsquellen. Gib mir doch seine Adresse. Ich werde ihn die nächsten Tage mal besuchen. Vielleicht kaufe ich ihm das eine oder andere Stück ab.“
Äh! Besuchen? Auf Grönland? Hat er mich jetzt auch richtig verstanden?
Vorsichtig stelle ich die Figur zurück ins Regal.
„Mein Vater ...“, beginne ich meinen Satz, werde aber durch Dannys Zeigefinger am weiteren Sprechen gehindert, der mit einem Mal auf meinen Lippen ruht. Somit komme ich wieder nicht dazu, eine falsche Annahme seinerseits zu korrigieren.
„Jetzt nicht“, bemerkt er leise und streichelt mir das Gesicht. „Was für leuchtend meerblaue Augen. Woher hast du die nur?“
Hm.
„Von meiner Mutter.“
So wie alles andere auch.
Unsere Gesichter nähern sich langsam an. Sein warmer Atem punktiert meine Nase. Zögernd berühren sich unsere Lippen. Er umschließt meinen Mund mit seinem und unsere Zungen beginnen ein lustvolles Spiel miteinander. Von Blockade keine Spur mehr. Ich bin geschmeidig wie ein Gummibärchen und gebe mich seinem Kuss mit Haut und Haar hin. Meine Bedenken sind wie weggeblasen. Nichts ist mehr wichtig, nur noch Danny und ich, seine Zärtlichkeiten, seine Küsse ... bis uns auf einmal das Telefon dazwischenfunkt.
Danny schaut genervt auf seine Armbanduhr.
„Wer kann das um diese Uhrzeit noch sein? Tut mir leid, bin gleich wieder da. Nicht bewegen und vor allem nicht wieder weglaufen.“
Er läuft zum Telefon und nimmt den Hörer
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