Ein Iglu für zwei (German Edition)
kugelrunden Augen diese gewaltige Residenz.
„Komm raus!“, fordert Danny und wartet ungeduldig auf mich.
Ich beuge mich der Situation und krabble aus dem Fahrzeug. Danny schnappt sich meine Hand und führt mich durch ein Tor, das sich nur für uns wie von Geisterhand öffnet und hinter uns sofort wieder verschließt. In seiner anderen Hand mache ich etwas aus, was einer Fernbedienung gleicht. Ein Vorgarten, so groß wie ein Fußballfeld, ist mit einem Mal hell erleuchtet und gibt den Blick auf herrlich angelegte Blumenbeete frei. Hunde bellen ein paar Meter von uns entfernt. Angeleint. Besser so. Denen sollte man sicher nicht zu nahe kommen. Auch wenn ich mit Hunden groß geworden bin. Diese Kläffer hier sind aber ein ganz anderes Kaliber. Das Haus, auf das wir nun zulaufen, ist etwa so groß wie das Dorf, in dem ich aufgewachsen bin. Nette Hütte. Ist für eine Person sicher viel zu groß. Ich wüsste nicht, was ich mit so viel Platz anfangen sollte. Mir langt eine kleine Wohnung. Schließlich will ich nicht residieren, sondern nur wohnen.
Wir durchschreiten die Eingangstür, die zuvor mit einem Code entriegelt werden muss, und befinden uns nun im Inneren der Behausung. Wow! Nobel. Alles vom Feinsten. Marmor an den Wänden und auf dem Boden. Die Möbel waren wahrscheinlich so teuer wie das Haus, und der Kamin ist so groß, dass drei Weihnachtsmänner hindurchpassen würden. Ich bin beeindruckt.
Aber nicht meine Welt. Niemals würde ich mich in diesem Prunkhaus wohlfühlen. Eigentlich hatte ich mir sein Heim ganz anders vorgestellt. Mehr Individualität. Ein wenig mehr Persönlichkeit. Vielleicht ein paar Fotos an den Wänden oder Sammlungen von verschiedensten kulturellen Gegenständen. Zum Beispiel Dinge, die ein wenig mehr über seine Herkunft verraten. Ich weiß immer noch nicht, welcher Abstammung er ist. Oder ist er gar ein Mischling wie ich?
„Möchtest du etwas trinken?“, werde ich von Danny gefragt, während er seine Schuhe lässig in die Ecke feuert.
„Wenn der Weg zur Küche nicht zu weit ist, gerne.“
Danny sieht mich an, als hätte ich gerade eine andere Sprache als er gesprochen. Vielleicht sollte ich es noch mal auf grönländisch versuchen?
„Na, gefällt dir mein bescheidenes Zuhause etwa nicht? Da wärst du aber die Erste.“
Warum, die Wievielte bin ich denn?
Unbewusst beurteile ich denkbare Fluchtmöglichkeiten. Mir wird klar, dass ich mich in einer Festung befinde und eine Flucht fast ausgeschlossen scheint.
„Nun ja“, entgegne ich ihm, „es ist vielleicht ein wenig groß. Auch etwas unpersönlich und seelenlos.“
„Ha, seit wann hat ein Haus eine Seele?“
„Es hat so viel Seele, wie der Bewohner ihm verleiht. Aber dieses Haus ist ausdruckslos“, weiß ich seine spöttische Frage zu beantworten.
„So. Dieses Haus ist also ausdruckslos.“ Danny bewegt sich nun in meine Richtung, als hätte er vergessen, dass er mir eben noch etwas zu trinken aus der weit entfernten Küche bringen wollte. „Wie verleiht man denn deiner Meinung nach einer Siebenmillionen-Dollar-Villa Ausdruck? Hm? Und wozu sollte das nötig sein?“
Er verschränkt die Arme vor seinem Körper und bleibt vor mir stehen.
Ich schaue ihn an, als hätte ich seine Frage nicht verstanden. Hab ich eigentlich auch nicht. Ist doch absolut klar, wie man einem Haus eine Seele verleiht. Für mich jedenfalls.
„Indem du deine Persönlichkeit mit dem Haus teilst. Ein Zuhause sollte ein Ort sein, an dem man Ruhe und Kraft finden kann, wenn man nicht mehr im Einklang mit sich selbst ist.“
Dannys Stirngrübchen vertiefen sich zu einer gewaltigen Gletscherspalte.
„Verstehe kein Wort.“
Was gibt’s daran nicht zu verstehen?
„Dein Haus ist perfekt. So schön anzusehen wie ein Foto aus einem Hochglanzmagazin eines Möbelhauses. Mehr aber auch nicht.“
Danny lacht hochmütig.
„Mehr muss es auch nicht sein. Ich benutze es eh nur als Schlafgelegenheit. Die meiste Zeit bin ich unterwegs.“
„Ziemlich bescheidene Schlafgelegenheit. Scheinbar wachsen die Ansprüche mit dem Vermögen.“
Während ich das sage, drehe ich mich einmal um die eigene Achse und lasse den übertriebenen Luxus ein zweites Mal auf mich wirken.
„Was bist du so schnippisch? Sicher ist das so. Es würde dir auch so gehen, wenn du sonst nichts Sinnvolles mehr mit deinem Geld anzufangen wüsstest.“
„Ganz sicher nicht. Auf keinen Fall. Eher würde ich mein Geld karitativen Zwecken zur Verfügung stellen, wenn ich sonst
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