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Ein Jahr – ein Leben

Ein Jahr – ein Leben

Titel: Ein Jahr – ein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Berben , Christoph Amend
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teilweise groß geworden bin. Viele Antworten auf Fragen habe ich in Büchern gefunden, deshalb würde ich viele mit ins Grab nehmen. Jeder Autorenname, jedes Buch, ist mit einer Erinnerung verknüpft, die mich begeistert, verstört oder wütend gemacht hat oder in der ich mich wiedergefunden habe.

    Was bedeutet Ihnen Literatur?
    Literatur ist ein Begleiter von Kindheit an. Ich habe immer gerne gelesen. Vielleicht ist das ein Gen meiner Mutter, die ich selten ohne Buch in der Hand gesehen habe. Man taucht in andere Welten, ist verwirrt oder verirrt sich. Und dann die Vielfalt der Sprache. Wir haben schöne Wörter – präzise, warme, komische. Manche verschwinden auch im Laufe der Zeit. Keiner sagt mehr »Schabernack«, sogar ein Wort wie »Fräulein« wird als unkorrekt bezeichnet. Dabei war es so aufregend, als zum ersten Mal »Fräulein Iris Berben« und nicht mehr »Schülerin Iris Berben« auf dem Briefkuvert stand. Früher habe ich immer gedacht, wenn ich wider Erwarten doch noch mal auf die Welt komme, dann als Note, weil ich so gerne gespielt werden wollte, möglichst von Jimi Hendrix.
    Und heute?
    Heute würde ich lieber als Buchstabe zurückkehren. Aber als einer, der häufig vorkommt, nicht unbedingt ein X oder ein Y. Ich sage in dem Beitrag für »Fräulein« auch noch etwas zu meinem Tod. Ich habe Ihnen ja bereits erzählt, dass ich verbrannt werden möchte: »Meine Asche soll im Wasser verstreut werden, am liebsten im Atlantik bei Portugal, denn ich liebe diese Kraft, mit der die Wellen das Wasser antreiben.«
    Und Sie wollen wirklich verbrannt werden?
    Ja. Diese Vorstellung, dass irgendwelche Würmer … wofür habe ich denn jahrelang so schön auf meine Haut aufgepasst! (Interviewer lacht) Ich hasse die Vorstellung, dass die sich meinen Körper nehmen. Ich will es lieber so: pffffffft – weg. Hätte ich ein Grab, würden die Leute doch davorstehen und sagen: »Ich fand sie in
der
Rolle besser«, »Nein, da mochte ich sie gar nicht«. Und ich liege unter der Erde, muss mir das den ganzen Tag anhören und kann nicht mal antworten! Nein, bitte nicht.
    Sie können doch heute auch nicht immer antworten.
    Das stimmt. Und ich gebe ja auch zu, dass ich doch immer wissen will, was die Leute über mich denken, wie kommt was an, wie komme ich an? Ich will es hören, und ich will lernen, damit umzugehen. Ich will mich nicht nur freuen, wenn es positive Reaktionen gibt. Ich will auch lernen, den Schmerz zuzulassen, wenn es nicht gut läuft, wenn es wehtut. Ich habe eine Meinung zu Menschen, also muss ich es umgekehrt auch ertragen. Das muss jeder, auch wenn er nicht in der Öffentlichkeit steht. Meine Erfahrungen mit dem Beurteiltwerden haben jedenfalls dazu geführt, dass ich selbst ziemlich vorsichtig bin mit dem Beurteilen.
    Ich habe noch eine ganz andere Frage: Wo genau ist der Schlangenledermantel her, den Sie mit in die Ewigkeit nehmen?
    Er ist von Ossie Clark, einem der großen britischen Designer der sechziger Jahre, zu Zeiten von Twiggy war er ein Star. Ich habe diesen Mantel noch, und ich komme kaum rein. Die Arme sind so eng …
    … twiggy-esk …
    … ja, er geht bis zum Boden. Ich weiß nicht, wer ihn mir alles schon abkaufen wollte. Dabei habe ich ihn damals geklaut.
    Sie waren eine Diebin?
    Das fällt bei mir unter jugendlichen Leichtsinn, unter Mutproben, Angeben. Ich hatte nicht mal genug Geld für ein Hotel oder eine Pension. Mein Bett war ein Kino. Tutte Lemkow hatte das organisiert, ein norwegischer Schauspieler, der in London lebte und mit einer phantastischen Tänzerin verheiratet war. Ihn kennt heute kaum noch jemand. Er war berühmt für ganz kleine, aber sehr besondere Rollen, bei Inspektor Clouseau zum Beispiel oder in »Doctor Who« und ganz spät in seinem Leben in der Rolle eines alten Manns, der für Indiana Jones übersetzt hat.
    Wir haben gerade schon über den Tod gesprochen. Kürzlich waren Sie im Fernsehen, bei der »Bambi«-Gala, und haben einen Nachruf auf Loriot gehalten.
    Ich habe ihn irgendwann auf einem Flug kennengelernt. Wir saßen zufällig nebeneinander. Ich war vor Ehrfurcht erstarrt. Es war die Zeit von »Sketchup«. Ich dachte nur: Der wird hoffen, dass der Flug bald vorbei ist mit dieser Ulknudel, die versucht, komisch zu sein. Ich dachte wirklich, gleich bekomme ich links und rechts was auf die Ohren. Oder er ignoriert mich einfach. Und dann dreht er sich zu mir um: »Respekt, wie Sie diese kleinen Figuren spielen«, sagt er, »immer schön nah dranbleiben,

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