Ein Jahr – ein Leben
Beim nächsten Mord werde ich lachen.
Sollte es eines Tages einmal zu Ende gehen mit »Rosa Roth«, was wünschen Sie sich für die letzte Folge?
Am liebsten hätte ich dann eine Geschichte, in der Rosa Roth fahrlässsig handelt. Ich will scheitern an mir, und zwar richtig. Nur ein bisschen scheitern passt nicht zu mir.
Wie meinen Sie das, »scheitern an mir«?
Ich will aufpassen, nicht einfach Filme zu drehen, die nur gedreht werden, weil die Hauptdarstellerin Iris Berben heißt. Ich will meine innere Messlatte hochhalten. Ich muss mich schon fragen, ob ich meine innere Messlatte überspringen möchte – oder ob mir die äußere reicht. Mir werden Filme angeboten, da weiß ich nach Lektüre des Drehbuchs: Die Quote wird’s dir danken. Das ist nicht abwertend, diese Filme werden gemacht, und sie haben ihre Erfolge, aber ich will sie nicht ausschließlich drehen. Diese Freiheit habe ich mir erarbeitet. Meine Karriere dauert nun schon über 40 Jahre. Ich durfte mit den besten Kollegen, Schauspielern wie Regisseuren, arbeiten. Ich will mir meinen Erfolg nicht durch Tricks erhalten. Am Anfang sind mir natürlich Dinge passiert, die mir heute nicht mehr passieren können, weil ich mehr Erfahrung habe. Und weil ich sie nicht zulasse. Wir wollen immer festhalten, uns an den Erfolg klammern, gerade wenn man ihn so wie ich über so viele Jahre gewöhnt ist. Aber ich bin mir darüber im Klaren, dass ich mich eines Tages davon verabschieden muss. Ich sehe die nächste Generation von wunderbaren Kolleginnen, zum Beispiel Nina Kunzendorf als »Tatort«-Kommissarin in Frankfurt, das ist eine neue Figur, die es so in Deutschland bislang nicht gab, schnoddrig, frech, sexy, prollig und clever gleichermaßen.
Und wie ist Ihre Situation heute?
Ich habe immer damit gerechnet, dass ich im Alter weniger Rollenangebote bekommen werde. Aber ich stelle gerade fest, dass die Möglichkeiten größer werden, vielfältiger, und das reizt mich, in jedem Genre. Ich würde auch gerne wieder Komödien drehen. Gerade beschäftige ich mich mit einem Stoff, »Miss Sixty«.
Der Titel klingt, als sei er für Sie geschrieben worden.
Herrlich, oder? Früher gab es zwei Phasen im Leben, in denen sich eine Frau häutete, einmal in der Pubertät, später in den Wechseljahren. Heute gibt es aber noch ein weiteres Alter, ab 60 , 65 . Was ist denn da, was passiert da? Diese »Miss Sixty« nimmt sich jedenfalls, was sie vorher nicht hatte, auf allen Ebenen.
Miss Sixty.
Erstmal ist es natürlich gut, dass sie eine »Miss« ist, keine »Mrs«. (Interviewer lacht) Sie wissen ja, wie sehr ich um die Erhaltung des »Fräuleins« in der deutschen Sprache kämpfe! (lacht) Ich habe Ihnen auch einen Text von mir mitgebracht, der bald in der Zeitschrift »Fräulein« erscheint, einem jungen Magazin aus Berlin. Hier, bitte schön, es geht um den Tod und was man mitnehmen möchte für diese endlose Reise, er steht unter der Überschrift »Das trage ich für die Ewigkeit«.
Sie haben über den Tod geschrieben?
An einer Stelle sage ich: »Ich wünschte manchmal, ich könnte lässiger mit dem Thema Tod umgehen. Aber ich will nicht so tun, als würde ich es können, nur weil es souveräner wirken würde. Der Tod macht mich wütend. Diese Wut ist auch ein Antrieb.«
Die Wut auf den Tod als Lebensmotto?
Ja. In dem Dokumentarfilm »Und jetzt, Israel?« fällt der Satz: ›Das Einzige, was wir dem Tod entgegensetzen können, ist das Leben. Mit aller Kraft.‹ Deswegen habe ich geschrieben: »Vielleicht ist das auch meine Antriebsfeder. Und dass ich jung wirke, hat mit meinem Lebenstempo zu tun.«
Miss Sixty!
Es geht weiter: »Ich schaue mir manchmal meinen Körper an und rede mit ihm, weil ich ihm so dankbar bin. Was der trägt, was der schleppt, wie der funktioniert. Was für ein Wunder (…) Durch meinen Beruf erhalte ich mir meine Neugier, die Lust und die Chance, viele Leben leben zu können. Vielleicht ist es so: Ich lebe mein alltägliches Leben, mein Leben als Schauspielerin, ich lebe in meiner Phantasie, und ich lebe in meinen Träumen. Eigentlich habe ich also vier Leben. Vier Leben gegen einen Tod, das würde gehen, oder?«
Und was würden Sie für die Ewigkeit tragen?
Einen Schlangenmantel, den ich aus London habe, ich muss 17 oder 18 gewesen sein, er ist das Kleidungsstück, das ich am längsten besitze. Als ich mit dem Kollegen von »Fräulein« zusammensaß für den Beitrag, habe ich mich daran erinnert, wie ich mich einmal tot gesehen habe.
Im
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