Ein Jahr – ein Leben
Telefon zu ihr: »Wir waren schön essen.« Sagt sie: »Na, schön essen war ich auch. Und ich bin gefahren. Die hochschwangere Nachbarin neben mir. Ich dachte die ganze Zeit, was mache ich denn, wenn sie jetzt ihr Kind bekommt?«
»Mami, in dem Moment tut man schon das Richtige.«
»Ja, du vielleicht, du weißt vielleicht noch, wie das geht.«
»Mami, du würdest es auch noch wissen.«
»Ja, aber will ich es wissen?«
Diese Gespräche mit meiner Mutter will ich einfach nie, nie, nie missen.
Frau Berben, wir treffen uns im Frühjahr wieder, einverstanden?
Warten Sie, ich muss Ihnen noch etwas erzählen, was mich nicht loslässt, seit Tagen, Technik und Tragik. Vor kurzem klingelt mein Handy, und ich schaue aufs Display und lese »Bernd Eichinger«. Ich kann gar nicht erklären, was in diesem Moment in mir vorging. Zurück auf Anfang? Bernd lebt? Träume ich? Ich gehe ran, sage vorsichtig »Hallo?«, und mein Sohn Oliver ist dran. Er war in Los Angeles, in Bernds Haus, und ruft von der Telefonnummer des Hauses bei mir an. Ich bekomme einen Weinanfall. Oliver weiß erst gar nicht, was los ist. Als er es begreift, sagt er: »Es ist nur der Apparat! Nur sein Telefon!« Es war, als ob es direkt in mein Herz ging, ich meine das, so wie ich es sage, mitten ins Herz. Es tat weh.
Und ausgerechnet Ihr Sohn ist am Apparat, den Bernd Eichinger Ihnen gegenüber »mein Ziehsohn« genannt hat.
Für einen Moment stand die Zeit still.
Sie haben gerade Ihr Herz betont.
Ja. Es klopft derzeit manchmal unruhig, gerät aus dem Tritt. Es hat einen anderen Rhythmus als ich. Es wurde mir mal wieder bewusst, dass man über das Herz nie nachdenkt, obwohl es doch den Rhythmus vorgibt. Nur wenn es aus der Reihe tanzt, bemerkt man es. Es gibt ein Programm, das Marienoratorium Stella Maris, ein konzertantes Gesamtkunstwerk von Helge Burggrabe, mit dem ich in großen Kirchen und Kathedralen auftrete, im vergangenen Sommer in der Dresdner Frauenkirche zum Beispiel oder im Kölner Dom. Ich trage Texte vor von einer modernen Maria. In einem der Texte geht es auch um das Herz, und manchmal frage ich mich: Suche ich mir solche Texte unbewusst aus, weil ich ahne, dass das ein Thema für mich sein könnte?
Sind solche Texte, die Ihnen dann einfallen, wenn etwa Ihr Herz unruhig ist, ein Halt?
Sie machen mir auch Angst. Paul! Was soll das? Ich rede hier über mein Herz, und du pupst durch die Gegend! Ich muss mich so schämen für dich.
»Wo ist überhaupt ›zu Hause‹?
Ich habe keine Ahnung.«
Anfang Mai, Café Einstein, Iris Berben, wieder in Begleitung von Hund Paul, die heiße Schokolade mit Sahne, bestellt gleich nach dem Eintreffen, steht schon vor ihr. Leichte Erschöpfung. Der Deutsche Filmpreis liegt erst ein paar Tage zurück. Und damit beginnt auch das Gespräch, der Aufnahmeknopf ist gerade gedrückt, da fängt die Präsidentin der Deutschen Filmakademie schon an zu erzählen, von diesem Abend und allem, was damit zusammenhängt.
Wo soll ich anfangen? Es gab so viele kleine und größere Feuer, die gelöscht werden mussten. Um im Bild zu bleiben: Die Feuerwehr wurde oft gerufen, und oft war die Feuerwehr ich. Uns fiel kurz vorher Anke Engelke, die Moderatorin des Abends, aus. Wir mussten schnell handeln. Jessica Schwarz und Elyas M’Barek aus »Türkisch für Anfänger« waren unsere Kandidaten. Ich habe Jessica angerufen und versucht, sie zu überreden, erfolgreich. Elyas hat auch zugesagt. Dieser Filmpreis war wirklich intensiv.
Was heißt das für Sie genau?
Zunächst einmal schreibe ich meine Rede, die ich am Anfang des Abends halte. Sie wendet sich an das Publikum im Saal, an die Branche, und wird auch nicht im Fernsehen übertragen. Es geht einerseits um eine Zusammenfassung des Filmjahres aus Sicht der Akademie, andererseits gibt sie mir die Möglichkeit, zu aktuellen Themen Stellung zu beziehen. In diesem Jahr kam noch dazu, dass am Nachmittag der Verleihung unser Co-Präsident Bruno Ganz abgesagt hat. Wir wussten vorher, er hat Fieber, Bruno hatte versprochen, unbedingt da zu sein, also haben wir bis zum Nachmittag gehofft. Dann kommt die Absage, ich stehe alleine da und schreibe die Rede um. Diese Worte müssen von mir persönlich kommen. Ich wollte auch nicht lange erklären, warum Bruno nicht da sein kann, nur einfach sagen, warum er mir fehlt, dieser ruhige, ausgeglichene Mensch, an den ich mich lehnen kann, wenn es unruhig wird bei mir.
Am Tag vorher waren Sie auf dem Filmempfang der CDU / CSU
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