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Ein Jahr – ein Leben

Ein Jahr – ein Leben

Titel: Ein Jahr – ein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Berben , Christoph Amend
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mittlerweile merkt, dass es mir um die Akademie geht, um den Film.
    Michael Ballhaus hat sich bedankt für die Laudatio, weil sie so persönlich war.
    Das hat mich auch gefreut, zumal er zwei Tage vorher eigentlich abgesagt hatte.
    Wieso das?
    »Bei allem Respekt für den Preis –«, sagt er mir am Telefon, »aber ich muss absagen.« Er hat ja eigentlich seine Karriere offiziell beendet, aber dreht jetzt gemeinsam mit seiner Frau die Verfilmung des Lebens von Natascha Kampusch. Die Dreharbeiten, erzählt er, beginnen schon nächste Woche, ich schwächele gerade etwas, ich muss mich erholen – ich schaffe es nicht.
    Wie haben Sie reagiert?
    Was sagt man, wenn jemand aus gesundheitlichen Gründen absagt? Ich habe vielleicht zehn oder 15 Minuten lang mit ihm geredet und habe ihm gesagt, dass er es mir eigentlich unmöglich macht, ihn zu bitten, die Absage zu überdenken. Wenn jemand weiß, dass wir alle zu wenig auf unsere Gesundheit achten, dann bin ich das. Was kann ich tun, lieber Michael? Sagt er: »Ich verliere in dieser anstrengenden Vorbereitungszeit zwei wichtige Tage kurz vor Drehbeginn.« – »Und wenn ich dir versprechen würde, dass du nicht zu den Proben kommen musst, erst nachmittags anreisen musst und am selben Abend schon wieder abreisen kannst, weil ich dir verspreche, dass wegen dir der Ehrenpreis nicht ganz zum Schluss der Show, sondern schon früher am Abend verliehen wird? Gibst du mir diese Chance?« Er versprach mir, noch mal nachzudenken.
    Und Sie?
    Ich habe die Akademie angerufen: »Leute, diesmal bin ich es, die mit schlechten Nachrichten kommt: Ballhaus hat abgesagt.« Stille. Da war einfach nichts am anderen Ende. Lange Rede, kurzer Sinn: Wir haben sofort Tickets gebucht, für den letzten Flug, der ihn aus Berlin rausbringen würde.
    Die Veranstaltung am Abend fing dann mit einer halben Stunde Verspätung an. Ich saß scheinbar entspannt in der ersten Reihe, der Herr Staatsminister links neben mir, Michael Ballhaus rechts von mir, und ich dachte immer nur, wie spät ist es denn jetzt? Hinter mir saß Heiko, und ihm ist es gelungen, immer so zu sitzen, dass ich seine Armbanduhr sehen konnte und die Zeit im Blick behalten. Eine kleine Verschwörung.
    Lernen Sie über Ihre Arbeit in der Filmakademie Ihren Beruf noch einmal von einer anderen Seite kennen?
    Ja, ich bin als Schauspielerin in einer privilegierten Situation, und ich weiß das auch. Als ich Präsidentin wurde, habe ich mir vorgenommen, nicht nur zu repräsentieren, sondern wirklich zu erfahren, um was es geht, welche Probleme anstehen, welche Veränderungen wir brauchen, und wo wir Haltung zeigen müssen.
    Frau Berben, wir haben schon öfter darüber gesprochen, wie berühmte Menschen wie Sie mit der Öffentlichkeit umgehen, und umgekehrt, wie die Öffentlichkeit mit Ihnen umgeht. Das ging mir an dem Abend des Filmpreises wieder durch den Kopf, als klar wurde, dass Nina Hoss, der Star in Christian Petzolds hochgelobtem Film »Barbara« ohne Preis nach Hause gehen würde. In der Deutschen Filmakademie wählen ja Schauspieler ihre Kollegen, und deren Urteil war deutlich: Nicht schon wieder Nina Hoss, die hat doch letztes Jahr schon gewonnen.
    Wobei das bei den beiden Malen mit Sibel Kekilli kein Problem war. Ich mache mir sicher nicht viele Freunde unter meinen Kollegen, aber bei solchen Entscheidungen spielt oft auch Frustration mit, Eifersucht, Neid. »Barbara«, ein Arthouse-Film, war achtmal nominiert und hat nur einen Preis gewonnen. Was die 1300 Mitglieder wählen und warum – man weiß es nicht.
    Vor den anstrengenden Tagen um den Filmpreis waren Sie in Portugal, bei Ihrer Mutter.
    Ja, dort habe ich die Reden geschrieben, da habe ich mehr Ruhe. Und ich habe mir Gedanken gemacht zu unserem Buch, zu den vier Jahreszeiten, die wir miteinander verbringen mit unseren Gesprächen. Da ist mir aufgefallen, dass ich die vier Jahreszeiten auch selbst verkörpere. Der Frühling ist das Kind, der Sommer das Weib, der Herbst die Mutter, und der Winter die Großmutter. Ich habe das alles in mir.
    Was assoziieren Sie mit den Jahreszeiten?
    Der Frühling: Es wächst noch, barfuß, Pusteblumen, Knospen, es ist ein Versprechen, das Kind in mir. Der Sommer: Italien, Motorroller, große Brüste in Badeanzügen, wehende Kleider, Musikboxen, lange Nächte, Freilichtkino. Und der Herbst? Erwachsen, Verantwortung, da sein für andere. Die Großmutter ist der Winter, man hält sich im Arm, man weiß, dass das Leben weitergeht, wenn der Winter vorbei

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