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Ein Jahr in Paris

Titel: Ein Jahr in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silja Ukena
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nur nicht egal . Die Dinge sind entweder top du top , le max(imum) und hallucinant , oder la barbe , nul comme truc und complètement off-road . Vom einen Ende der Skala zum anderen ist es meist nicht weit, vor allem, wenn es sich um so flüchtige Dinge wie Mode und Starkult handelt, und die Art und Weise, in der die Pariser verkünden: C’est fini ça! C’est dépassé! ist ebenso grausam wie unwiderruflich. Zwischen den Extremen gibt es nichts, es sei denn, man verfolgt eine ganz spezielle Absicht. Aber das ist die Ausnahme. Der weniger sanguinische Nordeuropäer tut sich schwer damit. Am besten gibt man auf Katastrophenmeldungen und düstere Zukunftsprognosen nicht allzu viel, zumal es gut sein kann, dass der Gesprächspartnerbeim nächsten Mal seine Meinung von gestern schon geändert hat. Alles halb so wild, belebt aber das Gespräch. Und nichts liebt man in Frankreich mehr als eine deftige, emotional wie rhetorisch hoch entwickelte Diskussion.
    6 Seit 2003 benötigen EU-Bürger in Frankreich generell keine carte de séjour mehr und müssen auch keine Arbeitserlaubnis beantragen. Für Studenten gelten besondere Bedingungen, wenn sie länger als drei Monate bleiben.
    7 Wer darin keine Übung hat, tut gut daran, die diversen Codes irgendwo zu notieren. Es gibt nichts Unangenehmeres, als nachts auf dem Weg zu einer Party vor verschlossener Tür zu stehen.
    8 Aus: Les Fleurs du Mal, In ihrem Kleid (1857).
    9 Im Stadtwald Bois de Boulogne geht man neben diversen Freizeitbeschäftigungen auch dem „leichten“ Gewerbe nach. Daher kann es einem beim sonntagnachmittäglichen Jogging durchaus passieren, dass einem mitten im Grünen plötzlich eine Dame im roten Lack-Ensemble gegenübersteht.
    10 La barbe: der Bart. Heißt so viel wie: „Das ödet mich an. Das ist total langweilig.“
    11 „Also dann, ich bin kaputt. Ich zisch ab.“

Juli – Der Pudel von Paris
    3. Kapitel, in dem ich den Mittelpunkt der Welt entdecke, Hitler die Opéra Garnier besucht und sich die Realität anschleicht.

    Erkenntnisse: Unterwäsche ist Vertrauenssache.
    Aufgabe des Monats: Wie komme ich zu Geld?

    U NTERDESSEN WAR ES S OMMER GEWORDEN. Die Luft duftete süß wie Akazien und im Jardin du Luxembourg konnte man an manchen Tagen Mitglieder des Senats dabei beobachten, wie sie mit hochgekrempelten Hosenbeinen ihre Füße in das kühlende Bassin tauchten. Auf der anderen Seite der Seine taten Touristen vor der Pyramide des Louvre das Gleiche. Die einen hofften auf die Ferien, die anderen hatten sie bereits.
    Ich durchstreifte mein Viertel und lernte allmählich seine Eigenheiten und Grenzen kennen. Der Boulevard Haussmann zum Beispiel markierte eine Art natürlicher Barriere. Er ist benannt nach Baron Haussmann, dem Architekten von Napoléon III., dessen stadtplanerischen Eingriffe das repräsentative Paris überhaupt erst geschaffen haben. Niemand, der auf „unserer“ Seite wohnte, schien diesen Boulevard je zu überqueren. Tat man es doch, traf man auf andere Menschen, andere Restaurants, ja selbst die Luft schien hier anders zu sein. Je näher die Kirche La Madeleine kam, desto größer wurden die Autos und die Geschäfte teurer. Derentgegengesetzte Weg zur Rue de Levis, wo bereits das 17. Arrondissement beginnt, war dagegen ein ganz selbstverständlicher, obwohl die Straße, die man in dieser Richtung überqueren musste, auch nicht viel schmaler war als der Boulevard Haussmann. Mit einer solchen Logik jedoch bräuchte ich den Parisern gar nicht kommen, wie Gaetano mir bei einem crème im Café Dada erklärte. „Du denkst zu deutsch“, sagte er. „Das quartier ist eine Frage des Gefühls.“
    Erst viel später, als ich einmal auf dem Weg zu einer Abendeinladung in Saint-Germain einen Ziegenkäse kaufen wollte und partout keinen fand, der meinen Vorstellungen genügt hätte, begriff ich, was er meinte: Die Quartiers sind die wahren Orientierungseinheiten eines jeden Parisers. Die zwanzig Arrondissements der Stadt – Verwaltungsgrenzen, mehr nicht. Sie mögen für das Finanzamt praktisch sein und für die zwanzig maires , die Bezirksbürgermeister, die hier regieren. Aber dem Pariser ist das egal. Für ihn zählt nur „sein“ Quartier, dort schlägt sein Herz, dort liegt der Mittelpunkt der Welt, und nur dort kann man es überhaupt noch aushalten. Sonst wäre man längst weggezogen, ins Périgord oder an die Côte d’Azur.
    Meist handelt es sich um wenige Straßenzüge, in denen man alles findet, was man zum (Über-)leben

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