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Ein Jahr in San Francisco

Ein Jahr in San Francisco

Titel: Ein Jahr in San Francisco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Bayers
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Romantik und Kuschelstimmung adieu! Jeder ist mit einem Federkissen bewaffnet und alle schlagen so lange blindlings auf ihre Umgebung ein, bis die Bezüge aufplatzen und die Federn in weißen Wölkchen auf die Teilnehmer flattern. Ein Heidenspaß!
    „Bist du nächstes Wochenende hier?“, fragt Mari Carmen. „Leider nein, ich will mit Nick einen Ausflug zum Point Reyes National Seashore machen.“ Denn das Naturschutzgebiet vierzig Meilen nördlich von San Francisco kenne ich bisher nur aus Erzählungen: Hier strandete 1579 Sir Francis Drake, der englische Entdecker, um sein Schiff zu reparieren. „Nick sagte, dass es total einsam dort sei.“ Das Gebiet soll in der Tat eines der schönsten Naturidylle in Nordkalifornien sein: Die Halbinsel, von fast allen Seiten vom Meer umschwemmt, bietet eindrucksvolle Blicke auf die schroffe Steilküste und menschenleere Strände. Während am stürmischen Himmel Raubvögel ihre Kreise ziehen, stolzieren Hirsche über die Tundra-artigen Hügel und Weiden – ein raues, unberührtes Naturparadies unweit meiner Haustür. Ich kann es kaum erwarten! „Oh, là, là, was hat der denn mit dir vor? Tue bloß nichts, das ich nicht auch machen würde. Schade, denn sonst hätten wir etwas unternehmen können. Mir kommt mit meinem Buch gerade jede Ablenkung gelegen“, sagt sie enttäuscht. „Aber Point Reyes ist wirklich sehenswert. Ihr müsst auf jeden Fall in eine der Austernfarmen fahren.“ Ihr Favorit sei die TamalesBay Oyster Company , die direkt am Highway 1 hinter dem Ort Milerton liegt. „Ihr könnt die Austern vor Ort kaufen, knacken und essen. Total lecker. Es gibt auch noch die Hog Island Oysters bei Marshall, aber da zahlt man pro Person ein paar Dollar Eintritt.“ Sie macht kurz Pause und beobachtet ein Hundefrauchen, das seinem etwas zu fett geratenen Mops Tennisbälle zuwirft. Das kleine Moppelchen ignoriert diese jedoch, die Düfte, die von der benachbarten Picknickdecke herüberwehen, sind reizvoller. Möpse sind in San Francisco total angesagt, vielleicht weil sie klein genug für eine Stadtwohnung und zu hässlich zum Klauen sind. Jeden ersten Sonntag im Monat trifft sich die Mops-Fangemeinde im Alta Plaza Park zum sogenannten Pug Sunday und ist ganz hin und weg von den eingedrückten Hundegesichtern.
    „Wie läuft dein Buch denn?“ Seit einiger Zeit schreibt Mari Carmen schon an einem Buch über Kalifornien. „Ach, hör mir damit auf ! Manchmal fühlt es sich so an, als ob man im Land of Dreams alles erreichen könne, und die Worte fließen nur so auf den Bildschirm. An anderen Tagen, da frage ich mich, ob das mit dem American Dream nicht einfach völliger Quatsch ist. Es ist sogar noch schwieriger, hier einen Auftrag zu erhalten, als in Spanien“, antwortet Mari Carmen leicht niedergeschlagen und schnipst einen Käfer von ihrem Knie. Sie will eine erfolgreiche Schriftstellerin werden. Und dieser Traum war es auch, der sie nach North Beach, dem italienischen Teil von San Francisco, brachte. Nicht wegen der Italiener, sondern weil North Beach schon immer die literarische Hochburg der Stadt gewesen ist und auch heute noch viele Schriftsteller anzieht.
    Mari Carmen streichelt den Mops, der jetzt schwanzwedelnd an unserer Decke steht. „Vielleicht hast du recht“, meine ich. „Aber ich treffe insgesamt mehr Menschen, die es zumindest mal probieren, ihre Träume zu leben. Vijayzum Beispiel“, entgegne ich. „Alleine mit ihm zu reden bringt dich jeden Tag auf neue Ideen, wie man mit modernen Internettechnologien den Gesundheitssektor verbessern könnte.“ Ich erzähle Mari Carmen, dass ich auch gerne für ein Gründungsunternehmen arbeiten würde. Seitdem Vijay und ich regelmäßig Start-up-Events besuchen, lässt mich dieser Gedanke nicht mehr los. „Da kannst du richtig was bewegen! Deine eigenen Ideen umsetzen“, ergänzt Mari Carmen. „Aber so ein Start-up ist auch mit sehr viel Risiko verbunden“, gebe ich zu, „und das vermeiden wir Deutschen ja tunlichst.“ Ich muss an Nick denken, der für ein Internet-Start-up im Gesundheitsbereich arbeitet und den Bereich Operations leitet. Er hatte mir erzählt, dass es ihm unheimlich viel Spaß mache und er sich gar nicht vorstellen könnte, etwas anderes zu machen. „Du hast ja auch noch etwas Zeit. Komm erst einmal an.“ Mari Carmen lächelt. „Wer weiß, vielleicht kannst du mit Vijay aus dieser Gesundheitsplattform ja mal ein Start-up machen. Du hast doch die Kontakte und arbeitest in deinem täglichen

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