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Ein kalter Hauch im Untergrund - Neal Carey 1

Ein kalter Hauch im Untergrund - Neal Carey 1

Titel: Ein kalter Hauch im Untergrund - Neal Carey 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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aufrecht, das Haar voller Seife.
    »Kannst du es ausspülen?« fragte sie. »Ich kann mich nicht nach vorn beugen und meinen Kopf unter Wasser tauchen.«
    Er goß ihr einen Eimer Wasser über den Kopf, und sie schüttelte ihr Haar aus wie ein nasser Hund. Sie streckte ihm ihre Hand entgegen, und er packte sie und hob sie aus der Wanne. Ihre Hüften berührten sich kurz, als er ihre Füße auf den Boden stellte. Er ließ sie schnell los und wickelte sie in ein Handtuch.
    »Wir gehen besser rein«, sagte er, und marschierte zum Haus. Diesmal schaffte sie es viel besser und brauchte nur bei der Treppe ein wenig Hilfe. Sie zog ein paar alte Klamotten an, die Neal gefunden hatte. Vorsichtig betrat sie das Wohnzimmer.
    »Neal?«
    »Yeah?«
    »Ich brauche Stoff.«
    Er nahm sie in die Arme. Sie weinte lange.
     
     
29
     
    Colin haßte dieses Leben.
    Er hatte sich in der Bude seines Opas verkrochen, einem miefigen Keller am Arsch vom East End. Er hatte eine Matratze in die Ecke vom Wohnzimmer gepackt und starrte durch ein winziges Fenster hinaus auf die Straße. Er bemühte sich krampfhaft, nicht bei jedem Paar Füße Panik zu bekommen, aber der Gedanke an Dickie Huans Jungs ließ sich nicht so leicht abschütteln.
    Das Zimmer war eine echte Müllhalde, und der Alte stank, was kein Wunder war, wenn man sich ausschließlich von Würstchen und Dosenbier ernährte und sich nicht wusch.
    Außerdem glotzte der senile Knacker ununterbrochen in die Röhre. Fuhr auf die Quiz-Shows ab, wo fette Alte Ferien in Brighton gewannen, weil sie die Vornamen aller Premierminister seit Adam und Eva auswendig konnten. Noch eine Folge von diesem Mist, und Colin würde sich mit Freuden von Dickie vierteilen und an die Tauben verfüttern lassen.
    Außerdem konnte der Alte nicht eine Sekunde die Klappe halten. Er faselte vom Krieg, von den Deutschen, bis Colin ihn anbrüllte, er wünschte sich, die Deutschen hätten den Krieg gewonnen, dann könnte man wenigstens im Pub ein gutes Bier trinken!
    Manchmal beteiligte sich Opa auch am Fernsehquiz, rief laut die Antworten, alle falsch, und beschwerte sich, daß diese dummen Kühe da im Studio seine Hilfe nicht zu schätzen wüßten.
    Sein anderes Hobby war, Colin zu piesacken. Der alte Säufer genoß es, daß sein Großkotz-Enkel sich bei ihm verkriechen mußte, und er ließ lange Tiraden vom Stapel. Er war überzeugt, daß Colin als Callboy gearbeitet hatte, und erzählte in aller Ausführlichkeit von den »Sodomiten« und »Arschfickern«, die er bei der Navy kennengelernt hatte.
    »Du bis nich so’ne große Nummer wie de glaubst, Colin, Mann«, sagte er und kaute auf einer Wurst rum. »Deine Klamotten sin nett un deine Schuh glänz’n, aber jetzt mußte beim Alten von dei’m Alten hock’n, dem du nich mal ‘ne Schachtel Zigies spendiert has, im ganz’n letzt’n Jahr nich. Nee, du muß ja rummach’n mit den Nutten un Fickern und Chinamännern.«
    Kein gutes Thema.
    Colins einziger Trost war, daß seine Oma schon tot war. Wenigstens hatte er das Gequatsche nicht in Stereo.
    Colin dachte nach. Weder hatte er Alice, noch hatte er die zehntausend Mäuse. Schlimmer noch, sein hart erarbeitetes Drogen- und Mädchen-Geschäft ging zum Teufel, weil er sich nicht blicken lassen durfte, wenn er nicht bei den Chinesen auf der Speisekarte landen wollte. Neal war schuld. Seinetwegen lebte er bei einem verrückten Alten, der nach toter Ziege stank, Ei auf sein Hemd kleckerte und mit der Glotze quatschte.
    Hattest du nicht geschworen, nie wieder hierher zurückzukommen? dachte Colin. Und jetzt sieh dich an: Du sitzt hier mit nichts als deinem Hemd am Leib und hast Angst, nach Hause zu gehen. Er mußte Neal und Alice finden und der Sache ein Ende machen. 
     
    Auch Crisp fühlte sich nicht sonderlich wohl. Zwei Chinesen folgten ihm auf Schritt und Tritt.
    Sie hatten ihn in jener Nacht aufstehen lassen und ihm nur so zum Spaß noch ein paar aufs Maul gehauen. Sie hatten gesagt, daß sie ihn nicht aus den Augen lassen würden. Er sollte sie besser zu Colin bringen, sonst würden sie ihm das Geld abknöpfen. Und das Mädchen. Sie hatten klargemacht, daß das Mädchen lange brauchen würde, um zwanzig Mille abzuarbeiten.
    Also folgten sie ihm, ganz offen. Er würde sie schon zu Colin bringen. Würde er ja auch, wenn er nur wüßte, wo der Kerl steckte. Er war nicht auf dem Square und auch nicht am King’s Highway. Er hatte sich verpißt und seinen alten Kumpel Crisp im Stich gelassen. Vielleicht trieb er sich

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