Ein kalter Mord - McCullough, C: Ein kalter Mord
Sunnington Bank nach Cleveland, wo wir, da die Bank der Familie gehörte, keinerlei Probleme hatten, die alten gegen neue Scheine zu tauschen. Damals in der Zeit der großen Wirtschaftskrise horteten viele Leute lieber ihr Geld. Und zu dem Zeitpunkt war sie längst die hilflose Marionette zweier zurückhaltender Jungs am Beginn der Pubertät.
Das Geld wieder nach Hause zu bringen war nicht einfach. Jemand in der Bank redete. Doch Charles mit all seiner außergewöhnlichen Brillanz entwarf unsere Strategie. In puncto Logistik und Planung war Charles ein Genie. Wie werde ich ihn nur ersetzen? Wer sonst als ein Bruder kann ihn verstehen?
Wieder zu Hause, konzentrierte sich Charles’ Tunnel in Mamas Verstand auf das Geld, dass Roosevelt es gestohlen hatte, um sein Komplott gegen alles zu finanzieren, wofür Amerika stand, von der Freiheit bis zu Europa, um dieses in seinem eigenen wohlverdienten Saft schmoren zu lassen. Ja, unsere beiden Tunnel wuchsen, und wer will entscheiden, welcher von beiden der schönere war? Ein Tunnel in den Wahnsinn, ein Tunnel in den Cantone-Raum.
Ich hoffe, Captain Delmonico ist zufrieden mit meiner Geschichte von fehlgeleiteter Liebe und Amok laufendem Wahnsinn. Ein Jammer, dass sich seine Frau als so findig erwiesen hatte. Ich hatte mich schon so auf eine spezielle Sitzung mit ihrgefreut. Du kannst deine Augen nicht die ganze Zeit geschlossen halten, Desdemona, an, aus. Trotzdem, wer weiß? Vielleicht wird es eines Tages passieren. Ich hätte mich nie für sie entschieden, hätte ich nicht eine solche Faszination für Carmine entwickelt. Da er aber trotz all seiner Neugier nicht vorausahnend ist, hat er auch nie die Fragen gestellt, die den Schlüssel in seinem Hirn womöglich gedreht hätten.
Fragen wie: Warum waren sie alle sechzehn Jahre alt? Die Antwort darauf ist simple Arithmetik. Mrs Cantone war sechsundzwanzig, und Emma war sechs, das macht dann zusammen zweiunddreißig, aber wir wollten nur eine Cantone, also das Ganze durch zwei geteilt, und die Zahl ist – sechzehn! Fragen wie: Was könnte einen jungen Gutmenschen zu ihrem herrlichen Schicksal ködern? Die Antwort darauf liegt in der Barmherzigkeit. Eine blinde Frau, die um das gebrochene Bein ihres Blindenhundes Tränen vergießt. Biddy spielt eine wunderbare Gebrochene-Pfote-Nummer. Fragen wie: Worin liegt die Bedeutung eines Dutzends? Sonnenzyklen, Mondzyklen, Motorzyklen … Die Antwort ist dämlich. Mrs Cantone hatte die Angewohnheit »Im Dutzend billiger!« zu sagen, als wäre eine Beleuchtung mindestens so blendend wie Gott. Fragen wie: Warum haben wir so lange bis in ein fortgeschrittenes Alter gewartet, bis wir anfingen? Eine Antwort, gefangen im Netz des Ödipus, des Orestes. Cantones umzubringen mochte im Dutzend billiger sein, aber niemand kann seine Mutter töten. Fragen wie: Wie konnte Claire daran beteiligt sein, und doch, wer sonst außer Claire war denn da? Die Antwort darauf liegt im äußeren Schein. Der äußere Schein ist alles, alles liegt im Auge des Betrachters.
Mama hatte nie ein kleines Mädchen. Nur drei Jungs. Aber sie sehnte sich so sehr nach einem kleinen Mädchen, und was Mama haben wollte, bekam Mama auch. Also zog sie den Letztenvon uns dreien vom Tag seiner Geburt wie ein Mädchen an. Menschen glauben, was ihre Augen ihnen sagen. Bis hin zu Ihnen, Captain Delmonico. Wir Ponsonby-Jungs sehen alle aus wie Mama: Wir geben ganz passable Frauen, aber verzärtelte Männer ab. Nichts von Daddys energisch drängender Männlichkeit. Oh, wie hat er es Mrs Cantone immer gegeben! Charles und ich haben ihnen durch ein Loch in der Wand zugesehen.
Der geliebte Charles, immer dachte er sich Möglichkeiten aus, meinen Bedürfnissen zu dienen. Es wäre alles so viel schwieriger geworden, nachdem Claire erblindet war, hätte er nicht die Eingebung gehabt, mir Claires Kleider anzuziehen und mich nach Cleveland zu schicken. Sobald ich dort ankam, drückte er ein schlaffes Gummikissen auf Claires Gesicht, und aus Morton dem Maulwurf wurde Claire die Blinde.
Endlich Dunkelheit. Mein ureigenes Milieu. Zeit für Morton den Maulwurf, ein frisches Feld für einen Tunnel zu suchen.
Informationen zum Buch
Carmine Delmonico hat als Mordermittler einen eher ruhigen Job. Bis in einem Institut in einem Kälteraum, in dem eigentlich die Kadaver von Versuchstieren gelagert werden, Teile einer schwarzen Frauenleiche auftauchen. Schnell stellt sich heraus, dass ein beinahe genialer Serienmörder am Werk sein muss, der
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