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Ein kalter Strom

Ein kalter Strom

Titel: Ein kalter Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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sein, dass sie entweder tot oder mit Radecki ins Bett gegangen war. Am besten schickte sie ihnen wohl eine schnelle, klärende E-Mail, um sie auf das hinzuweisen, was kommen würde.
    »Scheiße, Scheiße, Scheiße«, rief sie, während das Wasser an ihr hinunterrann. Sie wollte so gern faul im Bett liegen bleiben, die Begegnung mit Tony auskosten und jedes Wort noch einmal an sich vorbeiziehen lassen. Aber stattdessen würde sie den ganzen Nachmittag auf die Tastatur einhauen und die Einzelheiten ihres Treffens mit Radecki und Krasic eingeben müssen.
    Sie war kaum aus der Dusche, als das Telefon klingelte. Es konnte nur Radecki sein, dachte sie. Petra würde sie nie hier anrufen, und Tony auch nicht. Und sonst wusste niemand, wo sie war. Sie rannte nackt und triefend ins Wohnzimmer und nahm beim fünften Klingeln ab. »Hallo?«
    »Caroline, wie geht es dir heute?« Seine vertraute Stimme klang förmlich.
    »Sehr gut. Und dir?«
    »Ich muss wegfahren wegen einer dringenden Sache, die sich ergeben hat. Ich werde den ganzen Tag unterwegs sein.«
    »Du klingst, als seist du böse auf mich, Tadzio«, sagte Carol, aber ihre Stimme war ruhig und gelassen.
    »Überhaupt nicht.« Sein Ton wurde ein wenig herzlicher. »Es tut mir nur Leid, weil ich gehofft hatte, dass wir uns treffen und vielleicht alles durchsprechen könnten, aber es geht einfach nicht. Bitte, glaub mir, es hat nichts mit gestern Abend zu tun. Darko und ich müssen wirklich etwas sehr Dringendes erledigen.«
    »Das ist in Ordnung, Tadzio. Die Geschäfte sind wichtig, das wissen wir doch beide. Und ich habe hier genug Arbeit, dass ich beschäftigt sein werde.«
    »Gut, ich wollte nicht, dass du meinst, ich sei verstimmt – nach dem, was gestern Abend war.«
    Carol lächelte. Sie konnte fast glauben, dass sie ihn genau da hatte, wo sie ihn haben wollte. Man musste die Männer offenbar immer so weit kriegen, dass sie mehr wollten. »Ich will, dass wir unbefangen miteinander umgehen können«, sagte sie.
    »Gut. Ach, und wenn du den Z8 borgen willst, dann komm einfach zur Wohnung rüber. Er steht in der Tiefgarage. Der Wärter hat den Schlüssel. Ich sage ihm, dass du vielleicht kommst, ja?«
    »Danke. Ich glaube, ich werde keine Zeit haben, mich herumzutreiben, aber es ist schön zu wissen, dass das Angebot steht, wenn ich es brauche. Ruf mich an, wenn du zurück bist. Okay?«
    »Mach ich. Und dann werden wir auch unsere geschäftlichen Dinge unter Dach und Fach bringen, oder?«
    »Das hoffe ich. Tschüs, Tadzio.« Sie legte den Hörer auf und lächelte. Es hätte gar nicht besser laufen können. Jetzt war Tadzio aus dem Weg, und sie würde keine Ausrede finden müssen, um Zeit zu haben, damit sie ihren Bericht schreiben konnte. Und noch besser war, dass sie den Abend vielleicht mit Tony würde verbringen können. Das Leben würde von jetzt an sehr schön sein. Sie spürte es in den Knochen.

Kapitel 34
    W enn es weiter so regnete, würde sich voraussichtlich auf dem Rhein lange Zeit überhaupt nichts tun, dachte Tony, während er durch die Windschutzscheibe des gemieteten Opels in den finsteren Nachmittag hinausblickte. Nach den Karten, die er auf dem Beifahrersitz liegen hatte, müsste er bald zu einem kleinen Hafenbecken kommen. Erfolglos hatte er schon ein halbes Dutzend Stellen in der Umgebung Kölns abgesucht und hatte es satt, abwechselnd vom Regen durchnässt zu werden und dann wieder dampfend im Wagen zu sitzen.
    Er sah die schmale Straßeneinmündung gerade noch so rechtzeitig, dass er rechts einschwenken, aber den Blinker nicht mehr setzen konnte. Er konzentrierte sich so sehr, dass er den VW mit Rado Matic am Steuer, der hastig hinter ihm abbog, nicht bemerkte. Der Weg war fast ein Tunnel, da zu beiden Seiten hohe Hecken standen, und Rado blieb ein gutes Stück zurück. Nach etwa vierhundert Metern wurde der Weg breiter und führte zu einem Kai, wo ein halbes Dutzend Rheinschiffe in Dreierreihen festgemacht hatte.
    Tony parkte den Wagen, stieg aus und stand im strömenden Regen, ohne den VW zu bemerken, der vorbeifuhr und hinter einem baufälligen Gebäude verschwand. Er eilte zum Rand des Kais, von wo aus er die Namen auf den Hecks der ersten drei Schiffe lesen konnte. Keine
Wilhelmina Rosen
. Er rannte den Kai entlang und sah nach den anderen drei Schiffen. Wieder kein Glück. Zurück im Wagen rief er Marijke auf seinem Mobiltelefon an. »Du kannst Nummer sieben von der Liste streichen«, sagte er müde, als sie abnahm.
    »Es tut mir Leid,

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