Ein kalter Strom
sie. Sie war nicht in der Stimmung für ihn, außerdem war sie nicht richtig angezogen, aber sie konnte ihn wahrscheinlich abwimmeln.
Carol nahm den Hörer ab. »Wer ist da?«
»Ich bin’s, Tadeusz. Kann ich raufkommen?«
»Ich bin gerade am Arbeiten, Tadzio. Können wir uns nicht morgen treffen?«
»Ich muss dich wirklich sehen. Ich kann nicht lange bleiben, in einer Stunde muss ich sowieso im Fernsehstudio sein.«
Eine Stunde, das konnte sie aushalten, dachte sie, drückte auf den Türöffner und eilte ins Schlafzimmer. Ein Seidenkimono war jetzt viel zu zweideutig für Radecki, das war ihr klar. Sie zog eine weite Leinenhose über, schloss hastig den BH -Verschluss und griff nach einer Bluse, da klopfte er schon an die Tür. Sie zog die Bluse über den Kopf, während sie in den Flur ging und ihm aufmachte.
Er ließ ihr keine Zeit zur Begrüßung, sondern riss sie einfach in seine Arme und küsste sie heftig und wild auf den Mund. Während er in die Wohnung stürmte, zog er sie mit und schloss im Gehen die Tür mit einem Fußtritt. Carol gelang es, sich frei zu machen, sie wich zurück und lachte nervös. »He, nicht so stürmisch. Das geht mir ein bisschen zu schnell«, sagte sie.
»Ich habe den ganzen Tag an dich gedacht«, sagte er. In seiner Stimme lag eine Entschiedenheit, die sie noch nie zuvor gehört hatte. »Ich weiß, dass du Zeit zum Überlegen haben wolltest, aber es macht mich verrückt. Ich will dich so sehr, dass ich nicht essen und nicht schlafen kann.« Seine Hände waren überall, stark und zudringlich, so dass sie keine Gelegenheit hatte, sich von ihm zu lösen. Er schmiegte sich an ihren Hals und knabberte mit scharfen kleinen Bissen an ihrem Ohr.
Carol fing an, nervös zu werden. So sollte es nach ihren Plänen nicht laufen. Sie hatte die Situation unter Kontrolle gehabt, aber jetzt spürte sie, wie sie ihr entglitt. »Tadzio, warte«, sagte sie klagend.
»Warum?«, fragte er. »Gestern Abend wolltest du mich genauso sehr wie ich dich. Ich weiß es, ich habe es gespürt. Warum müssen wir warten?«
»Ich bin nicht darauf vorbereitet«, sagte sie und versuchte, sich aus seiner Umarmung zu befreien. Aber er war zu stark, und seine Arme umfassten sie zu fest.
»Du weißt, dass du bereit bist«, sagte er jetzt mit leiserer Stimme. »Ich wollte dich nicht erschrecken.« Er legte die Hand an ihren Nacken, und seine langen Finger strichen zärtlich über die weiche Haut.
Unwillkürlich empfand Carol ein rein sinnliches Vergnügen, als sein Körper sich an sie drückte. Sein starkes Verlangen nach ihr hatte einen Reiz, dem sie sich nicht entziehen konnte. Aber sie konnte es sich auf keinen Fall leisten, ihm nachzugeben. Sie war Polizeibeamtin, sagte sie sich. Alles wäre zerstört, wenn sie sich von ihm verführen ließe. Außerdem wollte sie nichts tun, dessen sie sich schämen müsste, wenn sie es Tony erzählte. »Ich habe keine Angst«, sagte sie. »Ich bin mir nur nicht sicher.«
»Ich werde dich überzeugen«, sagte er, drängte sie rückwärts ins Wohnzimmer und fuhr mit beiden Händen an ihrem Rücken hinunter bis zum Gesäß.
Carol erkannte ihre Chance und schaffte es, ihm zu entschlüpfen. Sie machte zwei schnelle Schritte von ihm weg. »Es ist zu plötzlich«, protestierte sie. Tadeusz starrte sie wild mit zerzaustem Haarschopf an.
Mein Gott, sieht er toll aus
. Aber schon dieser Gedanke war Verrat.
»Bitte, Caroline«, sagte er, und die Stimme versagte ihm. »Ich weiß, dass du mich haben willst. Wir waren gestern Abend beide scharf aufeinander. Aber wenn du dir selbst die Entscheidung nicht zutraust, ob du mit mir schlafen willst oder nicht, warum sollte ich dann glauben, dass du diejenige bist, der ich in geschäftlichen Dingen vertrauen kann? Was ist denn schon dabei? Wir sind beide erwachsen. Wir wollen uns beide dumm und dusselig vögeln! Und keiner von uns hat doch jemand anderen, oder? Es geht ja nicht um Treue. Wir sind einfach zwei Menschen, die verrückt nacheinander sind.«
Was war die richtige Antwort?
Carol bemühte sich, etwas zu finden, das ihm einleuchten, die Abmachungen nicht gefährden und ihre Position bewahren würde. »Ich kann es nicht erklären«, sagte sie. »Ich brauche einfach noch Zeit, das ist alles.« Er ging einen Schritt auf sie zu, und sie wich zurück. »Bitte, Tadzio«, fügte sie hinzu und versuchte ihr gewinnendstes Lächeln aufzusetzen.
Er kam näher, und plötzlich konnte sie nicht mehr entkommen. Sie stand mit dem Rücken an der Wand
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