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Ein kalter Strom

Ein kalter Strom

Titel: Ein kalter Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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»Danke, Boss, aber das hebe ich mir lieber für ein andermal auf. Ich will dieses Fax jetzt gleich nach Köln losschicken.«
    Hartmut Karpf hatte keine Zeit verloren. Nachdem sie das Fax geschickt hatte, war innerhalb von fünfzehn Minuten sein Anruf gekommen. »Das ist wirklich interessantes Material«, sagte er aufgeregt. »Also, ich will so schnell wie möglich vorgehen. Aber wir werden eine Menge Leute brauchen, um es richtig zu machen. Wäre es möglich, dass Sie morgen nach Köln kommen? Wenn Sie hier wären und selbst über die Sache berichten könnten, würde es mir helfen, meinen Chef zu überzeugen, dass es sich lohnt.«
    »Ich muss mit meinem Vorgesetzten reden, aber ich glaube nicht, dass er etwas dagegen haben wird. Ich rufe Sie zurück, ja?«
    Eine halbe Stunde später hatte sie alles in die Wege geleitet. Sie musste am Mittag des folgenden Tages in Köln sein. Daraus ergaben sich einige interessante Möglichkeiten. Marijke sah auf ihre Uhr. Bevor sie sich entschied, musste sie herausfinden, wann es Flüge gab.
    Es stellte sich im Nachhinein doch noch als sehr guter Tag heraus. Wenn nur Tony anriefe, dann wäre er nahezu perfekt.
     
    Auf dem Weg, der an Matics Hof vorbeiführte, war es so dunkel wie in einer unterirdischen Höhle. Hohe Hecken hielten das Licht vom Haus her ab, und Wolken verdeckten die dünne Mondsichel. Es war kaum zu glauben, dass sie sich nur ein paar Kilometer vom Stadtrand entfernt befanden, so still und dunkel war die Frühlingsnacht. Petra betrachtete durch das Nachtsichtgerät, das sie vom Einsatzleiter des Spezialkommandos bekommen hatte, eine grün-schwarze Welt. Sie hatte das Gefühl, unter Wasser zu sein, Männer drifteten in ihr Blickfeld wie seltsame Meerestiere, deren Gesichter von Brillen und Masken verdeckt waren, um sie vor dem Rauch und dem Tränengas zu schützen, die sie einsetzen würden, wenn sie in das Haus eindrangen.
    Mit den schweigsamen, harten Typen, die den ganzen Nachmittag großspurig aufgetreten waren, sich auf die Stühle gefläzt und auf dem Boden ausgebreitet hatten, vollzog sich bei Einbruch der Nacht eine Wandlung. Sie waren jetzt ein diszipliniertes Team, das sich sparsam und unauffällig wie Schatten bewegte. Sobald es dunkel war, waren zwei von ihnen über den Hof geflitzt und hatten leise Mikrofone in den Wänden des Bauernhauses angebracht und die Telefonverbindungen über ihr eigenes Kommunikationssystem umgeleitet. Es würden keine Gespräche mehr von außen hereinkommen können, und wenn Matic und seine Frau zu telefonieren versuchten, würden sie nur das Klingeln hören, auf das keine Antwort kam.
    Jetzt hatte das Team das Bauernhaus umstellt. Wenn das Kommando kam, würden sie auf ihre Plätze huschen und die Tür mit einem hydraulischen Rammbock aufbrechen. Petra kannte den Plan auswendig. Zuerst der Rauch, dann das Tränengas, danach würden die Männer eindringen. Das Hauptziel war, das Kind in die Hand zu bekommen, das zweite, Arkady Matic und seine Frau festzunehmen. Petra sollte mit dem Einsatzleiter der Gruppe auf dem Weg warten und sich erst nähern, wenn diese Ziele erreicht waren.
    Der Einsatzleiter stand hinter seinem Spezialisten für Kommunikation und fragte: »Wie weit sind wir?«
    »Sie reden miteinander in der Küche. Ein Mann und eine Frau. Das Mädchen ist auch da. Die Frau hat ihm gerade gesagt, es soll sich an den Tisch setzen. Sie werden gleich zu Abend essen.«
    »Gut. Wir warten, bis sie sich gesetzt haben, dann legen wir los.« Er wandte sich zu Petra um. »Wir wollen so wenig Theater wie möglich, deshalb gehen wir rein, wenn sie mit dem Essen beschäftigt sind.«
    Sie nickte zustimmend. »Auf keinen Fall will ich eine Geiselsituation haben.«
    »Klar«, sagte er schnell und trommelte mit den Fingern der einen Hand auf seinen Oberschenkel. »Ach Gott, ich hasse dieses ewige Herumwarten.«
    Sie standen zwei lange Minuten schweigend und gespannt, dann gab ihnen der Kommunikationsspezialist ein Zeichen mit dem hochgestreckten Daumen. »Die Frau stellt jetzt das Essen auf den Tisch … Sie setzt sich zu ihnen. Ja, sie sind alle da.«
    Der Einsatzleiter nahm sein Funkgerät. »Hier ist K eins an alle. Geht rein! Ich wiederhole, geht rein!« Er gab Petra ein Zeichen, ihm zu folgen, und sie liefen die zwanzig Meter zum Hoftor. Im schwachen Licht der Fenster, das durch die Gardinen fiel, huschten Schatten um das Haus herum. Zugleich mit dem Rammbock, der gegen die massive Holztür stieß, hallten ein Knall und die Rufe

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