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Ein kalter Strom

Ein kalter Strom

Titel: Ein kalter Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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hinten, in der Nähe des Mannes, mit dem sie Kontakt aufnehmen sollte. Aber sie machte keinen Versuch, ihn auf sich aufmerksam zu machen, sondern sagte nur etwas zu dem Barmann, der ihr ein Mineralwasser brachte.
    »Schade, dass wir keinen Ton haben«, sagte Surtees.
    »Viel zu viele Hintergrundgeräusche«, sagte Thorson. »Wir haben ein Mikro unter dem Tisch probiert, aber der Marmor blockt alles ab, was sich zu hören lohnen würde.«
    Carol griff in ihre Tasche, zog ein Päckchen Zigaretten heraus, nahm eine und steckte sie sich in den Mund.
    »Ich habe gedacht, sie raucht nicht«, sagte Thorson.
    »Tut sie auch nicht.« Morgan sah stirnrunzelnd auf den Bildschirm. »Was hat sie vor?«
    Carol suchte umständlich in ihrer Tasche, machte ein ärgerliches Gesicht, sah sich um, und ihr Blick fiel auf den Mann am Ecktisch. Sie ließ ihre Tasche an der Bar, rutschte vom Hocker und ging zu ihm hinüber. Jetzt war sie zwischen dem Mann und der Kamera, und sie konnten nicht sehen, was sich abspielte. Sie beugte sich hinunter, richtete sich schließlich wieder auf und hatte die angezündete Zigarette in der Hand. »Ziemlich lange, um eine Zigarette anzuzünden«, sagte Morgan misstrauisch. »Sie hält sich nicht an den Plan.«
    »Gut für sie«, sagte Thorson leise, als Carol zu ihrem Barhocker zurückkehrte. Sie nippte an ihrem Glas, spielte mit der Zigarette herum und drückte sie aus, bevor sie halb heruntergebrannt war. Dann stand sie ganz plötzlich auf, schnappte sich ihre Tasche und ging zur Toilette. Als sie die Tür aufmachte, sprang ihr Kontaktmann auf, ließ seine Zeitung liegen und folgte ihr.
    »Oh Mist«, sagte Morgan. »Ist da hinten ein Ausgang?«
    Surtees zuckte mit der Schulter. »Keine Ahnung. Mary hat das Lokal ausgekundschaftet.«
    Thorson lief rot an. »Es gibt einen Notausgang. Mit einem Alarm …«
    Während sie noch sprach, fing die Sirene an zu heulen, und im selben Moment erfüllte der chaotische Lärm ihre Ohren.
     
    Carol rannte den schmalen Zufahrtsweg zwischen den hohen Gebäuden entlang. Sie musste nicht über die Schulter sehen, um festzustellen, ob ihr Kontaktmann hinter ihr war. Sie hörte, wie sich seine schweren Schritte näherten. Sie kamen auf eine schmale Seitenstraße hinaus, auf deren Fußgängersteigen sich Menschen drängten, die nach der Mittagspause zu ihren Büros zurückkehrten. Carol reduzierte ihren Schritt auf ein flottes Gehtempo, und ihr Kontaktmann holte auf und lief jetzt neben ihr. »Verdammt«, sagte er. »Willst du mich umbringen?«
    »Ich hab’n Typ vom Rauschgiftdezernat vor dem Café im Auto sitzen sehen«, sagte sie, immer noch ihre Rolle beibehaltend. »Vor’n paar Monaten war er mit seiner Sturmtruppe bei einem Kumpel von mir und hat seine Bude durchsucht. Dort haben sie nichts gefunden, und ich wär ja beknackt, wenn ich sie jetzt etwas finden lassen würde.« Irgendwo in der Nähe war eine Polizeisirene zu hören. »Wir müssen von der Straße verschwinden.«
    »Mein Auto ist drüben in der Greek Street«, sagte er.
    »Vielleicht haben sie es beobachtet«, sagte Carol ungeduldig. Sie rannte zwischen den haltenden und anfahrenden Autos geschickt ausweichend über die Straße auf ein schmuddeliges Pub an der Ecke zu und stieß die Tür auf. Es war voll, denn die Lunchgäste waren zum Teil noch da; sie schlängelte sich zum hinteren Teil des Raums durch und sah sich um, ob der Kontaktmann ihr gefolgt war. Sie quetschten sich in eine Ecke zwischen der Bar und der hinteren Wand. Carol steckte die Hand in ihre Tasche. »Hast du das Geld?«
    Er zog die Hand aus seiner Jackentasche und hielt einen Umschlag, der auf die Größe einer Zwanzig-Pfund-Note gefaltet und so dick wie ein Londoner Stadtplan war. Sie hielten die Hände relativ weit unten, so dass er neugierigen Blicken die Sicht verstellte. Carol gab ihm das Drogenpäckchen und nahm das Geld. »Nett, mit dir ’n Geschäft zu machen«, sagte sie sarkastisch und schob sich dann an ihm vorbei. Sie sah sich nach der Damentoilette um, drängelte sich durch die Menschenmenge und stürzte schließlich in eine Kabine, wo sie sich aufs Klo setzte, den Kopf in den Händen hielt und zitterte. Was für ’ne verdammte Aufgabe hatten sie wohl für sie im Sinn, wenn sie sich eine solche Vorübung ausgedacht hatten?
    Allmählich kam sie zu Atem und hatte ihren Herzschlag wieder unter Kontrolle. Sie stand auf und fragte sich, ob es sinnvoll wäre, ihre Erscheinung wieder zu verändern. Sie zog die Leggings aus,

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