Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein kalter Strom

Ein kalter Strom

Titel: Ein kalter Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
Vom Netzwerk:
stattdessen den Rock an und stülpte sich die Baseballmütze auf den Kopf. Versuchen konnte sie es jedenfalls. Jetzt musste sie es nur noch unverletzt nach Stoke Newington zurück schaffen. Das dürfte zu bewältigen sein, dachte sie grimmig.
    Auf der Straße draußen gab es kein Anzeichen für einen Verfolger. Sie ging auf einem Umweg zur U-Bahn-Station in der Tottenham Court Road und versuchte die Gedanken an alles, was noch schief gehen konnte, zu verdrängen. Wenigstens hatte sie jetzt keine Drogen mehr bei sich. Geld konnte man immer erklären. Außer der Tränengasdose hatte sie nichts Verdächtiges in ihrem Besitz. Als sie einen Moment unbeobachtet war, steckte sie die Dose zwischen Sitz und Seitenwand des Wagens. Nicht gerade verantwortungsbewusst, aber sie dachte nicht mehr wie Carol Jordan, sondern hundertprozentig wie Janine Jerrold.
    Fünfundvierzig Minuten später bog sie wieder in die Straße ein, wo ihre Mission heute begonnen hatte. Kein Anzeichen davon, dass irgendetwas nicht stimmte. Es war komisch, wie sich das Normale innerhalb von ein paar Stunden so mit potentieller Bedrohung aufladen konnte. Aber wenigstens war jetzt das Ende in Sicht. Sie atmete tief durch und schritt auf die Haustür zu.
    Diesmal machte nicht Gary auf. Der Mann auf der Schwelle hatte den muskulösen Oberkörper eines Gewichthebers. Sein rötliches Haar war ganz kurz geschnitten und der Blick seiner vorstehenden hellblauen Augen entnervend. »Ja? Was willst du?«, fragte er gereizt.
    »Ich suche Gary«, sagte sie. Ihre Nerven waren wieder zum Zerreißen gespannt. Er sah nicht wie ein Polizist aus, aber das konnte eine weitere Falle sein.
    Er schob die Lippen vor und rief dann über die Schulter: »Gary, erwartest du irgend ’ne Tussi?«
    Ein gedämpftes »Ja, lass sie rein« war von dem Zimmer zu hören, in dem sie zuvor gewesen waren.
    Der Athlet trat zur Seite und machte die Tür auf. Im Flur bemerkte sie nichts, das sie beunruhigte, also unterdrückte sie ihre Zweifel und trat ein. Er war gleich hinter ihr und schlug die Tür zu.
    Das war offensichtlich ein Signal. Drei Männer kamen aus den Türen, die auf den Flur mündeten. »Polizei, bleiben Sie stehen, wo Sie sind«, sagte der eine, der die Tür geöffnet hatte.
    »Was soll das?«, brachte sie noch heraus, bevor sie sie fassten. Hände packten sie und stießen und zogen sie ins Wohnzimmer. Einer von ihnen wollte nach ihrer Tasche greifen. Sie hielt sie erbittert fest und versuchte, die empörte verletzte Unschuld zu geben. »Nehmen Sie die Pfoten weg«, rief sie.
    Sie drückten sie auf die Couch hinunter. »Wie heißen Sie?«, wollte der Gewichtheber wissen.
    »Karen Barstow«, sagte sie, der Deckname war ihr in den Anweisungen gegeben worden.
    »Also gut, Karen. Was haben Sie mit Gary zu tun?«
    Sie versuchte, verwirrt zu wirken. »Hören Sie mal, was soll das eigentlich? Woher soll ich wissen, ob Sie von der Polente sind?«
    Er zog eine Brieftasche aus seiner Jogginghose und zeigte einen Ausweis vor, aber so schnell, dass sie den Namen nicht lesen konnte. Er war allerdings echt, das wusste sie. »Zufrieden?«
    Sie nickte. »Ich kapier’s aber immer noch nicht. Was ist hier los? Was wollen Sie von mir?«
    »Tun Sie nicht so unschuldig. Wir wissen, dass Sie zu Garys Kurieren gehören. Sie haben Drogen für ihn ausgetragen. Wir wissen Bescheid.«
    »Das ist Quatsch. Ich bin nur vorbeigekommen, weil ich ihm seinen Gewinn geben wollte. Ich weiß überhaupt nichts von Drogen«, sagte sie trotzig. Sie hielt ihm die Tasche hin und war erleichtert, dass sie das Tränengas weggeworfen hatte. »Hier, sehen Sie doch. Da ist überhaupt nichts drin.«
    Er nahm die Tasche und schüttete ohne weitere Umstände den Inhalt auf den Boden, nahm gleich den Umschlag und riss ihn auf. Er blätterte mit dem Daumen das Bündel Banknoten durch. »Das müssen zweitausend sein«, sagte er.
    »Ich weiß nicht. Ich hab nicht nachgesehen. Sie werden meine Fingerabdrücke auf keinem einzigen Schein finden. Ich weiß nur, dass meine Freundin Linda mich gebeten hat, bei Gary den Gewinn abzugeben.«
    »Muss ja ’ne Superwette gewesen sein«, sagte einer der anderen Polizisten, der lässig an die Wand gelehnt stand.
    »Ich weiß nichts darüber. Sie müssen mir glauben, ich weiß gar nicht, wovon Sie reden. Ich nehme ja nicht mal Drogen, und dealen tu ich schon gar nicht.«
    »Wer hat denn was von Dealen gesagt?«, fragte der Gewichtheber und stopfte das Geld in den Umschlag zurück.
    »Dealen,

Weitere Kostenlose Bücher