Ein kalter Tag im Paradies – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
nachsehen«, sagte er. »Ich sagte ja, daß ich gute Informationen zu schätzen weiß.«
»Nun, ich muß bei Ihrer Offerte leider passen. Trotzdem vielen Dank.«
»Mir wäre viel daran gelegen, wenn Sie darüber nachdächten. Mir ist klar, daß sich die Sache für Sie natürlich lohnen muß.«
»Das ist sehr fair«, sagte ich. »Ich werde darüber nachdenken.«
Zwei Abende später war er wieder da, diesmal mit einem von Prudells Berichten in der Hand. »Ich möchte, daß Sie sich das einmal ansehen«, sagte er. »Damit muß ich mich nun tagtäglich herumschlagen.«
Prudell war offensichtlich in ein Strandbad auf Drummond Island geschickt worden, um im Zusammenhang mit dem Prozeß über einen tödlichen Badeunfall die ungenügenden Unfallschutzmaßnahmen zu dokumentieren. Der Report bestand aus einem Mischmasch aus nicht zur Sache Gehörigem und Rechtschreibefehlern.
»Nun hören Sie sich das einmal an, Alex«, sagte er. »›Zwölf Uhr fünfzehn. Objekte wieder auf Posten nach Mittagessen unter mittelgroßem Baum. Objekte werden aggressiv bei der Wahrnehmung, daß ich mit meiner Kammera Bilder mache.‹ Ich nehme an, daß er immer die Bademeister meint, wenn er Objekte schreibt. Warum sagt er dann nicht einfach Bademeister, Alex? Ich sag Ihnen doch, der Kerl bringt mich um meinen Verstand.«
»Wieso glauben Sie, daß ich bei dem Job besser wäre?« fragte ich.
»Nun ist’s aber gut, Alex. Lassen Sie mich doch nicht betteln.«
»Ich weiß es wirklich nicht, Mr. Uttley.«
»Alex, Sie bestimmen Ihre eigene Arbeitszeit, und Sie bestimmen Ihren Preis. Ich bringe sogar die staatliche Kaution für Sie auf. Mehr kann man nicht verlangen.«
In Wahrheit hatte ich sehr wohl darüber nachgedacht. Als Polizist war der Umgang mit Menschen eine meiner Stärken gewesen; Leute hatten sich im Gespräch mit mir wohl gefühlt, hatten das Gefühl, als Mensch mit einem Menschen zu sprechen. Ich war ziemlich sicher, einen guten Privatdetektiv abzugeben. Und bei dem Gedanken, meine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von drei Vierteln meiner Bezüge einzustreichen und ansonsten nichts zu tun, als Holz zu hacken und hinter den Rotwildjägern her aufzuräumen, war mir nicht wohl.
»Ich stelle nur eine Bedingung«, sagte ich. »Keine Scheidungsfälle. Ich habe keine Lust, hinter einem Mann herzuschleichen, bis ich ihn endlich mit den Hosen um die Knöchel fotografiert kriege.«
»Abgemacht«, sagte er. »Ich hatte die letzten zehn Jahre sowieso keine Scheidungsfälle.«
Einen Monat später hatte ich meine Lizenz. Offensichtlich kannte er jemanden in Lansing, daß er den Papierkram so schnell erledigt bekam. Eines Tages gegen Ende August, als ich die Lizenz gerade erhalten hatte, gab er mir einen Zettel mit einem Namen und einer Adresse drauf.
»Wer ist das?« fragte ich.
»Ein Händler im Soo«, sagte er. »Ich habe für Sie eine Pistole bestellt. Natürlich müssen Sie sie selbst abholen. Die Formulare ausfüllen und so. Sie haben doch auch Kontakte zur County-Verwaltung, oder? Sie brauchen natürlich einen Waffenschein.«
»Moment mal«, sagte ich. »Um welche Art Pistole handelt es sich?«
»Einen achtunddreißiger Revolver, wie ihn die Polizei benutzt. Hatten Sie den nicht selbst als Polizeibeamter?«
»Doch«, sagte ich. »Aber ich würde nicht gern wieder einen tragen, wenn es Ihnen recht ist.«
»Klar, kein Problem«, sagte er. »Lassen Sie ihn ruhig zu Hause. Nur – man kann nie wissen.«
Ich brauchte längere Zeit, um herauszufinden, wieso er diese Waffe für mich bestellt hatte. Plötzlich war es mir klar. Vermutlich gefiel ihm einfach die Vorstellung, daß ich sie hatte. Ich konnte ihn förmlich sehen, wie er an seinem Schreibtisch einem potentiellen Klienten gegenübersaß und sagte: »Ja, ich habe einen exzellenten Mann, der für mich arbeitet. Natürlich hat er eine Knarre. Geht schließlich da draußen ganz schön rauh zu. Mit drei Kugeln hat’s ihn mal erwischt. Eine steckt immer noch in seiner Brust. Das ist genau der Mann, den wir auf unserer Seite brauchen …«
Als ich die Pistole schließlich abgeholt hatte, nahm ich sie mit nach Hause und legte sie in die hinterste Ecke meines Kleiderschranks. Seitdem hatte ich sie nie mehr angefaßt.
Der Mann an der Bar war keine Hilfe. Ich fragte ihn, ob er letzten Montag auch hier gewesen sei. Er brauchte eine geschlagene Minute, um allein diesen Sachverhalt aufzuklären, und da konnte ich mir nicht denken, daß er sich an irgendwelche verdächtigen Typen an
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