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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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Sohn Rachels, dem Römer willst du dienen? Dem Kaiser, dessen Vorfahren die heilige Zion verbrannt und in Asche
     gelegt den Tempel des Herrn? Und bauen willst du an einem Haus des Unglaubens, du, der Sohn des frommen Manasse? Wehe, wehe
     über dich?«
    »Was rufest du ›wehe‹ und weißt nicht warum? Riechst du’s dem Goldstück an, ob es kommt aus der Hand des Juden oder des Christen?
     Wiegt es nicht gleich schwer, und glänzt es nicht gleich lieblich?«
    »Sohn Manasses, du kannst nicht Gott dienen und dem Mammon.«
    »Aber du selbst, dienst du nicht den Ungläubigen? Seh’ ich nicht das Wächterhorn an der Wand deines Hauses? führst du nicht
     die Schlüssel für diese Goten und tust ihnen auf und zu die Pforten für ihren Ausgang und Eingang und hütest die Burg ihrer
     Stärke?«
    »Ja, das tu’ ich«, sagte der Alte stolz, »und wachen will ich für sie treulich, Tag und Nacht, wie der Hund für den Herrn,
     und solang Isak Odem hat, der Sohn Rubens, soll kein Feind dieses Volkes schreiten durch dies Tor. Denn Dank schulden die
     Kinder Israel ihnen und ihrem großen König, der weise war wie Salomo, und wie Gideons war sein Schwert! Dank wie unsre Väter
     dem großen König Cyrus, der sie befreiet hat aus Babylon. Die Römer haben gebrochen den Tempel des Herrn und zerstreut sein
     Volk über das Angesicht der Erde. Sie haben uns verspottet und geschlagen und verbrannt unsre heiligen Stätten und geplündert
     unsre Truhen und verunreinigt unsre Häuser und gezwungen unsre Weiber überall in ihren Landen und haben geschrieben gegen
     uns manch grausam Gesetz. Da kam dieser große König von Mitternacht, dessen Samen Jehova segne, und hat wiederaufgebaut unsre
     Synagogen: und wenn sie die Römer niederrissen, mußten sie alles wiederaufrichten mit eigner Hand und eignem Gelde, und er
     hat beschützt den Frieden unsrer Dächer, und wer Einen schädigte aus Israel, der mußte es büßen, wie wer einen Christen gekränkt.
     Er hat uns gelassen unsern Gott und unsern Glauben und hat beschirmt unsre Schritte auf den Straßen unsres Handels, und wir
     feierten das Passah in Frieden und Freude, wie nicht mehr seit den Tagen, da der Tempel noch stand auf den Höhen von Zion.
     Und als ein Großer unter den Römern mir mit Gewalt meine Sarah geraubt, mein Weib, ließ ihm König Theoderich das stolze Haupt
     abschlagen noch am selben Tage und gab mir wieder mein Weib unversehret. Und das will ich gedenken, solange meine Tage dauern,
     und will dienen seinem Volke treu bis zum Tode, und man soll wiedersagen, weit in allen Landen: treu und dankbar wie ein Jude.«
    »Mögest du nicht Undank ernten von den Goten für deinen Dank«, sagte Jochem, sich zum Gehen rüstend: »mir ist, einmal kommt
     die Stunde für mich, wieder um Miriam zu werben, zum letzten Mal. Vielleicht, Vater Isak, bist du dann minder stolz.«
    Und er schritt durch Miriams Gemach zur Treppe hinaus, wo er Totila begegnete. Mit einer häßlichen Verbeugung und einem stechenden
     Blick drückte sich der Kleine an dem schlanken Gotenvorbei, welcher beim Eintritt in die Türmerwohnung sich tief bücken mußte. Miriam folgte ihm auf dem Fuß.
    »Dort hängen deine Gärtnerkleider«, sagte sie, ohne die langen Wimpern aufzuschlagen, »und hier am Fenster hab’ ich die Blumen
     bereitgestellt. Sie liebt die weißen Narzissen, sagtest du neulich. Ich habe weiße Narzissen besorgt. Sie duften lieblich.«
    Und die melodische Stimme schwieg.
    »Du bist ein gutes Mädchen, Miriam«, sagte Totila, den Helm mit den silberweißen Schwanenflügeln abhebend und auf den Tisch
     setzend, »wo ist dein Vater?«
    »Der Segen des Herrn ruhe auf deinen goldnen Locken«, sprach der Alte, in das Gemach tretend.
    »Gegrüßt, treuer Isak!« rief Totila, warf den langen, glänzendweißen Mantel ab, der ihm von den Schultern floß, und hüllte
     sich in einen braunen Überwurf, den ihm Miriam von der Wand reichte. »Ihr guten Leute! Ohne euch und eure verschwiegne Treue
     wüßte ganz Neapolis um mein Geheimnis. Wie kann ich euch danken!«
    »Dank?« sagte Miriam, schlug die dunkelblauen Augen auf und ließ sie leuchtend auf ihm ruhen. »Du hast vorausgedankt für alle
     Zeit.«
    »Nein, Miriam«, sagte der Gote, den braunen, breitkrempigen Filzhut tief in die Stirne ziehend, »ich mein’ es herzlich gut
     mit euch. Sage, Vater Isak, wer ist der Kleine, den ich schon öfter hier geseh’n und eben wieder begegnet? Mir ist, er hat
     sein Auge auf Miriam geworfen. Sprich

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