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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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Gang des Mondes den Fortschritt der Nacht zu ermessen. Er schlug den Vorhang zurück, welcher die Fensteröffnung schloß;
     stille war’s in dem weiten Garten. In derFerne plätscherte nur der Springbrunnen, und Cikaden zirpten in den Myrtengebüschen: der warme, üppige Südwind strich in schwülem
     Hauch durch die Nacht, stoßweise ganze Wolken von Wohlgerüchen aus Rosenbäumen auf seinen Fittichen mit sich führend: und
     weithin aus dem blühenden Wäldchen am Ende des Gartens drang lockend und sinnaufregend der tiefgezogne heiße Schlag der Nachtigall.
    Endlich hielt sich Totila nicht länger. Geräuschlos schwang er sich über die Marmorbrüstung des Fensters: kaum knisterte unter
     seinen raschen Schritten der weiße Sand der schmalen Wege, wie er, den Strom des Mondlichts meidend, unter dem Schatten der
     Gebüsche dahineilte. Vorüber an den dunkeln Taxusgängen und den Lauben von dichten Oliven, vorüber an der hohen Statue der
     Flora, deren weißer Marmor geisterhaft im Mondlicht schimmerte, vorüber an dem weiten Becken, wo sechs Delphine den Wasserstrahl
     hoch aus den Nüstern bliesen, rasch eingebogen in den dichtverwachsnen Laubweg von Lorbeer und Tamarinden und, noch ein Oleandergebüsch
     durchdringend, stand er vor der Grotte aus Tropfstein, in welcher die Quellnymphe über einer dunkeln großen Urne lehnte. Wie
     er eintrat, glitt eine weiße Gestalt hinter der Statue hervor.
    »Valeria, meine schöne Rose!« rief Totila und umschlang glühend die Geliebte, welche leise seinem Ungestüm wehrte.
    »Laß, laß ab, mein Geliebter«, flüsterte sie, sich seinem Arm entziehend.
    »Nein, du Süße, ich will nicht von dir lassen. Wie lang, wie schmerzlich hab’ ich dein entbehrt. Hörst du, wie lockend und
     wirbelnd die Nachtigall ruft, fühlst du, wie der warme Hauch der Sommernacht, der berauschende Duft der Caprifolien Liebe
     atmet? Sie alle mahnen und bedeuten, wir sollen glücklich sein! O laß sie uns festhalten, diese goldnen Stunden. Meine Seele
     ist nicht weit genug, all ihr Glück zu fassen, all deine Schönheit, all unsre Jugend und diese glühende, blühende Sommernacht,
     in mächtigen Wogen rauscht das volle Leben durch das Herz und will’s vor Wonne sprengen.«
    »O mein Freund! gern möcht’ ich, wie du, aufgehn im Glücke dieser Stunden. Ich kann es nicht. Ich traue nicht diesem berauschendenDuft, der üppigen Schwüle dieser Sommernächte: sie dauert nicht: sie brütet Unheil: ich kann nicht glauben an das Glück unsrer
     Liebe.«
    »Du liebe Törin, warum nicht?«
    »Ich weiß es nicht: der unselige Zwiespalt, der all mein Leben scheidet, übt seinen Fluch auch hier. Gern möchte mein Herz
     sich trunken, wie du, diesem Glücke hingeben. Aber eine Stimme in mir warnt und mahnt: es dauert nicht,– du sollst nicht glücklich
     sein.«
    »So bist du nicht glücklich in meinen Armen?«
    »Ja und nein! das Gefühl des Unrechts, der Schuld gegen meinen edlen Vater lastet auf mir. Sieh, Totila, was mich zumeist
     an dir beglückt, ist nicht diese deine jugendschöne Kraft, selbst deine große Liebe nicht. Es ist der Stolz meines Herzens
     auf deine Seele, auf deine offne, lichte, edle Seele. Ich habe mich gewöhnt, dich klar und hell wie einen Gott des Lichts
     durch diese dunkle Welt schreiten zu sehen: der edle Mut siegessichrer Kraft, der Schwung, die freudige Wahrhaftigkeit deines
     Wesens ist mein Stolz, daß alles Kleine, Dumpfe, Gemeine versinken muß, wo du nahest, das ist mein Glück. Ich liebe dich wie
     eine Sterbliche den Sonnengott, der ihr in Fülle seines Lichts genaht. Und deshalb kann ich an dir nichts Heimliches, Verstecktes
     dulden. Auch die Wonnen dieser Stunden nicht – sie sind erlistet, und es kann nicht länger also sein.«
    »Nein, Valeria, und es soll auch nicht. Ich fühle ganz wie du. Auch mir ist die Lüge dieser Mummerei verhaßt, ich trage sie
     nicht länger. Ich bin gekommen, ihr ein Ende zu machen. Morgen, morgen werf ’ ich diese Täuschung ab und spreche zu deinem
     Vater offen und frei.«
    »Dieser Entschluß ist der beste, denn   –«
    »Denn er rettet dein Leben, Jüngling!« unterbrach plötzlich eine tiefe Stimme, und aus dem dunkeln Hintergrund der Grotte
     trat ein Mann und stieß das blanke Schwert in die Scheide.
    »Mein Vater!« rief Valeria überrascht, doch in mutiger Fassung.
    Totila schlang seinen Arm um sie, sein Kleinod zu verteidigen.
    »Hinweg, Valeria, fort von dem Barbaren!« sprach Valerius, befehlend den Arm

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