Ein Kampf um Rom
passen nicht zusammen!
Und nun sieh dorthin und sage mir selbst, ob du passest für Miriam, mein Kind.«
Und er schob mit seinem langen Stock sachte den grünwollnen Vorhang zur Seite, der das vordere Gemach abschloß. Leise silberne
Töne waren schon herübergeklungen in das Gespräch der Männer: jetzt sah man in den einfachen, aber gefälligen Raum. An dem
weiten Rundbogenfenster, welches über die herrliche Neapolis, das blaue Meer und die fernen Berge die freieste Aussicht bot,
stand ein junges Mädchen, ein fremdartig geformtes Saiteninstrument im Arm.
Es war eine Erscheinung von überraschender Schönheit. Glühendrot fiel das Licht der sinkenden Sonne noch in das hochgelegne
Gemach und übergoß wie das weiße Faltengewand so das edel geschnittne Profil des Mädchens mit purpurnem Schimmer: es spielte
auf dem glänzendschwarzen Haar, welches, halb hinter das feine Ohr zurückgestrichen, die edeln Schläfen zeigte. Und wie dieser
Sonnenglanz, so schien der Glanz der Poesie die ganze Erscheinung zu umstrahlen, jede ihrer Bewegungen zu begleiten und jeden
träumerischen Blick aus diesen dunkelblauen Augen, welche, in weiches Sinnen versunken, über die Stadt und das Meer hinschweiften.
»Dunkelmeeresblau« hatte diese Augen Piso, der Dichter, genannt.–
Wie im halben Traum berührten die Finger nur leise, leise dieSaiten, während von den halbgeöffneten Lippen, geflüstert mehr als gesungen, eine alte, melancholische Weise klang:
»›An Wasserflüssen Babylons
Saß weinend Judas Stamm:–
Wann kommt der Tag, da Judas Stamm
Nicht mehr zu weinen hat?‹ –
Nicht mehr zu weinen hat!« wiederholte sie träumend und neigte das Haupt auf den Arm, der die Harfe auf der Fensterbrüstung
hielt.
»Sieh hin«, sprach der Alte leise, »ist sie nicht lieblich wie die Rose in den Gärten von Saron und die Hindin auf den Bergen
von Hiram, und ist kein Fehl an ihrem Leibe?«
Ehe Jochem antworten konnte, scholl dreimal ein leises Klopfen an der schmalen Eisenpforte unten. Miriam fuhr auf aus ihrem
Sinnen, strich rasch mit der Hand über die Augen und eilte die enge Wendeltreppe hinunter. Jochem trat an das Fenster, und
sein Gesicht legte sich in grimmige Falten.
»Ha, der Christ, der gottverfluchte«, knirschte er und ballte die Faust.
»Schon wieder der blonde Gote mit dem unbändigen Stolz! Vater Isak, ist das der Edelhirsch, der dir zu deiner Hindin paßt?«
»Sohn, rede nicht Hohnwort wider Isak! Du weißt ja, der Jüngling hat sein Herz gesetzt auf ein Römermädchen, seine Seele denkt
nicht an die Perle von Juda.«
»Aber vielleicht die Perle von Juda an ihn!«
»Mit Dank und Freuden, wie das Lamm denkt des starken Hirten, der es entrissen dem Rachen des Wolfs. Hast du vergessen, wie
bei der letzten Jagd, welche die verdammten Römer machten auf die Schätze und Goldhaufen von Israel, und als sie niederbrannten
die heil’ge Synagoge mit unheiligem Feuer, wie da eine Rotte dieser bösen Buben mein armes Kind aufjagte auf der Straße, wie
ein Rudel Wölfe das weiße Lamm, und zerrten ihr den Schleier vom Haupt und das Busentuch von den Schultern – wo war da Jochem,
meiner Muhme Sohn, der sie begleitete? Entflohen war er vor der Gefahr mit hurtigen Füßen und ließ die Taube in den Krallen
der Geier!«
»Ich bin ein Mann des Friedens«, sagte Jochem unbehaglich, »meine Hand führt nicht das Schwert der Gewalt.«
»Aber Totila führt es, wie einst der Löwe Juda, und der Herr ist mit ihm. Allein, wie er des Weges kam, sprang er unter die
Schar der frechen Räuber und schlug den frechsten mit der Schärfe des Schwertes und verscheuchte die andern, wie der Turmfalk
die Krähen, und hüllte sorglich den Schleier über mein bebendes Kind und stützte ihren wankenden Schritt und führte sie heim,
ungeschädigt, in die Arme ihres alten Vaters. Das lohne ihm Jehova, der Herr, mit langem Leben und segne alle Schritte seines
Pfades.«
»Nun wohl«, sagte Jochem, seine Urkunden einsteckend, »ich gehe, diesmal für lange Zeit. Ich reise über das große Wasser,
zu machen ein groß Geschäft.«
»Ein groß Geschäft? Mit wem?«
»Mit Justinianus, dem Kaiser über Morgenland. Es ist eingestürzt ein Stück der großen Kirche, die er baut der Weisheit des
Herrn in der goldnen Stadt des Constantin. Ich hab’ entworfen Plan und saubern Grundriß, wiederaufzubauen das Gebäude.«
Heftig sprang der Alte auf und stieß seinen Stab auf den Boden:
»Wie, Jochem,
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