Ein Kampf um Rom
einen Eid getan, solang sein Haus lebt, keinem Fremden die Gotenkrone
zuzuwenden.«
»Welch törichter Eid!« rief Hildebad.
»Ich bin alt, und nenn’ ihn nicht töricht. Ich weiß, welcher Segen auf der festen, heiligen Ordnung des Erbgangs ruht. Und
die Amaler sind Söhne der Götter«, schloß er geheimnisvoll.
»Ein schöner Göttersohn, Theodahad!« lachte Hildebad.
»Schweig«, rief zornig der Alte, »das begreift ihr nicht mehr, ihr neuen Menschen. Ihr wollt alles fassen und verstehen mit
eurem kläglichen Verstand. Das Rätsel, das Geheimnis, das Wunder, der Zauber, der im Blute liegt – dafür habt ihr den Sinn
verloren. Darum schweig’ ich von solchen Dingen zu euch. Aber ihr macht mich nicht mehr anders mit meinen bald hundert Jahren.
Tut ihr, was ihr wollt, ich tue, was ich muß.«
»Nun«, sprach Graf Teja, nachgebend, »auf euer Haupt die Schuld. Aber wenn dieser letzte Amaler dahin –«
»Dann ist das Gefolge seines Schwures frei.«
»Vielleicht«, schloß Witichis, »ist es ein Glück, daß auch uns dein Eid die Wahl erspart: denn gewiß wollen wir keinen Herrscher,
den du nicht anerkennen könntest. Gehen wir denn, das Volk zu beschwichtigen, und tragen wir diesen König – solang er zu tragen
ist.«
»Aber keine Stunde länger«, sagte Teja und ging zürnend hinaus. –
Zweites Kapitel
Am nämlichen Tage noch wurden Theodahad und Gothelindis mit der alten Krone der Gotenkönige gekrönt. Ein reiches Festmahl,
besucht von allen römischen und gotischen Großen des Hofes und der Stadt, belebte den weiten Palast Theoderichs und den sonst
so stillen Garten, den wir als den Schauplatz von Athalarichs und Camillas Liebe kennengelernt. Bis tief in die Nacht währte
das lärmende Gelage.
Der neue König, kein Freund der Becher und barbarischer Festfreuden, hatte sich frühe zurückgezogen. Gothelindis dagegen sonnte
sich gern in dem Glanz ihrer jungen Herrlichkeit: stolz prangte sie auf ihrem Purpursitz, die goldene Zackenkrone im dunkeln
Haar. Sie schien ganz Ohr für die lauten Jubelrufe, welche ihren und ihres Gatten Namen feierten. Und doch hatte ihr Herz
dabei nur Eine Freude: den Gedanken, daß dieser Jubel hinunterdringen müsse bis in die Königsgruft, wo Amalaswintha, die verhaßte,
besiegte Feindin, am Sarkophage ihres Sohnes trauerte.
Unter der Menge von jenen Gästen, welche immer fröhlich sind, wenn sie bei vollen Bechern sitzen, war doch auch so manches
ernstere Gesicht zu bemerken: mancher Römer, der auf dem leeren Thron da oben lieber den Kaiser gesehen hätte: so mancher
Gote, der in der gefährlichen Lage des Reiches einem König wie Theodahad nicht ohne Sorge huldigen konnte. Zu letzteren zählte
Witichis, dessen Gedanken nicht unter dem kranzgeschmückten Säulendach der Trinkhalle zu weilen schienen. Unberührt stand
die goldne Schale vor ihm, und auf den lauten Zuruf Hildebads, der ihm gegenübersaß, achtete er kaum.
Endlich – schon brannten längst im Saale die Lampen und am Himmel die Sterne – stand er auf und ging hinaus in das grüne Dunkel
des Gartens. Langsam wandelte er durch die Taxusgänge dahin: sein Auge hing an den funkelnden Sternen. Sein Herz war daheim
bei seinem Weibe, bei seinem Knaben, die er monatelang nicht mehr gesehen. So führte ihn sein sinnendes Wandeln an den Venustempel
bei der Meeresbucht,die wir kennen. Er sah hinaus nach der flimmernden See – da blitzte etwas dicht vor seinen Füßen im schwachen Mondlicht: es
war eine Rüstung, daneben die kleine, gotische Harfe: ein Mann lag vor ihm im weichen Grase, und ein bleiches Antlitz hob
sich ihm entgegen.
»Du hier, Teja? Du warst nicht beim Fest.«
»Nein, ich war bei den Toten.«
»Auch mein Herz weiß nichts von diesen Festen: es war daheim bei Weib und Kind«, sagte Witichis, sich zu ihm niedersetzend.
»Bei Weib und Kind«, wiederholte Teja seufzend.
»Viele fragten nach dir, Teja.«
»Nach mir! Soll ich sitzen neben Cethegus, der mir die Ehre nahm, und neben Theodahad, der mir mein Erbe nahm?«
»Dein Erbe nahm?«
»Wenigstens besitzt er’s. Und über den Ort, wo meine Wiege stand, ging seine Pflugschar.«
Und schweigend sah er lange vor sich hin.
»Dein Harfenspiel – es schweigt? Man rühmt dich unsres Volkes besten Harfenschläger und Sänger!«
»Wie Gelimer, der letzte König der Vandalen, seines Volkes bester Harfenschläger war.– – Aber mich würden sie nicht im Triumph
einführen nach Byzanz!«
»Du
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