Ein Kampf um Rom
schöngeschweiften Sitz, schlich durch das Gemach und hob den Vorhang, ob niemand lausche. Dann kehrte
er beruhigt zurück und faßte den Byzantiner leise am Gewand. Das Licht der Bronzeampel spielte, im Winde flackernd, auf den
gelben, vertrockneten Wangen des häßlichen Mannes, der die kleinen Augen zusammenkniff:
»Noch dies. Wenn jene heilsamen Veränderungen eintreten sollen,– auf daß sie eintreten können, wird es gut sein, ja notwendig,
einige der trotzigsten meiner Barbaren unschädlich zu machen.«
»Daran hab’ ich bereits gedacht«, nickte Petros. »Da ist der alte halbheidnische Waffenmeister, der grobe Hildebad, der nüchterne
Witichis –«
»Du kennst deine Leute gut«, grinste Theodahad, »du hast dich tüchtig umgesehen. Aber«, raunte er ihm ins Ohr, »Einer, den
du nicht genannt hast, Einer vor allen muß fort.«
»Der ist?«
»Graf Teja, des Tagila Sohn.«
»Ist der melancholische Träumer so gefährlich?«
»Der gefährlichste von allen! Und mein persönlicher Feind! schon von seinem Vater her.«
»Wie kam das?«
»Er war mein Nachbar bei Florentia. Ich mußte seine Äcker haben – umsonst drang ich in ihn. Ha«, lächelte er pfiffig, »zuletzt
wurden sie doch mein. Die heilige Kirche trennte seine verbrecherische Ehe, nahm ihm sein Gut dabei und ließ mir’s billig
ab. Ich hatte einiges Verdienst um die Kirche in dem Prozeß – dein Freund, der Bischof von Florentia, kann dir’s genau erzählen.«
»Ich verstehe«, sagte Petros, »was gab der Barbar seine Äcker nicht in Güte! Weiß Teja –?«
»Nichts weiß er. Aber er haßt mich schon deshalb, weil ich sein Erbgut – kaufte. Er wirft mir finstere Blicke zu. Und dieserschwarze Träumer ist der Mann, seinen Feind zu den Füßen Gottes zu erwürgen.«
»So?« sagte Petros, plötzlich sehr nachdenklich.
»Nun, genug von ihm: er soll nicht schaden. Laß dir jetzt noch mal den ganzen Vertrag Punkt für Punkt vorlesen; dann unterzeichne.
Erstens. König Theodahad verzichtet auf die Herrschaft über Italien und die zugehörigen Inseln und Provinzen des Gotenreichs:
nämlich Dalmatien, Liburnien, Istrien, das zweite Pannonien, Savien, Noricum, Rhätien und den gotischen Besitz in Gallien,
zugunsten des Kaisers Justinian und seiner Nachfolger auf dem Throne von Byzanz. Er verspricht, Ravenna, Rom, Neapolis und
alle festen Plätze des Reichs dem Kaiser ohne Widerstand zu öffnen.«
Theodahad nickte.
»Zweitens. König Theodahad wird mit allen Mitteln dahinwirken, daß das ganze Heer der Goten entwaffnet und in kleinen Gruppen
über die Alpen geführt werde. Weiber und Kinder haben nach Auswahl des kaiserlichen Feldherrn dem Heere zu folgen oder als
Sklaven nach Byzanz zu gehen. Der König wird dafür sorgen, daß jeder Widerstand der Goten erfolglos bleiben muß.
Drittens. Dafür beläßt Kaiser Justinian dem König Theodahad und seiner Gemahlin den Königstitel und die königlichen Ehren
auf Lebenszeit, und viertens –«
»Diesen Abschnitt will ich doch mit eignen Augen lesen«, unterbrach Theodahad, nach der Urkunde langend.
»Viertens beläßt der Kaiser dem König der Goten nicht nur alle Ländereien und Schätze, welche dieser als sein Privateigentum
bezeichnen wird, sondern auch den ganzen Königsschatz der Goten, der allein an geprägtem Gold auf vierzigtausend Pfunde geschätzt
ist. Er übergibt ihm ferner zu erb und eigen ganz Tuscien, von Pistoria bis Cäre, von Populonia bis Clusium, und endlich überweist
er an Theodahad auf Lebenszeit die Hälfte aller öffentlichen Einkünfte des durch diesen Vertrag seinem rechtmäßigen Herrn
zurückerworbenen Reiches.– Sage, Petros, meinst du nicht, ich könnte drei Viertel fordern?« ––
»Fordern kannst du sie, allein ich zweifle sehr, daß sie dir Justinian gewährt. Ich habe schon die Grenzen, die äußersten,
meiner Vollmacht überschritten.«
»Fordern wollen wir’s doch immerhin«, meinte der König, die Zahl ändernd. »Dann muß Justinian heruntermarkten oder dafür andere
Vorteile gewähren.«
Um des Petros schmale Lippen spielte ein falsches Lächeln:
»Du bist ein kluger Handelsmann, o König.– Aber hier verrechnest du dich doch«, sagte er zu sich selbst.
Da rauschten schleppende Gewänder den Marmorgang heran, und eintrat ins Gemach in langem, schwarzem Mantel und schwarzem,
mit silbernen Sternen besätem Schleier Amalaswintha, bleich von Antlitz, aber in edler Haltung, eine Königin trotz der
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