Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
Vom Netzwerk:
singst nicht oft mehr?«
    »Fast niemals mehr. Aber mir ist, die Tage kommen, da ich wieder singen werde.«
    »Tage der Freude?«
    »Tage der höchsten, der letzten Trauer.«
    Lange schwiegen beide.–
    »Mein Teja«, hob endlich Witichis an, »in allen Nöten von Krieg und Frieden hab’ ich dich erfunden treu, wie mein Schwert.
     Und obwohl du so viel jünger als ich und nicht leicht der Ältere sich dem Jüngling verbindet, kann ich dich meinen besten
     Herzensfreund nennen. Und ich weiß, daß auch dein Herz mehr an mir hängt als an deinen Jugendgenossen.«
    Teja drückte ihm die Hand:
    »Du verstehst mich und ehrest meine Art, auch wo du sienicht verstehst. Die andern   –! und doch: den einen hab’ ich sehr lieb.«
    »Wen?«
    »Den alle liebhaben.«
    »Totila?«
    »Ich hab’ ihn lieb wie die Nacht den Morgenstern. Aber er ist so hell: er kann’s nicht fassen, daß andere dunkel sind und
     bleiben müssen.«
    »Bleiben müssen! Warum? Du weißt, Neugier ist meine Sache nicht. Und wenn ich dich in dieser ernsten Stunde bitte: lüfte den
     Schleier, der über dir und deiner finstern Trauer liegt, so bitt’ ich’s nur, weil ich dir helfen möchte. Und weil des Freundes
     Auge oft besser sieht als das eigene.«
    »Helfen? Mir helfen? Kannst du die Toten wiederauferwecken? Mein Schmerz ist unwiderruflich wie die Vergangenheit. Und wer
     einmal gleich mir den unbarmherzigen Rädergang des Schicksals verspürt hat, wie es, blind und taub für das Zarte und Hohe,
     mit eherner grundloser Gewalt alles vor sich niedertritt, ja, wie es das Edle, weil es zart ist, leichter und lieber zermalmt,
     als das Gemeine, wer erkannt hat, daß eine dumpfe Notwendigkeit, welche Toren die weise Vorsehung Gottes nennen, die Welt
     und das Leben der Menschen beherrscht, der ist hinaus über Hilfe und Trost: er hört ewig, wenn er es einmal erlauscht, mit
     dem leisen Gehör der Verzweiflung den immer gleichen Taktschlag des fühllosen Rades im Mittelpunkt der Welt, welches gleichgültig
     mit jeder Bewegung Leben zeugt und Leben tötet. Wer das einmal empfunden und erlebt, der entsagt einmal und für immer und
     allem: nichts wird ihn mehr erschrecken. Aber freilich – die Kunst des Lächelns hat er auch vergessen auf immerdar.«
    »Mir schaudert. Gott bewahre mich vor solchem Wahn! Wie kamst du so jung zu so fürchterlicher Weisheit?«
    »Freund, mit deinen Gedanken allein ergrübelst du die Wahrheit nicht, erleben mußt du sie. Und nur, wenn du des Mannes Leben
     kennst, begreifst du, was er denkt, und wie er denkt. Und auf daß ich dir nicht länger erscheine wie ein irrer Träumer, wie
     ein Weichling, der sich gern in seinen Schmerzenwiegt,– und damit ich dein Vertrauen und deine schöne Freundschaft ehre, vernimm,– höre ein kleines Stück meines Grams. Das
     größere, das unendlich größere behalt’ ich noch für mich«, sagte er schmerzlich, die Hand auf die Brust drückend,– »es kommt
     wohl noch die Stunde auch für dies. Vernimm heute nur, wie über meinem Haupte der Stern des Unheils schon leuchtete, da ich
     gezeugt ward.– Und von all den tausend Sternen da oben bleibt nur dieser Stern getreu. Du warst dabei – du erinnerst dich   –, wie der falsche Präfect mich laut vor allen einen Bastard schalt und mir den Zweikampf weigerte:– ich mußte es dulden:
     ich bin noch Schlimmeres als ein Bastard.––
    Mein Vater, Tagila, war ein tüchtiger Kriegsheld, aber kein Adaling, gemeinfrei und arm. Er liebte, schon seit der Bart ihm
     sproßte, Gisa, seines Vaterbruders Tochter. Sie lebten draußen, weit an der äußersten Ostgrenze des Reichs, an dem kalten
     Ister, wo man stets im Kampfe liegt mit den Gepiden und den wilden, räuberischen Sarmaten und wenig Zeit hat, an die Kirche
     zu denken und die wechselnden Gebote, welche ihre Konzilien erlassen. Lange konnte mein Vater seine Gisa nicht heimführen:
     er hatte nichts als Helm und Speer und konnte ihrem Mundwalt den Mahlschatz nicht zahlen und einem Weibe keinen Herd bereiten.
    Endlich lachte ihm das Glück. Im Krieg gegen einen Sarmatenkönig eroberte er dessen festen Schatzturm an der Alutha: und die
     reichen Schätze, welche die Sarmaten seit Jahrhunderten zusammengeplündert und hier aufgehäuft, wurden seine Beute. Zum Lohn
     seiner Tat ernannte ihn Theoderich zum Grafen und rief ihn nach Italien. Mein Vater nahm seine Schätze und Gisa, jetzt sein
     Weib, mit sich über die Alpen und kaufte sich weite, schöne Güter in Tuscien zwischen

Weitere Kostenlose Bücher