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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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wandte sich:– um den Vorsprungder Mauer bog mit hastigen Schritten ein Mann. Es war Dolios. Er winkte, scheu umherspähend. Rasch eilte die Fürstin auf ihn
     zu, folgte ihm um die Ecke: und vor ihr stand Cassiodors wohlbekannter gallischer Reisewagen, die bequeme und elegante Carruca,
     von allen vier Seiten mit verschiebbaren Gitterläden von feinem Holzwerk umschlossen, und mit dem raschen Dreigespann belgischer
     Manni beschirrt.
    »Eile tut not, o Fürstin«, flüsterte Dolios, sie in die weichen Polster hebend. »Die Sänfte ist zu langsam für den Haß deiner
     Feinde. Stille und Eile, daß uns niemand bemerkt.«
    Amalaswintha blickte noch einmal um sich. Dolios öffnete das Tor des Gartens und führte den Wagen vor dasselbe hinaus. Da
     traten zwei Männer aus dem Gebüsch: der eine bestieg den Sitz des Wagenlenkers vor ihr: der andere schwang sich auf eines
     der beiden gesattelt vor dem Tore stehenden Rosse: sie erkannte die Männer als vertraute Sklaven Cassiodors: sie waren wie
     Dolios mit Waffen versehen. Dieser sperrte wieder sorgfältig das Gartentor und ließ die Gitterläden des Wagens herab. Dann
     warf er sich auf das zweite der Pferde und zog das Schwert: »Vorwärts!« rief er.
    Und von dannen jagte der kleine Zug, als wär’ ihm der Tod auf der Ferse.

Fünftes Kapitel
    Die Fürstin wiegte sich in Gefühlen des Dankes, der Freiheit, der Sicherheit. Sie baute schöne Entwürfe der Sühne. Schon sah
     sie ihr Volk durch ihre warnende Stimme gerettet vor Byzanz, vor dem Verrat des eignen Königs: schon hörte sie den begeisterten
     Ruf des tapferen Heeres, der den Feinden Verderben, ihr aber Verzeihung verkündete. In solchen Träumen verflogen ihr die Stunden,
     die Tage und Nächte.
    Unausgesetzt eilte der Zug vorwärts: drei-, viermal des Tages wurden die Pferde des Wagens und der Reiter gewechselt, so daß
     sie Meile um Meile wie im Fluge zurücklegten. Wachsam hütete Dolios die ihm anvertraute Fürstin: mit gezogenemSchwert schützte er den Zugang zum Wagen, während seine Begleiter Speisen und Wein aus den Stationen holten.
    Jene geflügelte Eile und diese treue Wachsamkeit benahm Amalaswinthen eine Besorgnis, deren sie sich eine Weile nicht hatte
     erwehren können: ihr war, sie würden verfolgt. Zweimal, in Perusia und in Clusium, glaubte sie, wie der Wagen hielt, dicht
     hinter sich Rädergerassel zu hören und den Hufschlag eilender Rosse: ja, in Clusium meinte sie, aus dem niedergelassenen Gitterladen
     zurückspähend, eine zweite Carruca, ebenfalls von Reitern begleitet, in das Tor der Stadt einbiegen zu sehen. Aber als sie
     Dolios davon sprach, jagte er spornstreichs nach dem Tore zurück und kam sogleich mit der Meldung wieder, daß nichts wahrzunehmen
     sei; auch hatte sie von da ab nichts mehr bemerkt: und die rasende Eile, mit welcher sie sich dem ersehnten Eiland näherte,
     ließ sie hoffen, daß ihre Feinde, selbst wenn sie ihre Flucht entdeckt und eine Strecke weit verfolgt haben sollten, alsbald
     ermüdet zurückgeblieben seien.
    Da verdüsterte ein Unfall, unbedeutend an sich, aber unheilkündend durch seine begleitenden Umstände, plötzlich die hellere
     Stimmung der flüchtenden Fürstin. Es war hinter der kleinen Stadt Martula. Öde, baumlose Heide dehnte sich unabsehbar nach
     jeder Richtung: nur Schilf und hohe Sumpfgewächse ragten aus den feuchten Niederungen zu beiden Seiten der römischen Hochstraße
     und nickten und flüsterten gespenstisch im Nachtwind. Die Straße war hin und wieder mit niedern, von Reben überflochtnen Mauern
     eingefaßt und, nach altrömischer Sitte, mit Grabmonumenten, welche aber oft traurig zerfallen waren und mit ihren auf dem
     Wege zerstreuten Steintrümmern den Pferden das Fortkommen erschwerten. Plötzlich hielt der Wagen mit einem heftigen Ruck,
     und Dolios riß die rechte Türe auf.
    »Was ist geschehen«, rief die Fürstin erschreckt, »sind wir in Feindeshand?«
    »Nein«, sprach Dolios, der, ihr von je als verschlossen und finster bekannt, auf dieser Reise fast unheimlich schweigsam schien,
     »ein Rad ist gebrochen. Du mußt aussteigen und warten, bis es gebessert.«
    Ein heftiger Windstoß löschte in diesem Augenblick seine Fackel, und naßkalter Regen schlug in der Bestürzten Antlitz.
    »Aussteigen? hier? und wohin dann? hier ist nirgend ein Haus, ein Baum, der Schutz böte vor Regen und Sturm. Ich bleibe in
     dem Wagen.«
    »Das Rad muß abgehoben werden. Dort, das Monument, mag dir Schutz gewähren.«
    Mit einem

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