Ein Kampf um Rom
mit den Worten abgewiesen: »Lieber den Tod als Byzanz!«
So vereinten sich die beiden Männer in dem Entschluß, keine Byzantiner in dem schönen Lande zu dulden, das dem Goten kaum
minder teuer war als dem Römer.
Die Liebenden hüteten sich, den Willen des Alten schon jetzt zu einem bindenden Wort zu drängen; sie begnügten sich für die
Gegenwart mit der Freiheit des Umgangs, welche Valerius ihnen beließ, und warteten ruhig ab, bis der Einfluß allmählicher
Gewöhnung ihn auch mit dem Gedanken an ihre völlige Vereinigung befreunden würde.
So verlebten unsere jungen Freunde goldene Tage. Das Liebespaar hatte neben seinem eigensten Glücke die Freude an der wachsenden
Neigung des Vaters zu Totila: und Julius genoß jeneweihevolle Erhebung, welche für edle Naturen in dem Überwinden eigner Schmerzen um des Glückes geliebter Herzen willen liegt.
Seine suchende, von der Weisheit der alten Philosophie nicht befriedigte Seele wandte sich mehr und mehr jener Lehre zu, welche
den höchsten Frieden im Entsagen findet.
Eine sehr entgegengesetzte Natur war Valeria. Sie war der Ausdruck der echt römischen Ideale ihres Vaters, der an der frühe
verstorbnen Mutter Stelle ihre ganze Erziehung geleitet und im geistigen und sittlichen Gebiet die Ergebnisse des antiken,
heidnischen Geistes ihr angeeignet hatte. Das Christentum, welchem ihre Seele bei dem Eintritt in das Leben durch eine äußere
Nötigung war zugewendet und später ebenso durch ein äußerliches Mittel war wieder entrissen worden, erschien ihr als eine
gefürchtete, nicht als eine verstandene und geliebte Macht, welche sie gleichwohl nicht aus dem Kreise ihrer Gedanken und
Gefühle zu scheiden vermochte. Als echte Römerin sah sie auch nicht mit bangem Zagen, sondern mit freudigem Stolz die kriegerische
Begeisterung, welche im Gespräch mit ihrem Vater über Byzanz und seine Feldherrn aus der Seele Totilas leuchtete, den künftigen
Helden verkündend.
Und so trug sie es mit edler Fassung, als den Geliebten seine Kriegerpflicht plötzlich abrief aus den Armen der Liebe und
Freundschaft. Denn sowie die Flotte der Byzantiner auf der Höhe von Syrakusä erschienen war, loderte in dem jungen Goten der
Gedanke, der Wunsch des Krieges unauslöschlich empor. Als Befehlshaber des unteritalischen Geschwaders lag ihm die Pflicht
ob, die Feinde zu beobachten, die Küste zu decken. Er setzte rasch seine Schiffe instand und segelte der griechischen Seemacht
entgegen, Erklärung heischend über den Grund ihres Erscheinens in diesen Gewässern.
Belisar, der den Auftrag hatte, erst nach einem Ruf von Petros feindlich aufzutreten, gab eine friedliche und unanfechtbare
Auskunft, die Unruhen in Afrika und Seeräubereien mauretanischer Schiffe vorschützend. Mit dieser Antwort mußte sich Totila
begnügen: aber in seiner Seele stand der Ausbruch des Krieges fest, vielleicht nur deshalb, weil er ihn wünschte. Er traf
daher alle Anstalten, schickte warnende Boten nach Ravennaund suchte vor allem, das wichtige Neapolis wenigstens von der Seeseite her zu decken, da die Landbefestigung der Stadt während
des langen Friedens vernachlässigt und der alte Uliaris, der Stadtgraf von Neapolis, nicht aus seiner stolzen Sicherheit und
Griechenverachtung aufzurütteln war. Die Goten wiegten sich überhaupt in dem gefährlichen Wahn, die Byzantiner würden gar
nie wagen, sie anzugreifen: und ihr verräterischer König bestärkte sie gern in diesem Glauben.
Die Warnungen Totilas blieben deshalb unbeachtet, und es wurde dem eifrigen Seegrafen sogar sein ganzes Geschwader abgenommen
und in den Hafen von Ravenna zu angeblicher Ablösung beordert: aber die Schiffe, welche die abgesegelten ersetzen sollten,
blieben aus. Und Totila hatte nichts als ein paar kleine Wachtschiffe, mit welchen er, wie er den Freunden erklärte, die Bewegungen
der zahlreichen Griechenflotte nicht beobachten, geschweige denn aufhalten konnte.
Diese Mitteilungen bewogen den Kaufherrn, die Villa bei Neapolis zu verlassen und seine reichen Besitzungen und Handelsniederlassungen
bei Regium, an der Südspitze der Halbinsel, aufzusuchen, um die wertvollste Habe aus dieser Gegend, für welche Totila den
ersten Angriff der Feinde besorgte, nach Neapolis zu flüchten und überhaupt seine Anordnungen für den Fall eines längeren
Krieges zu treffen. Auf dieser Reise sollte Julius ihn begleiten: und auch Valeria war nicht zu bewegen, in der leeren Villa
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