Ein Kampf um Rom
Theodahad, unsern König. Ich frage –«
Da ward seine Rede unterbrochen durch lauten, schallenden Hornruf, der von Westen her näher und näher drang.
Dreizehntes Kapitel
Erstaunt sahen die Goten um und erblickten einen Zug von Reitern, welche die Hügel herab gegen die Gerichtsstätte eilten.
Die Sonne fiel grell blendend auf die waffenblitzenden Gestalten, daß sie nicht erkenntlich waren, obwohl sie in Eile nahten.
Da richtete sich der alte Hildebrand hoch auf in seinem erhöhten Sitz, hielt die Hand vor die falkenscharfen Augen und rief
sogleich:
»Das sind gotische Waffen! – Die wallende Fahne trägt als Bild die Waage:– das ist das Hauszeichen des Grafen Witichis! Und
dort ist er selbst! An der Spitze des Zugs. Und an seiner Linken die hohe Gestalt, das ist der starke Hildebad! Was führt
die Feldherrn zurück? ihre Scharen sollten schon weit auf dem Weg nach Gallien und Dalmatien sein.«
Ein Brausen von fragenden, staunenden, grüßenden Stimmen erfolgte. Indes waren die Reiter heran und sprangen von den dampfenden
Rossen. Mit Jubel empfangen, schritten die Führer, Witichis und Hildebad, durch die Menge den Hügel heran, bis zu Hildebrands
Richterstuhl.
»Wie?« rief Hildebad noch atemlos, »ihr sitzt hier und haltet Gericht, wie im tiefsten Frieden: und der Feind, Belisar, ist
gelandet!«
»Wir wissen es«, sprach Hildebrand ruhig, »und wollten mit dem König beraten, wie ihm zu wehren sei.«
»Mit dem König!« lachte Hildebad bitter.
»Er ist nicht hier«, sagte Witichis, umblickend, »das verstärkt unsern Verdacht. Wir kehrten um, weil wir Grund zu schwerem
Argwohn erhielten. Aber davon später! fahrt fort, wo ihr haltet. Alles nach Recht und Ordnung! still, Freund!«
Und den ungeduldigen Hildebad zurückdrängend, stellte er sich bescheiden zur Linken des Richterstuhles in die Reihe der andern.
Nachdem es wieder stiller geworden, fuhr der Alte fort:
»Gothelindis, unsre Königin, ist verklagt wegen Mordes an Amalaswintha, der Tochter Theoderichs. Ich frage: sind wir Gericht,
zu richten solche Klage?«
Der alte Haduswinth, gestützt auf seine lange Keule, trat vor und sprach:
»Rot sind die Schnüre dieser Mahlstätte. Beim Volksgericht ist das Recht über roten Blutfrevel, über warmes Leben und kalten
Tod. Wenn’s anders geübt ward in letzten Zeiten, so war das Gewalt, nicht Recht. Wir sind Gericht, zu richten solche Klage.«
»In allem Volk«, fuhr Hildebrand fort, »geht wider Gothelindis schwerer Vorwurf: im stillen Herzen verklagen wir alle sie
darob. Wer aber will hier, im offnen Volksgericht, mit lautem Wort, sie dieses Mordes zeihen?«
»Ich!« sprach eine helle Stimme: und ein schöner, junger Gote, in glänzenden Waffen, trat von rechts vor den Richter, die
rechte Hand auf die Brust legend.
Ein Murmeln des Wohlgefallens drang durch die Reihen:
»Er liebt die schöne Mataswintha!«
»Er ist der Bruder des Herzogs Guntharis von Tuscien, der Florentia besetzt hält.« –
»Er freit um sie!«
»Als Rächer ihrer Mutter tritt er auf!«
»Ich, Graf Arahad von Asta, des Aramuth Sohn, aus der Wölsungen Edelgeschlecht«, fuhr der junge Gote mit einem anmutigen Erröten
fort. »Zwar bin ich nicht versippt mit der Getöteten: allein die Männer ihrer Sippe, Theodahad voran, ihr Vetter und ihr König,
erfüllen nicht die Pflicht der Blutrache; ist er doch selbst des Mordes Helfer und Hehler. So klag’ ich denn, ein freier unbescholtner
Gote edeln Stammes, ein Freund der unseligen Fürstin, an Mataswinthens, ihrer Tochter, Statt. Ich klag’ um Mord! Ich klag’
auf Blut!«
Und unter lautem Beifall des Volkes zog der stattliche, schöneJüngling das Schwert und streckte es grad vor sich auf den Richterstuhl.
»Und dein Beweis? sag an –«
»Halt, Thinggraf«, scholl da eine ernste Stimme.
Witichis trat vor, dem Kläger entgegen.
»Bist du so alt und kennst das Recht so wohl, Meister Hildebrand, und läßt dich fortreißen von der Menge wildem Drang? Muß
ich dich mahnen, ich, der jüngre Mann, an alles Rechtes erstes Gebot? Den Kläger hör’ ich, die Beklagte nicht.«
»Kein Weib kann stehen in der Goten Thing«, sprach Hildebrand ruhig.
»Ich weiß, doch wo ist Theodahad, ihr Gemahl und Mundwalt, sie zu vertreten?«
»Er ist nicht erschienen.«
»Ist er geladen?«
»Er ist geladen! Auf meinen Eid und den dieser Boten«, sprach Arahad: »tretet vor, Sajonen.«
Zwei der Fronwärter traten vor und rührten mit ihren
Weitere Kostenlose Bücher