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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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Goten, habt das Urteil zu finden und das Recht zu schöpfen«, sprach Hildebrand, »ich habe nur zu vollziehen, was
     ihr gefunden. So frag’ ich euch, ihr Männer des Gerichts, was dünkt euch von dieser Klage, die Graf Arahad, des AramuthSohn, der Wölsung, erhoben gegen Gothelindis, die Königin? Sagt an: ist sie des Mordes schuldig?«
    »Schuldig! schuldig!« scholl es mit vielen tausend Stimmen, und keine sagte nein.
    »Sie ist schuldig«, sagte der Alte aufstehend.
    »Sprich, Kläger, welche Strafe forderst du um diese Schuld?«
    Arahad erhob das Schwert gerade gegen Himmel: »Ich klagte um Mord. Ich klagte auf Blut. Sie soll des Todes sterben.«
    Und ehe Hildebrand seine Frage an das Volk stellen konnte, war die Menge von zorniger Bewegung ergriffen, alle Schwerter flogen
     aus den Scheiden und blitzten gen Himmel auf, und alle Stimmen riefen: »Sie soll des Todes sterben!« –
    Wie ein furchtbarer Donner rollte das Wort, die Majestät des Volksgerichts vor sich her tragend, über das weite Gefild, daß
     bis in weite Ferne die Lüfte widerhallten.–
    »Sie stirbt des Todes«, sprach Hildebrand aufstehend, »durch das Beil. Sajonen, auf, und sucht, wo ihr sie findet.«
    »Halt an«, sprach der starke Hildebad vortretend, »schwer wird unser Spruch erfüllt werden, solang dies Weib unsres Königs
     Gemahlin. Ich fordre deshalb, daß die Volksgemeinde auch gleich die Klagen prüfe, die wir gegen Theodahad auf der Seele haben,
     der ein Volk von Helden so unheldenhaft beherrscht. Ich will sie aussprechen, diese Klagen. Merkt wohl, ich zeihe ihn des
     Verrates, nicht nur der Unfähigkeit, uns zu retten, uns zu führen. Schweigen will ich davon, daß wohl schwerlich ohne sein
     Wissen seine Königin ihren Haß an Amalaswintha kühlen konnte, schweigen davon, daß diese in ihren letzten Worten uns vor Theodahads
     Verrat gewarnt. Aber ist es nicht wahr, daß er den ganzen Süden des Reiches von Männern, Waffen, Rossen, Schiffen entblößt,
     daß er alle Kraft nach den Alpen geworfen hat, bis daß die elenden Griechlein ohne Schwertstreich Sicilien gewinnen, Italien
     betreten konnten? Mein armer Bruder Totila mit seiner Handvoll Leuten allein steht ihnen entgegen. Statt ihm den Rücken zu
     decken, sendet der König auch noch Witichis, Teja, mich nach dem Norden. Mit schwerem Herzen gehorchten wir: denn wir ahnten,
     wo Belisar landen werde.
    Nur langsam rückten wir vor, jede Stunde den Rückruferwartend. Umsonst. Schon lief durch die Landschaften, die wir durchzogen, das dunkle Gerücht, Sicilien sei verloren, und
     die Welschen, die uns nach Norden ziehen sahen, machten spöttische Gesichter. So waren wir ein paar Tagemärsche an der Küste
     hingezogen. Da traf mich dieser Brief meines Bruders Totila: ›Hat denn, wie der König, so das ganze Volk der Goten, so mein
     Bruder mich aufgegeben und vergessen? Belisar hat Sicilien überrascht. Er ist gelandet. Alles Volk fällt ihm zu. Unaufhaltsam
     dringt er gegen Neapolis. Vier Briefe hab’ ich an König Theodahad um Hilfe geschrieben. Alles umsonst. Kein Segel erhalten.
     Neapolis ist in höchster Gefahr. Rettet, rettet Neapolis und das Reich.‹«
    Ein Ruf grimmigen Schmerzes ging durch die Tausende gotischer Männer.
    »Ich wollte«, fuhr Hildebad fort, »augenblicklich mit all unsren Tausendschaften umkehren, aber Graf Witichis, mein Oberfeldherr,
     litt es nicht. Nur das setzte ich durch, daß wir die Truppen haltmachen ließen und mit wenigen Reitern hierherflogen zu warnen,
     zu retten, zu rächen. Denn Rache, Rache heisch’ ich an König Theodahad: nicht nur Torheit und Schwäche, Arglist war es, daß
     er den Süden den Feinden preisgegeben. Hier, dieser Brief beweist es. Viermal hat ihn mein Bruder gemahnt, gebeten. All’ umsonst.
     Er gab ihn, er gab das Reich in Feindeshand. Weh’ uns, wenn Neapolis fällt, schon gefallen ist. Ha, er soll nicht länger herrschen,
     nicht leben soll er länger, der das verschuldet hat. Reißt ihm die Krone der Goten vom Haupt, die er geschändet, nieder mit
     ihm. Er sterbe!«
    »Nieder mit ihm! Er sterbe!« donnerte das Volk in mächtigem Echo nach.
    Unwiderstehlich schien der Strom ihres Grimmes zu wogen und jeden zu zerreißen, der ihm widerstehen wollte. Nur Einer blieb
     ruhig und gelassen inmitten der stürmenden Menge. Das war Graf Witichis. Er sprang auf einen der alten Steine unter dem Eichbaum
     und wartete, bis sich der Lärm etwas gelegt. Dann erhob er die Stimme und sprach mit jener schlichten

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