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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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Klarheit, die ihm so
     wohl anstand:
    »Landsleute, Volksgenossen! Hört mich an! Ihr habt unrechtmit eurem Spruch. Wehe, wenn im Gotenstamm, deß Ehre und Stolz die Gerechtigkeit gewesen seit der Väter Zeit, Haß und Gewalt
     des Rechtes Thron besteigen. Theodahad ist ein schwacher, schlechter König! Nicht länger soll er allein des Reiches Zügel
     lenken! Gebt ihm einen Vormund wie einem Unmündigen! Setzt ihn ab meinetwegen. Aber seinen Tod, sein Blut dürft ihr nicht
     fordern! Wo ist der Beweis, daß er verraten hat? Daß Totilas Botschaft an ihn gelangt? Seht ihr, ihr schweigt: hütet euch
     vor Ungerechtigkeit, sie stürzt die Reiche der Völker.«
    Und groß und edel stand er auf seinem erhöhten Boden, im vollen Glanz der Sonne, voll Kraft und edler Würde. Bewundernd ruhten
     die Augen der Tausende auf ihm, der ihnen an Hoheit und Maß und klarer Ruhe so überlegen schien. Eine feierliche Pause erfolgte.
     Und ehe noch Hildebad und das Volk Antwort finden konnte gegen den Mann, der die lebendige Gerechtigkeit schien, ward die
     allgemeine Aufmerksamkeit nach dem dichten Walde gezogen, der im Süden die Aussicht begrenzte, und der auf einmal lebendig
     zu werden schien.

Vierzehntes Kapitel
    Denn man hörte von dort her den raschen Hufschlag nahender Pferde und das Klirren von Waffen: alsbald bog eine kleine Schar
     von Reitern aus dem Wald: aber weit ihnen allen voraus jagte auf kohlschwarzem Roß ein Mann, der wie mit dem Sturmwind um
     die Wette ritt. Weit im Winde flatterte seine Helmzier: ein mächtiger, schwarzer Roßschweif, und seine eignen langen, schwarzen
     Locken: vorwärts gebeugt trieb er das schaumbespritzte Roß zu rasender Eile und sprang am Südeingang des Things sausend vom
     Sattel. Alle wichen links und rechts zurück, die der grimme, tödlichen Haß sprühende Blick seines Auges aus dem leichenblassen,
     schönen Antlitz traf. Wie von Flügeln getragen stürmte er den Hügel hinan, sprang auf einen Stein neben Witichis, hielt eine
     Rolle hoch empor, rief wie mit letzter Kraft: »Verrat, Verrat!« und stürzte dann wie blitzgetroffen nieder.
    Entsetzt sprangen Witichis und Hildebad hinzu: sie hatten kaum den Freund erkannt: »Teja, Teja!« riefen sie, »was ist geschehen?
     rede!«
    »Rede!« wiederholte Witichis, »es gilt das Reich der Goten!«
    Wie mit übermenschlicher Kraft richtete sich der stählerne Mann in diesem Wort wieder empor, sah einen Augenblick um sich
     und sprach dann mit hohler Stimme:
    »Verraten sind wir, Goten, verraten von unserm König. Ich erhielt Auftrag vor sechs Tagen, nach Istrien zu ziehen, nicht nach
     Neapolis, wie ich gebeten. Ich schöpfe Verdacht, doch ich gehorche und gehe unter Segel mit meinen Tausendschaften. Ein starker
     Weststurm bricht herein, verschlägt zahllose kleine Schiffe von Westen her bis zu uns. Darunter den ›Mercurius‹, den raschen
     Keles,– das leichte Postschiff Theodahads. Ich kannte das Fahrzeug wohl: es gehörte einst meinem Vater. Wie das unserer Schiffe
     ansichtig wird, will es entfliehen. Ich, argwöhnisch, jage ihm nach und hole es ein. Es trug diesen Brief an Belisar von des
     Königs Hand: ›Du wirst zufrieden sein mit mir, großer Feldherr. Alle Gotenheere stehen in dieser Stunde nordöstlich von Rom,
     ohne Gefahr könntest du landen. Vier Briefe des Seegrafen von Neapolis habe ich zerstört, seine Boten in den Turm geworfen.
     Zum Dank erwart’ ich, daß du den Vertrag genau erfüllst, und den Kaufpreis in Bälde bezahlst.‹«
    Teja ließ den Brief sinken, die Stimme versagte ihm. Ein Ächzen und Stöhnen der Wut zog durch die Versammlung.
    »Ich ließ umkehren, sogleich landen, ausschiffen und jage hierher seit drei Tagen und drei Nächten unausgesetzt. Ich kann
     nicht mehr.«
    Und taumelnd sank er in Witichis’ Arme. Da sprang der alte Hildebrand empor auf den höchsten Stein seines Stuhles: weit überragte
     er die ganze Menge: er riß dem Träger, der die Lanze mit des Königs kleiner Marmorbüste auf der Querstange trug, den Schaft
     aus der Hand und hielt ihn vor sich in der Linken: in der Rechten hob er sein Steinbeil:
    »Verkauft, verraten sein Volk für gelbes Gold? Nieder mit ihm, nieder, nieder!«
    Und ein Beilschlag zertrümmerte die Büste. Dieser Akt war wie der erste Donnerschlag, der ein lange brütendes Gewitter entfesselt.
     Nur dem Wüten empörter Elemente war das Stürmen vergleichbar, welches nun das in seinen Grundtiefen aufgewühlte Volk durchbrauste.
    »Nieder! nieder! nieder mit

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