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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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verfolgte, fand er in den Hallen
     und Gängen der Burg die Goten und Italier, welchen ihr Rang und Ansehen Zutritt erwarben, in ungleichen Gruppen verteilt.
     Schweigend und traurig standen in der sonst so lauten Trinkhalle die jungen Tausendführer und Hundertführer der Goten beisammen
     oder flüsterten einzelne besorgte Fragen, während hie und da ein älterer Mann, ein Waffengefährte des sterbenden Helden, in
     einer Nische der Bogenfenster lehnte, seinen lauten Schmerz zu verbergen; in der Mitte des Saales stand, laut weinend, das
     Haupt an einen Pfeiler drückend, ein reicher Kaufmann von Ravenna: der König, der jetzt scheiden sollte, hatte ihm eine Verschwörung
     verziehen und seine Warenhallen vor der Plünderung durch die ergrimmten Goten gerettet.
    Mit einem kalten Blick der Geringschätzung schritt Cethegusan dem allen vorüber. Er ging weiter. In dem nächsten Gemach, dem zum Empfang fremder Gesandten bestimmten Saal, fand er eine
     Anzahl von vornehmen Goten, Herzögen, Grafen und Edeln beisammen, welche offenbar Beratung hielten über den Thronwechsel und
     den drohenden Umschwung aller Verhältnisse. Da waren die tapferen Herzöge Thulun von Provincia, der die Stadt Arles heldenmütig
     gegen die Franken verteidigt hatte, Ibba von Liguria, der Eroberer von Spanien, Pitza von Dalmatia, der Besieger der Bulgaren
     und Gepiden, gewaltige, trotzige Herrn, stolz auf ihren alten Adel, der dem Königshaus der Amaler wenig nachgab – denn sie
     waren aus dem Geschlecht der Balten, das bei den Westgoten durch Alarich die Krone gewonnen hatte   –, und auf ihre kriegerischen Verdienste, welche das Reich beschirmt und erweitert. Auch Hildebad und Teja standen bei ihnen.
     Es waren die Führer der Partei, die längst eine härtere Behandlung der Italier, welche sie haßten und scheuten zugleich, begehrt
     und nur widerstrebend dem milden Sinn des Königs sich gefügt hatten. Wilde Blicke des Hasses schossen aus ihrer Mitte auf
     den vornehmen Römer, der da Zeuge der Sterbestunde des großen Gotenhelden sein wollte.
    Ruhig schritt Cethegus an ihnen vorüber und hob den schweren Wollvorhang auf, der den nächsten Raum abschied, das Vorzimmer
     des Krankengemaches. Eintretend begrüßte er mit tiefer Verbeugung des Hauptes eine hohe königliche Frau, welche, in schwarze
     Trauerschleier gehüllt, ernst und schweigend, aber in fester Fassung und ohne Tränen vor einem mit Urkunden bedeckten Marmortische
     stand: das war Amalaswintha, die verwitwete Tochter Theoderichs. Eine Frau in der Mitte der Dreißiger, war sie noch von außerordentlicher,
     wenn auch kalter Schönheit. Sie trug das reiche, dunkle Haar nach griechischer Weise gescheitelt und gewellt. Die hohe Stirn,
     das große, runde Auge, die geradlinige Nase, der Stolz ihrer fast männlichen Züge und die Majestät ihrer vollen Gestalt verliehen
     ihr imposante Würde, und in dem ganz nach hellenischem Stil gefalteten Trauergewand glich sie in der Tat einer von ihrem Postament
     heruntergeschrittnen Juno des Polyklet.
    An ihrem Arme hing, mehr gestützt als stützend, ein Knabeoder Jüngling von etwa siebzehn Jahren, Athalarich, ihr Sohn, des Gotenreiches Erbe. Er glich nicht der Mutter, sondern hatte
     die Natur seines unglücklichen Vaters Eutharich, den eine zehrende Krankheit des Herzens in der Blüte seiner Jahre in das
     Grab gezogen hatte.
    Mit Sorge sah deshalb Amalaswintha ihren Sohn in allem ein Ebenbild des Vaters werden, und es war kaum mehr ein Geheimnis
     am Hofe von Ravenna, daß alle Spuren jener Krankheit sich schon in dem Knaben zeigten. Athalarich war schön wie alle Glieder
     dieses von den Göttern stammenden Hauses. Starke schwarze Brauen, lange Wimpern beschatteten ein schönes, dunkles Auge, das
     aber bald wie in unbestimmten Träumen zerfloß, bald in geisterhaftem Glanz aufblitzte. Dunkelbraune wirre Locken hingen in
     die bleiche Schläfe, in denen bei lebhafter Erregung die feinen blauen Adern krampfhaft zuckten. Der edeln Stirn hatte physischer
     Schmerz oder schwere Resignation tiefe Furchen eingezeichnet, befremdlich auf diesem jugendlichen Antlitz. Rasch wechselten
     Marmorblässe und heißes Rot auf den durchsichtigen Wangen. Die hochaufgeschossne, aber geknickte Gestalt schien meistens wie
     müde in ihren Fugen zu hangen und schoß nur manchmal mit erschreckender Raschheit in die Höhe. Er sah den eintretenden Cethegus
     nicht, denn er hatte, an der Mutter Brust gelehnt, den griechischen Mantel klagend um das junge

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