Ein Kampf um Rom
hast ihn getragen
im Herzen – ich will dir’s verzeihen –, nur werde jetzt mein Weib.«
Und wieder griff er nach ihrer Hand.
»Du mir meine Liebe verzeihn? Verzeihn, was so hoch über dir wie die leuchtende Sonne über dem schleichenden Wurm? Wär ich’s
wert, daß ihn je mein Auge gesehen, wenn ich dein Weib würde? Hinweg; hinweg von mir!«
»Ha«, rief Jochem, »zu viel, zu viel, mein Weib – du sollst es nimmer werden! Aber winden sollst du dich in diesen Armen,
und den Christen will ich dir aus dem blutenden Herzen reißen, daß es zucken soll in Verzweiflung. Auf Wiedersehen.«
Und er war aus dem Hause und alsbald aus der Stadt verschwunden. Miriam, von bangen Gefühlen bedrängt, eilte ins Freie: es
trieb sie zu beten: aber nicht in der dumpfen Synagoge: sie betete ja für ihn: und es drängte sie, zu seinem Gott zu beten.
Sie wagte sich scheuen Fußes in die nahe Basilika Sanctae Mariae, von wo man an Friedenstagen oft die Jüdin mit Flüchen verscheucht
hatte. Aber jetzt hatten die Christen keine Zeit, zufluchen. Sie kauerte sich in eine dunkle Ecke des Säulenganges und vergaß in heißem Gebet bald sich selbst und die Stadt und
die Welt: sie war bei ihm und bei Gott.
Inzwischen verlief die letzte Stunde der Waffenruhe; schon neigte sich die Sonne dem Meeresspiegel zu. Die Goten flickten
und stopften nach Kräften die zertrümmerten Mauerstellen, räumten den Schutt und die Toten aus dem Wege und löschten die Brände.
Da lief die Sanduhr zum dritten Mal ab, während Belisar vor seinem Zelte seine Heerführer versammelt hielt, des Zeichens der
Übergabe auf dem Castell des Tiberius harrend.
»Ich glaub’ es nicht!« flüsterte Johannes zu Prokop. »Wer solche Streiche tut, wie ich von jenem Alten gesehen, gibt die Waffen
nicht ab. Es ist auch besser so: da gibt’s einen tüchtigen Sturm und dann eine tüchtige Plünderung.«
Und auf der Zinne des Castells erschien Graf Uliaris und schleuderte trotzig seinen Speer unter die harrenden Vorposten. Belisar
sprang auf.
»Sie wollen ihr Verderben, die Trotzigen; wohlan, sie sollen’s haben. Auf, meine Feldherrn, zum Sturm. Wer mir zuerst unsre
Fahne auf den Wall pflanzt, dem geb’ ich ein Zehntel der Beute.«
Nach allen Seiten eilten die Anführer auseinander: Ehrgeiz und Habsucht spornten sie. Eben bog Johannes um die zerstörten
Bogen des Aquädukts, welchen Belisar durchbrochen, den Belagerten das Wasser zu entziehen, da rief ihn eine leise Stimme.
Schon dämmerte es so stark, daß er nur mit Mühe den Rufenden erkannte.
»Was willst du, Jude?« rief Johannes eilig. »Ich habe keine Zeit! Es gilt harte Arbeit! Ich muß der erste sein in der Stadt.«
»Das sollt ihr, Herr, ohne Arbeit, wenn ihr mir folgt.«
»Dir folgen? weißt du einen Weg über die Mauer, durch die Luft?«
»Nein! Aber unter der Mauer, durch die Erde. Und ich will ihn euch zeigen, wenn ihr mir tausend Solidi schenkt und ein Mädchen
zur Beute zusprecht, das ich fordre.«
Johannes blieb stehen: »Was du willst, sei dein. Wo ist der Weg?«
»Hier!« sagte Jochem und schlug mit der Hand auf die Steine.
»Wie? die Wasserleitung? woher weißt du?« –
»Ich habe sie gebaut. Ein Mann kann, gebückt, durchschleichen; es ist kein Wasser mehr drin. Eben komme ich auf diesem Wege
aus der Stadt. Die Leitung mündet in einem alten Tempelhaus an der Porta Capuana; nimm dreißig Mann und folge mir.«
Johannes sah ihn scharf an. »Und wenn du mich verrätst?«
»Ich will zwischen euren Schwertern gehen. Lüge ich, so stoßt mich nieder.«
»Warte!« rief Johannes und eilte hinweg.
Fünftes Kapitel
Bald darauf erschien Johannes wieder mit seinem Bruder Perseus und ungefähr dreißig entschlossenen armenischen Söldnern, welche
außer ihren Schwertern kurze Handbeile führten.
»Wenn wir drin sind«, sprach Johannes, »reißest du, Perseus, das Ausfallpförtchen auf, rechts von der Porta Capuana, im Augenblick,
da die andern unsre Fahne auf dem Wall entfalten. Auf dies Zeichen stürzen von außen meine Hunnen auf die Ausfallpforte. Aber
wer hütet den Turm an der Porta? Den müssen wir haben.«
»Isak, ein großer Freund der Edomiten, der muß fallen.«
»Er fällt«, sprach Johannes und zog das Schwert: »Vorwärts!«
Er war der erste, der in den Hohlgang der Wasserleitung stieg.
»Ihr beiden, Paukaris und Gubazes, nehmt den Juden in die Mitte: beim ersten Verdacht – nieder mit ihm!«
Und so, bald auf allen vieren kriechend,
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