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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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bald gebückt tastend, bei völliger Dunkelheit, rutschten und schlichen die Armenier
     ihm nach, sorgfältig jeden Lärm ihrer Waffen vermeidend: lautlos krochen sie vorwärts.
    Plötzlich rief Johannes mit halber Stimme: »Faßt den Juden! Nieder mit ihm! – Feinde! Waffen! – – Nein, laßt!« rief er rasch, »es war nur eine Schlange, die vorüberrasselte! Vorwärts.«
    »Jetzt zur Rechten!« sprach der Jude, »hier mündet die Wasserleitung in einen Tempelgang.«
    »Was liegt hier – Knochen – ein Skelett! Ich halt’s nicht länger aus! der Modergeruch erstickt mich! Hilfe!« seufzte einer
     der Männer.
    »Laßt ihn liegen! vorwärts!« befahl Johannes. »Ich sehe einen Stern.«
    »Das ist das Tageslicht in Neapolis«, sagte Jochem – »nun nur noch wenige Ellen.« –
    Johannes’ Helm stieß an die Wurzeln eines hohen Ölbaums, die sich im Atrium des Tempelhauses breit über die Mündung des Tempelgangs
     spannten. Wir kennen den Baum. Den Wurzeln ausweichend, stieß er den Helm hell klirrend an die Seitenwand: erschrocken hielt
     er an. Aber er hörte zunächst nur den heftigen Flügelschlag zahlreicher Tauben, die wild verscheucht aus den Zweigen der Olive
     flogen.
    »Was war das?« sagte über ihm eine heisere Stimme. »Wie der Wind in dem alten Gestein wühlt!«
    Es war die Witwe Arria.
    »Ach Gott«, sprach sie, sich wieder vor dem Kreuze niederwerfend: »erlöse uns von dem Übel, und laß die Stadt nicht untergehn,
     bis daß mein Jucundus wiederkommt! Wehe, wenn er ihre Spur und seine Mutter nicht mehr findet. O laß ihn wieder des Weges
     kommen, den er von mir gegangen: zeig’ ihn mir wieder, wie ich ihn diese Nacht gesehen, aufsteigend aus den Wurzeln des Baumes.«
    Und sie wandte sich nach der Höhlung.
    »O! dunkler Gang, darin mein Glück verschwunden, gib mir’s wieder heraus! Gott, führ’ ihn mir zurück auf diesem Wege.«
    Sie stand mit gefalteten Händen grade vor der Höhlung, die Augen fromm gen Himmel gewendet. Johannes stutzte.
    »Sie betet!« sagte er, »soll ich sie im Gebet erschlagen?« –
    Er hielt inne; er hoffte, sie solle sich wenden.
    »Das dauert zu lange: ich kann unserm Herrgott nicht helfen!«
    Und rasch hob er sich aus den Wurzeln heraus. Da schaute die Betende mit den halberblindeten Augen nieder; sie sah aus der
     Erde steigen eine schimmernde Mannesgestalt. Ein Strahl der Verklärung spielte um ihre Züge. Selig breitete sie die Arme aus.
     »Jucundus!« rief sie. Es war ihr letzter Hauch. Schon traf sie des Byzantiners Schwert ins Herz. Ohne Weheruf, ein Lächeln
     auf den Lippen, sank sie auf die Blumen   – Miriams Blumen. Johannes aber wandte sich und half rasch seinem Bruder Perseus, dann dem Juden und den ersten dreien seiner
     Krieger herauf.
    »Wo ist das Pförtchen?«
    »Hier links, ich gehe zu öffnen!«
    Perseus wies die Krieger an.
    »Wo ist die Treppe zum Turm!«
    »Hier rechts«, sprach Jochem – es war die Treppe, die zu Miriams Gemach führte, wie oft war Totila hier hereingeschlüpft!
     – »still! der Alte läßt sich hören.«
    Wirklich, Isak war es. Er hatte von oben Geräusch vernommen: er trat mit Fackel und Speer an die Treppe:
    »Wer ist da unten? bist du’s, Miriam, wer kommt?« fragte er.
    »Ich, Vater Isak«, antwortete Jochem, »ich wollte euch noch mal fragen« – und er stieg katzenleise eine Stufe höher.
    Aber Isak hörte Waffen klirren. »Wer ist bei dir?« rief er und trat vorleuchtend um die Ecke.
    Da sah er die Bewaffneten hinter Jochem kauern. »Verrat, Verrat!« schrie er, »stirb, Schandfleck der Hebräer!«
    Und wütend stieß er Jochem, der nicht zurück konnte, die breite Partisane in die Brust, daß dieser rücklings hinabstürzte.
    »Verrat!« schrie er noch einmal.
    Aber gleich darauf hieb ihn Johannes nieder, sprang über die Leiche hinweg, eilte auf die Zinne des Turmes und entfaltete
     die Fahne von Byzanz. Da krachten unten Beilschläge: das Pförtchen fiel, von innen eingeschlagen, hinaus, und mit gellendem
     Jauchzen jagten – schon war es ganz dunkel geworden – die Hunnen zu Tausenden in die Stadt.
    Da war alles aus. Ein Teil stürzte sich mordend in die Straßen, ein Haufe brach die nächsten Tore ein, den Brüdern draußen
     Eingang schaffend. Rasch eilte der alte Uliaris mit seinem Häuflein aus dem Castell herbei: er hoffte, die Eingedrungenen
     noch hinauszutreiben: umsonst: ein Wurfspeer schlug ihn nieder. Und um seine Leiche fielen fechtend die zweihundert treuen
     Goten, die ihn noch

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