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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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Marmortisch. Aber da kam es über ihn, plötzlich, blitzähnlich,
     was die Ärzte lang erwartet: er wankte, griff an die Brust und stürzte rücklings in die Arme Hildebrands, der, langsam niederkniend,
     ihn auf den Marmorestrich gleiten ließ, und das Haupt mit dem Kronhelm auf den Armen hielt.
    Einen Augenblick hielten alle lauschend den Atem an: aber der König regte sich nicht, und laut aufschreiend warf sich Athalarich
     über die Leiche.–

Zweites Buch
Athalarich
    »Wo wär’ die sel’ge Insel wohl zu finden?«
    Schiller, Wilhelm Tell,
    III.   Aufzug, Zweite Szene

Erstes Kapitel
    Nicht ohne Grund fürchtete und hoffte Freund und Feind in diesem Augenblick schwere Gefahren für das junge Gotenreich. Noch
     waren es nicht vierzig Jahre, daß Theoderich im Auftrag des Kaisers von Byzanz mit seinem Volk den Isonzo überschritten und
     dem tapfern Abenteurer Odovakar, welchen ein Aufstand der germanischen Söldner auf den Thron des Abendlands erhoben, Krone
     und Leben entrissen hatte.
    Alle Weisheit und Größe des Königs hatte nicht die Unsicherheit beseitigen können, welche in der Natur seiner mehr kühnen
     als besonnenen Schöpfung lag. Trotz der Milde seiner Regierung fühlten die Italier – und wir wollen uns hüten, solche Gesinnung
     zu verdammen – aufs tiefste die Schmach der Fremdherrschaft. Und diese Fremden waren als Barbaren und Ketzer doppelt verhaßt.
    Nach der Auffassung jener Zeit galten das weströmische und das oströmische Reich als eine unteilbare Einheit, und nachdem
     die Kaiserwürde im Occident erloschen, erschien der oströmische Kaiser als der einzige rechtmäßige Herr des Abendlands. Nach
     Byzanz also waren die Augen aller römischen Patrioten, aller rechtgläubigen Katholiken von Italien gerichtet: von Byzanz erhofften
     sie Befreiung aus dem Joche der Ketzer, der Barbaren, Tyrannen. Und Byzanz hatte Macht und Neigung, diese Hoffnung zu erfüllen.
     Waren auch die Untertanen des Imperators nicht mehr die Römer Cäsars oder Trajans: noch gebot das Ostreich über eine sehr
     ansehnliche, den Goten durchalle Mittel der Kultur und eines langbestehenden Staatswesens unendlich überlegene Macht. Und an der Lust, diese Überlegenheit
     zur Vernichtung des Barbarenreiches zu gebrauchen, konnte es nicht fehlen, da das Verhältnis beider Staaten von vornherein
     auf Überlistung, Mißtrauen und geheimen Haß gegründet war.
    Vor ihrem Abzug nach Italien hatte die Goten, in den Donauländern angesiedelt, an Byzanz ein für beide Teile unerfreuliches
     Bundesverhältnis geknüpft, welches infolge des Ehrgeizes ihrer Könige und der Treulosigkeit der Kaiser fast alle paar Jahre
     in offnen Krieg zwischen den ungleichartigen Verbündeten umschlug: wiederholt hatte Theoderich, obwohl in Zeiten der Aussöhnung
     mit den höchsten Ehren des Reiches, mit den Titeln Konsul, Patricius, Adoptivsohn des Kaisers ausgezeichnet, seine Waffen
     bis vor die Tore der Kaiserstadt getragen. Um diesen steten Reibungen ein Ende zu machen, hatte Kaiser Zeno, ein feiner Diplomat,
     das echt byzantinische Auskunftsmittel getroffen, den lästigen Gotenkönig mit seinem Volk dadurch aus der gefährlichen Nachbarschaft
     zu entfernen, daß er ihm als ein Danaergeschenk Italien übertrug, welches erst dem eisernen Arm des Helden Odovakar entrissen
     werden mußte.
    In der Tat, wie immer der Kampf zwischen den beiden deutschen Fürsten enden mochte: Byzanz mußte immer gewinnen. Siegte Odovakar,
     so waren die Goten und ihr furchtbarer König, welchen man schöne Provinzen und schwere Jahrgelder hatte überlassen müssen,
     für immer beseitigt. Siegte Theoderich, nun, so war ein Anmaßer, den man zu Byzanz niemals anerkannt hatte, gestürzt und gestraft:
     und da Theoderich im Namen und Auftrag des Kaisers siegen und als Statthalter herrschen sollte, durch eine ruhmvolle Eroberung
     das Abendland wieder mit dem Ostreich vereinigt.
    Aber der Ausgang des feinen Planes war doch nicht der erwünschte. Denn als Theoderich gesiegt und sein Reich in Italien gegründet
     hatte, entfaltete sich alsbald die ganze Großartigkeit seines Geistes und erwarb ihm eine Stellung, in welcher, bei aller
     Höflichkeit in den Formen, doch jede Abhängigkeit von Byzanz völlig verschwand. Nur wo es ihm diente, so, um dieAbneigung der Italier zu schwächen, berief er sich formell auf jenen Auftrag des Kaisers: in Wahrheit aber herrschte er auch
     über die Italier wie über seine Goten nicht als Statthalter und im Namen des

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