Ein Kampf um Rom
sprach er ganz leise zu ihm
– »will es versagen, flüstre dem Roß meinen Namen ins Ohr. – Wer wird Neapolis hüten? Der Herzog Thulun war zu rauh.– Das
fröhliche Volk dort unten muß durch fröhliche Mienen gewonnen werden.«
»Der junge Totila wird dort die Hafenwache übernehmen«, sprach Cassiodor.
»Totila! Ein sonniger Knabe! Ein Siegfried, ein Götterliebling! Ihm können die Herzen nicht widerstehen. Aber freilich! Die
Herzen dieser Welschen!« Er seufzte und fuhr fort: »Wer versichert uns Roms und des Senats?«
»Cethegus Cäsarius«, sagte Cassiodor mit einer Handbewegung, »dieser edle Römer.«
»Cethegus? Ich kenne ihn wohl. Sieh mich an, Cethegus.«
Ungern erhob der Angeredete die Augen, die er vor dem großen Blick des Königs rasch niedergeschlagen. Doch hielt er jetzt
das Adlerauge, das seine Seele durchdrang, ruhig aus, mit dem Aufgebot aller Kraft.
»Es war krank, Cethegus, daß ein Mann von deiner Art sich so lang vom Staat ferngehalten. Und von uns. Oder es war gefährlich.
Vielleicht ist es noch gefährlicher, daß du dich – jetzt – dem Staat zuwendest.«
»Nicht mein Wunsch, o König.«
»Ich bürge für ihn«, rief Cassiodor.
»Still, Freund! Auf Erden mag keiner für den andern bürgen! – Kaum für sich selbst! – Aber«, fuhr er forschenden Blickes fort,
»an die Griechlein wird dieser stolze Kopf – dieser Cäsarenkopf – Italien nicht verraten.«
Noch einen scharfen Blick aus den goldnen Adleraugen mußte Cethegus tragen. Dann ergriff der König plötzlich den Arm des nur
mit Mühe noch fest in sich geschlossnen Mannes und flüsterte ihm zu: »Höre, was ich dir warnend weissage. Es wird kein Römer
mehr gedeihen auf dem Thron des Abendlands. Still, kein Widerwort. Ich habe dich gewarnt.– – Was lärmt da draußen?« fragte
er, rasch sich wendend, seine Tochter, welche einem meldenden Römer leisen Bescheid erteilte.
»Nichts, mein König, nichts von Bedeutung, mein Vater!«
»Wie? Geheimnisse vor mir? Bei meiner Krone! Wollt ihr schon herrschen, solang ich noch atme? Ich vernahm den Laut fremder
Zungen da draußen. Auf die Türen!«
Die Pforte, welche die äußere Halle mit dem Vorzimmer verband, öffnete sich. Da zeigten sich unter zahlreichen Gotenund Römern kleine, fremd aussehende Gestalten, in seltsamer Tracht, mit Wämsern aus Wolfsfell, mit spitz zulaufenden Mützen
und langen zottigen Schafspelzen, die über ihren Rücken hingen. Überrascht und bewältigt von dem plötzlichen Anblick des Königs,
der hochaufgerichtet auf sie zuschritt, sanken die Fremden wie vom Blitz getroffen auf die Knie.
»Ah, Gesandte der Avaren. Das räuberische Grenzgesindel an unsern Ostmarken! Habt ihr den schuldigen Jahrestribut?«
»Herr, wir bringen ihn noch für diesmal – Pelzwerk,– wollne Teppiche,– Schwerter,– Schilde.– Da hängen sie,– dort liegen sie.
Aber wir hoffen, daß für nächstes Jahr – wir wollten sehn –«
»Ihr wolltet sehen, ob der greise Dieterich von Bern nicht altersschwach geworden? Ihr hofftet, ich sei tot? Und meinem Nachfolger
könntet ihr die Schatzung weigern? Ihr irrt, Spione!«
Und er ergriff wie prüfend eines der Schwerter, welche die Gesandten vor ihm ausgebreitet, samt der Scheide, nahm es mit zwei
Händen fest an Griff und Spitze – ein Druck, und in zwei Stücken warf er ihnen das Eisen vor die Füße.
»Schlechte Schwerter führen die Avaren«, sagte er ruhig. »Und nun komm, Athalarich, meines Reiches Erbe. Sie wollen dir nicht
glauben, daß du meine Krone tragen kannst: Zeig ihnen, wie du meinen Speer führest.«
Der Jüngling flog herbei. Die Gluthitze des Ehrgeizes zuckte über sein bleiches Antlitz. Er ergriff den schweren Speer seines
Großvaters und schleuderte ihn mit solcher Kraft auf einen der Schilde, welche die Gesandten an die Holzpfeiler der Halle
gelehnt, daß er ihn sausend durchbohrte und die Spitze noch tief in das Holzwerk drang.
Stolz legte der König die Linke auf das Haupt seines Enkels und rief den Gesandten zu: »Jetzt geht, daheim zu melden, was
ihr hier gesehen.«
Er wandte sich, die Pforten fielen zu und schlossen die staunenden Avaren aus.
»Gebt mir einen Becher Wein.– Leicht den letzten! Nein, ungemischten! Nach Germanen Art!« – und er wies den griechischenArzt zurück – »Dank, alter Hildebrand, für diesen Trunk, so treu gereicht. Ich trinke der Goten Heil.«
Er leerte langsam den Pokal. Und er setzte ihn noch fest auf den
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