Ein Kampf um Rom
wenigen Minuten hatte er den Rand der Hügel erreicht und übersah das Talgefild vor ihm.
»Hildebad – den linken Flügel! Du, Totila, brichst mit deinen Reitern hier im Mitteltreffen, die Straße herunter, vor. Ich
halte rechts seitab der Straße, bereit, dir zu folgen oder dich zu decken.«
»Das wird’s nicht brauchen«, sagte Totila, sein Schwert ziehend. »Ich bürge dir, sie halten meinen Ritt diesen Hügel herab
nicht auf.«
»Wir werfen die Feinde in ihr Lager zurück, nehmen das Lager, werfen sie in den Bach, der dicht hinter dem Lager glänzt: was
übrig ist, können eure Reiter, Totila und Teja, über die Ebene jagen bis Rom.«
»Ja, wenn wir erst den Paß gewonnen haben, dort in den Waldhügeln, hinter dem Fluß«, sagte Teja, mit dem Schwert hinüberdeutend.
»Er ist noch unbesetzt, scheint’s: ihr müßt ihn mit den Flüchtigen zugleich erreichen.«
Da ritt der Bannerträger, Graf Wisand von Vulsinii, der Bandalarius des Heers, an den König heran.
»Herr König, ihr habt mir eine Bitte zu erfüllen zugesagt.«
»Ja, weil du bei Salona den Magister Militum für Illyrien, Mundus, und seinen Sohn vom Roß gestochen.«
»Ich habe es nun einmal auf die Magistri Militum. Ich möchte denselben Speer auch an Belisar erproben. Nimm mir, nur für heute,
das Banner ab, und laß mich den Magister Belisar aufsuchen. Sein Roß, der Rotscheck Balion oder Balian, wird so sehr gerühmt:
und mein Hengst wird steif. Und du kennst das alte gotische Reiterrecht: Wirf den Reiter, und nimm sein Roß.«
»Gut gotisch Recht!« raunte der alte Hildebrand.
»Ich muß die Bitte gewähren«, sprach Witichis, das Banner aus der Hand Wisands nehmend. Dieser sprengte eilig hinweg.
»Guntharis ist nicht zur Stelle, so trage du es heute, Totila.«
»Herr König«, entgegnete dieser, »ich kann’s nicht tragen, wenn ich meinen Reitern den Weg in die Feinde zeigen soll.«
Witichis winkte Teja.
»Vergib«, sagte dieser: »heut denk’ ich beide Arme sehr zu brauchen.«
»Nun, Hildebad.«
»Danke für die Ehre: ich hab’s nicht schlechter vor als die andern!«
»Wie«, sagte Witichis, fast zürnend, »muß ich mein eigner Bannerträger sein, will keiner meiner Freunde mein Vertrauen ehren?«
»So gib mir die Fahne Theoderichs«, sprach der alte Hildebrand, den mächtigen Schaft ergreifend. »Mich lüstet weitern Kampfes
nicht so sehr. Aber mich freut’s, wie die Jungen nach Ruhme dürsten. Gib mir das Banner, ich will’s heute wahren wie vor vierzig
Sommern.«
Und er ritt sofort an des Königs rechte Seite.
»Der Feinde Fußvolk rückt den Berg hinan«, sprach Witichis, sich im Sattel hebend.
»Es sind Hunnen und Armenier«, sagte Teja, mit seinem Falkenauge spähend, »ich erkenne die hohen Schilde!«
Und den Rappen vorwärtsspornend, rief er: »Ambazuch führt sie, der eidbrüchige Brandmörder von Petra.«
»Vorwärts, Totila«, sprach der König, »und aus diesen Scharen – – keine Gefangnen.«
Rasch sprengte Totila zu seinen Reitern, welche hart an der Mündung der aufsteigenden Straße auf der Höhe aufgestellt waren.
Mit scharfem Blick musterte er die Bewaffnung der Armenier, welche in tiefen Kolonnen langsam bergauf rückten. Sie trugen
schwere, mannshohe Schilde und kurze Speere zu Stoß und Wurf. »Sie dürfen nicht zum Werfen kommen«, rief er seinen Reitern
zu.
Er ließ sie die leichten Schilde auf den Rücken werfen und befahl, im Augenblick des Anpralls die langen Lanzen, statt, wie
üblich, in der Rechten, in der Linken, der Zügelhand, zu führen, den Zügel einfach um das Handgelenk geschlungen und über
die Mähne weg die Lanze aus der rechten in die linke Faust werfend. Dadurch trafen sie auf die rechte, vom Schild nicht gedeckte
Seite der Feinde.
»Sowie der Stoß angeprallt – sie werden ihm nicht stehen –, werft die Lanze im Armriem zurück, zieht das Schwert und haut nieder, was noch steht.«
Er stellte sie nun, die Kolonne der Feinde rechts und links überflügelnd, auf beiden Seiten neben der Straße auf. Er selbst
führte den Keil auf der Straße. Er beschloß, den Feind die Hälfte des Hügels herankommen zu lassen. Mit atemloser Spannung
sahen beide Heere dem Zusammenstoß entgegen. Ruhig rückte Ambazuch, ein erprobter Soldat, vorwärts.
»Laßt sie nur dicht heran, Leute«, sagte er, »bis ihr das Schnauben der Rosse im Gesicht spürt. Dann, und nicht eher, werft:
und zielt mir tief, auf die Brust der Pferde, und zieht das Schwert.
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