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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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Plätzen, den einsam schweigenden Basiliken nicht minder melancholisch anhaucht als draußen,
     vor den Mauern der Stadt, wo sich weithin die öde Sumpflandschaft der Padusniederungen dehnt, bis sie in den Schlamm des weitzurückgetretenen
     Meeres auslaufen.
    Wo einst in der Hafenstadt Classis zu Wasser und zu Lande geschäft’ges Leben wogte, wo die stolzen Triremen der kaiserlichen
     Ravenna-Flotte tiefschaukelnd sich wiegten, da liegen jetzt sumpfige Wiesen, in deren hohem Schilf und Riedgras verwilderte
     Büffel grasen; versumpft die Straßen, versandet der Hafen, verschollen das Volk, das hier freudig geherrscht – nur ein riesiger
     runder Turm aus der Gotenzeit steht noch neben der allein erhaltnen, einsamen Basilika San Apollinare in Classe fuori, welche,
     von Witichis begonnen, von Justinian vollendet, nun eine Stunde fern von aller Menschenwohnung auf der sumpfigen Ebne trauernd
     ragt.
    Die starke Seefestung galt damals für uneinnehmbar: darum hatten sie seit dem Sinken ihrer Macht die Kaiser zur Residenzgewählt. Die Südostseite deckte das damals noch bis an und in ihre und der Hafenstadt Mauern spülende Meer. Und um alle drei
     Landseiten hatten Natur und Kunst ein labyrinthisches Netz von Kanälen, Gräben und Sümpfen des vielarmigen Padus gesponnen,
     in welchem sich der Belagerer rettungslos verstricken mußte. Und diese Mauern! noch jetzt erfüllen ihre gewaltigen Reste mit
     Staunen; ihre kolossale Dicke und – weniger ihre Höhe als – die Anzahl von starken Rundtürmen, welche von ihren Zinnen noch
     heute (1863) aufsteigen, trotzten vor der Erfindung der Feuerwaffe jedem Sturm, jedem gewaltsamen Angriff.
    Nur durch Aushungerung hatte nach fast vierjährigem Widerstand der große Theoderich diese letzte Zuflucht Odovakars bezwungen.
     Vergebens hatte Belisar versucht, gleich nach seiner Ankunft die Stadt mit Sturm zu nehmen. Kräftig ward sein Angriff abgewiesen,
     und die Belagerer mußten sich begnügen, die Festung enge zu umschließen und, wie einst der Gotenkönig, durch Mangel zur Übergabe
     zu nötigen. Dem aber konnte Witichis getrost entgegensehn. Denn er hatte mit der Vorsicht, die ihm eigen, in diesem seinem
     Hauptbollwerk, schon vor dem Aufbruch nach Rom, Vorräte aller Art, namentlich aber Getreide, in außerordentlicher Menge in
     besonders von ihm (mit Benutzung und in den Räumen des ungeheuren Marmorcircus des Theodosius) erbauten Kornspeichern von
     Holzgezimmer aufgehäuft. Diese ausgedehnten Holzbauten, grade gegenüber dem Palast und der Basilika Sancti Apollinaris, waren
     des Königs Stolz, Freude und Trost.
    Nur weniges von diesen Nahrungsmitteln hatte man durch das von den Feinden durchstreifte Land nach dem Lager vor Rom führen
     können: und bei einiger Sparsamkeit reichten diese Magazine ohne Zweifel für die Bevölkerung und das nicht mehr zahlreiche
     Heer leicht noch zwei und drei Monate aus. Bis dahin aber war das Eintreffen eines fränkischen Hilfsheeres infolge der aufs
     neue angeknüpften Verhandlungen sicher zu erwarten. Und dieser Entsatz mußte notwendig die Aufhebung der Belagerung herbeiführen.
     Dies wußten oder ahnten doch Belisar und Cethegus so gut wie Witichis: und rastlos spähten sienach allen Seiten, ein Mittel zu finden, den Fall der Stadt zu beschleunigen.
    Der Präfect suchte natürlich vor allem seine geheime Verbindung mit der Gotenkönigin zu diesem Zwecke zu benutzen. Aber einmal
     war der Verkehr mit derselben jetzt sehr erschwert, da die Goten alle Ausgänge der Stadt sorgfältig überwachten. Und dann
     schien auch Mataswintha wesentlich verändert und keineswegs mehr so bereit und willfährig, sich als Werkzeug gebrauchen zu
     lassen, wie ehedem. Sie hatte eine rasche Vernichtung oder Demütigung des Königs erwartet. Das lange Hinzögern ermüdete sie:
     und zugleich hatten die großen Leiden ihres Volkes in Kampf und Hunger und Krankheit angefangen, sie zu erschüttern. Dazu
     kam endlich, daß die traurige Verwandlung in dem sonst so kräftigen und gesundfreudigen Wesen des Königs, der stille, aber
     tiefe und finstre Gram, der über seiner Seele lag, mächtig an ihrem Herzen rüttelte.
    Wenn sie auch mit der ganzen Ungerechtigkeit des Schmerzes, mit dem bittern Stolz gekränkter Liebe ihn verklagte, daß er ihr
     Herz verworfen und doch, um der Krone willen, mit Gewalt ihre Hand erzwungen hatte, und wenn sie ihn dafür auch mit der ganzen
     leidenschaftlichen Glut ihres Wesens zu hassen glaubte und zum Teil auch

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