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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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offenbar alles vernommen: jetzt, eifrig Antoninen winkend,
     trat er an den Eingang und zog die Vorhänge zu. Antoninadankte ihm mit einem Blicke. Sie trat wieder zu ihrem Gatten: aber dieser hatte sich jetzt neben dem Zeltbett auf die Erde
     geworfen, schlug die geballten Fäuste gegen seine Brust und stammelte:
    »O Justinianus, hab’ ich das um dich verdient? O zu viel, zu viel!«
    Und plötzlich brach der gewalt’ge Mann in einen Strom von hellen Tränen aus. Da wandte sich Cethegus verächtlich ab: »Leb
     wohl«, sagte er leise zu Prokopius, »mich ekelt es, wenn Männer heulen.«

Achtzehntes Kapitel
    In schweren Gedanken schritt der Präfect aus dem Zelt und ging, das Lager umwandelnd, nach der ziemlich entlegnen Verschanzung,
     wo er mit seinen Isauriern sich eingegraben hatte vor dem Tor des Honorius. Es war auf der Südseite der Stadt, nahe dem Hafenwall
     von Classis, und der Weg führte zum Teil am Meeresstrand entlang. So sehr den einsamen Wanderer in diesem Augenblick der große
     Gedanke, der der Pulsschlag seines Lebens geworden war, beschäftigte, so schwer die Unberechenbarkeit Belisars, dieses gefühlsüberschwenglichen
     Gemütsmenschen, und die Spannung wegen der Antwort der Franken gerade jetzt auf ihm lastete,– doch ward seine Aufmerksamkeit,
     wenn auch nur vorübergehend, auf den außergewöhnlichen Charakter der Landschaft, des Himmels, der See, der ganzen Natur abgezogen.
    Es war Oktober – aber die Jahreszeit schien seit langen Wochen ihr Gesetz geändert zu haben. Seit zwei Monden fast hatte es
     nicht geregnet: ja, kein Gewölk, kein Streif von Nebel hatte sich in dieser sonst so dünstereichen Sumpflandschaft gezeigt.
     Jetzt plötzlich – es war gegen Sonnenuntergang – bemerkte Cethegus im Osten, über dem Meere, am fernsten Horizont, eine einzelne
     rundgeballte, rabenschwarze Wolke, die seit kurzem aufgestiegen sein mußte.
    Die untertauchende Sonnenscheibe, obwohl frei von Nebeln,zeigte keine Strahlen. Kein Lufthauch kräuselte die bleierne Flut des Meeres. Keine noch so leise Welle spielte an den Strand.
     In der weitgestreckten Ebene regte sich kein Blatt an den Olivenbäumen. Ja, nicht einmal das schwankende Schilf in den Sumpfgräben
     bebte. Kein Laut eines Tieres, kein Vogelflug war vernehmbar: und ein fremdartiger, erstickender Qualm, wie Schwefel, schien
     drückend über Land und Meer zu liegen und hemmte das Atmen. Maultiere und Pferde schlugen unruhig gegen die Bretter der Planken,
     an welchen sie im Lager angebunden waren.– Einige Kamele und Dromedare, welche Belisar aus Afrika mitgebracht, wühlten den
     Kopf in den Sand.– Schwerbeklommen atmete der Wanderer mehrmals auf und blickte befremdet um sich.
    »Das ist schwül: wie vor dem ›Wind des Todes‹ in den Wüsten Ägyptens«, sagte er zu sich selber.– »Schwül überall – außen und
     innen – Auf wen wird sich der lang versparte Groll der Natur und Leidenschaft entladen?«
    Damit trat er in sein Zelt.
    Syphax sprach zu ihm: »Herr, wär’ ich daheim, ich glaubte heute: der Gifthauch des Wüstengottes sei im Anzug«, und er reichte
     ihm einen Brief.
    Es war die Antwort des Frankenkönigs! Hastig riß Cethegus das große, prunkende Siegel auf. »Wer hat ihn gebracht?«
    »Ein Gesandter, der, nachdem er den Präfecten nicht getroffen, sich zu Belisar hatte führen lassen. Er hatte den nächsten
     Weg – den durchs Lager – verlangt.«
    Deshalb hatte ihn Cethegus verfehlt. Er las begierig:
    »Theudebald, der König der Franken,
    Cethegus, dem Präfecten Roms.
    Kluge Worte hast du uns geschrieben. Noch klügere nicht der Schrift vertraut, sondern uns durch unsern Majordomus kundgetan.
     Wir sind nicht übel geneigt, danach zu tun. Wir nehmen deinen Rat und die Geschenke, die ihn begleiten, an. Den Bund mit den
     Goten hat ihr Unglück gelöst. Dies, nicht unsern Rücktritt, mögen sie verklagen. Wen der Himmel verläßt, von dem sollen auch
     die Menschen lassen, wenn sie fromm und klug. Zwar haben sie uns den Sold für das Hilfsheer in mehrerenZentenaren Goldes vorausbezahlt. Allein das bildet in unsern Augen kein Hindernis.
    Wir behalten diese Schätze als Pfand, bis sie uns die Städte in Südgallien abgetreten, welche in die von Gott und der Natur
     dem Reich der Franken vorgezeichnete Gebietsgrenze fallen. Da wir aber den Feldzug bereits vorbereitet und unser tapferes
     Heer, das schon den Kampf erwartet, nur mit gefährlichem Murren die Langeweile des Friedens tragen würde, sind wir

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