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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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Bald suchte er
     im selbstquälerischen Grübeln jene, seine geheime Schuld zu entdecken. Bald sann er nach, wie er den ihn verfolgenden Fluch
     wenigstens von seinem Volke wenden könne. Längst hätte er die Krone einem andern abgetreten, wenn ein solcher Schritt in diesem
     Augenblick nicht ihm und andern als Feigheit hätte erscheinen müssen. So war ihm auch dieserAusweg – der nächste und liebste – aus seinen quälenden Gedanken verschlossen.
    Gebeugt saß jetzt oft der sonst so stattliche Mann, blickte lange starr und schweigend vor sich hin, nur manchmal das Haupt
     schüttelnd oder tief aufseufzend. Der tägliche Anblick dieses stillen, stolzen Leidens, dieses stummen und hilflosen Erduldens
     eines niederdrückenden Geschickes blieb, wie wir gesehen, nicht ohne Eindruck auf Mataswintha. Auch glaubte sie sich nicht
     darin getäuscht zu haben, daß seit geraumer Zeit sein Auge milder als sonst, mit Wehmut, ja mit Wohlwollen auf ihr geruht
     habe. Und so drängte sie teils uneingestandne Hoffnung, welche so schwer erlischt im liebenden Herzen, teils Reue und Mitleid
     mächtiger als je zu dem leidenden König.
    Oft wurden sie jetzt auch durch ein gemeinsames Werk der Barmherzigkeit vereint. Die Bevölkerung von Ravenna hatte in den
     letzten Wochen angefangen, während die Belagrer von Ancona aus das Meer beherrschten und aus Calabrien und Sicilien reiche
     Vorräte bezogen, Mangel zu leiden. Nur die Reichen vermochten noch, die hohen Preise des Getreides zu bezahlen. Des Königs
     mildes Herz nahm keinen Anstand, aus dem Überfluß seiner Magazine, welche, wie gesagt, die doppelte Zeit bis zu dem Eintreffen
     der Franken auszureichen versprachen, auch an die Armen der Stadt wohltätige Verteilungen zu machen, wenn er seine gotischen
     Tausendschaften versorgte: auch hoffte er auf eine große Menge von Getreideschiffen, welche die Goten in den oberen Padusgegenden
     auf diesem Flusse zusammengebracht hatten und in die Stadt zu schaffen trachteten. Um aber jeden Mißbrauch und alles Übermaß
     bei jenen Spenden fernzuhalten, überwachte der König selbst diese Austeilungen: und Mataswintha, welche ihn einmal mitten
     unter den bettelnden und dankenden Haufen angetroffen, hatte sich neben ihn auf die Marmorstufen der Basilika von Sanct Apollinaris
     gestellt und ihm geholfen, die Körbe mit Brot verteilen.
    Es war ein schöner Anblick, wie das Paar, er zur Rechten, die Königin zur Linken, vor der Kirchenpforte stand und über die
     Stufen hinab dem segenrufenden Volk die Spende reichte. Während sie so standen, bemerkte Mataswintha unter der drängenden,flutenden Volksmasse,– denn es war viel Landvolk ja auch von allen Seiten vor den Schrecken des Krieges in die rettenden Mauern
     zusammengeströmt,– auf der untersten Stufe der Basilika seitwärts ein Weib in schlichtem, braunem, halb über den Kopf gezognem
     Mantel. Dies Weib drängte nicht mit den andern die Stufen hinan, um auch Brot für sich zu fordern: sondern lehnte, vorgebeugt,
     den Kopf auf die linke Hand und diesen Arm auf einen hohen Sarkophag gestützt, hinter der Ecksäule der Basilika, und blickte
     scharf und unverwandt auf die Königin. Mataswintha glaubte, das Weib sei etwa von Furcht oder Scham oder Stolz abgehalten,
     sich unter die keckern Bettler zu drängen, welche auf den Stufen sich stießen und drängten: und sie reichte Aspa einen besondern
     Korb mit Brot, hinabzugehn und ihn der Frau zu reichen. Sorglich bemüht häufte sie mit mildem Blick und mit den beiden weißen
     Händen tätig das duftende Gebäck.–
    Als sie aufsah, begegnete sie dem Auge des Königs, welches, sanft und freundlich gerührt, wie noch nie, auf ihr geruht hatte.–
    Heiß schoß ihr das Blut in die Wangen, und sie zuckte leise und senkte die schönen Wimpern. Als sie wieder aufsah und nach
     dem Weib im braunen Mantel blickte, war diese verschwunden. Der Platz am Sarkophag war leer. Sie hatte, während sie den Korb
     füllte, nicht bemerkt, wie ein Mann mit einem Büffelfell und einer Sturmhaube, der hinter der Frau stand, sie beim Arme gefaßt
     und mit sanfter Gewalt hinweggeführt hatte.
    »Komm«, hatte er gesagt, »hier ist kein guter Ort für dich.«
    Und wie im wachen Traum hatte das Weib geantwortet:
    »Bei Gott, sie ist wunderschön.«
    »Ich danke dir, Mataswintha!« sprach der König freundlich, als die für heute bestimmten Spenden verteilt waren.
    Der Blick, der Ton, das Wort drangen tief in ihr Herz. Nie hatte er sie bisher bei ihrem

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