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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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in schweigender Ruhe. Die ungestüm zur Eile, zur Erfüllung der versprochnen und vorausbezahlten
     Leistungen mahnenden Boten des Königs wurden zu Mettis, Aurelianum und Paris festgehalten: keinerlei Antwort kam von diesen
     Höfen. Der Langobardenkönig Audoin aber ließ sagen: er wolle nichts entscheiden ohne seinen kriegsgewaltigen Sohn Alboin.
     Dieser jedoch sei mit großem Gefolge auf Abenteuer ausgezogen. Vielleicht komme derselbe selbst einmal nach Italien – er sei
     mit Narses engbefreundet. Dann werde er das Land sich ansehn undseinem Vater und Volke raten, welche Beschlüsse sie über dies Land Italia fassen sollten.
    Tapfer widerstand zwar noch das wichtige Auximum monatelang allen Anstrengungen des starken Belagerungsheeres, welches Belisar
     selbst, begleitet von Prokop, vor die Mauern geführt hatte und während der Einschließung befehligte. Aber es zerriß dem König
     das Herz, als ihm durch einen Boten (der nur mit Mühe und verwundet sich durch die Reihen beider einschließenden Heere in
     das drei Tagreisen entfernte Ravenna schlich) der heldenmütige Graf Wisand, der Bandalarius, die folgenden Worte sandte:
    »Als du mir Auximum anvertrautest, sagtest du: ich sollte damit die Schlüssel Ravennas, ja des Gotenreiches hüten. Ich sollte
     männlich widerstehen, dann würdest du bald mit all deinem Heer zu unsrem Entsatz heranziehen. Wir haben männlich widerstanden
     Belisar und dem Hunger. Wo bleibt dein Entsatz? Wehe, wenn du recht gesprochen und mit unsrer Veste jene Schlüssel in der
     Feinde Hände fallen. Deshalb komm und hilf – mehr um des Reichs, als unsrer willen.«
    Diesem Boten folgte bald ein zweiter, ein mit vielem Golde bestochner Soldat der Belagerer, Burcentius: sein Auftrag lautete
     – mit Blut war der kurze Brief geschrieben: »Wir haben nur mehr das Unkraut zu essen, das aus den Steinen wächst. Länger als
     fünf Tage können wir uns nicht mehr halten.«
    Der Bote fiel auf der Rückkehr mit der Antwort des Königs in die Hand der Belagerer, welche ihn im Angesicht der Goten vor
     den Wällen von Auximum lebendig verbrannten. Ach, und der König konnte nicht helfen! Noch immer widerstand das Häuflein Goten
     in Auximum, obwohl ihnen Belisar durch Zerstörung der Wasserleitung das Wasser abschnitt und den letzten Brunnen, der ihnen
     geblieben und nicht abzugraben war, durch Leichen von Menschen und Tieren und Kalklösungen vergiftete. Sturmangriffe schlug
     Wisand immer noch blutig ab: nur durch Aufopferung eines Leibwächters entging einmal Belisar hierbei dem ganz nahen Tode.
     Endlich fiel zuerst Caesena, die letzte gotische Stadt in der Aemilia, und dann Fäsulä, welches Cyprianus und Justinus belagerten.
    »Mein Fäsulä!« rief der König, als er es erfuhr – denn er war Graf dieser Stadt gewesen, und dicht dabei lag das Haus, das
     er mit Rauthgundis bewohnt hatte. »Die Hunnen hausen wohl an meinem zerstörten Herd!«
    Als aber die gefangne Besatzung von Fäsulä den Belagerten in Auximum in Ketten vor Augen geführt und von diesen Gefangnen
     selbst jeder Entsatz von Ravenna her als hoffnungslos bezeichnet wurde, da nötigten den Bandalarius seine verhungerten Scharen
     zur Übergabe. Er selbst bedang sich freies Geleit nach Ravenna aus. Seine Tausendschaften wurden gefangen aus Italien geführt.
    Ja, so tief gesunken war Mut und Volksgefühl der endlich Bezwungnen, daß sie unter Graf Sisifrid von Sarsina gegen die eignen
     Volksgenossen Dienste nahmen unter Belisars Fahnen. Der Sieger hatte Auximum stark besetzt und alsbald die bisherigen Belagerer
     dieser Veste zurückgeführt in das Lager vor Ravenna, wo er Cethegus den bisher anvertrauten Oberbefehl wieder abnahm. Es war,
     als ob ein Fluch an dem Haupte des Gotenkönigs hafte, auf dem so schwer die Krone lastete.
    Da er nun den Grund seines Mißlingens keiner Schwäche, keinem Versehn auf seiner Seite zuschreiben, da er ebensowenig an dem
     guten Recht der Goten gegen die Byzantiner zweifeln, und da seine einfache Gottesfurcht in diesem Ausgang nichts andres als
     das Walten des Himmels erblicken konnte, so kam er auf den quälenden Gedanken, es sei um seiner unvergebnen Sündenschuld willen,
     daß Gott die Goten züchtige: eine Vorstellung, welche die Anschauungen des die Zeit beherrschenden alten Testaments ihm nicht
     minder nahelegten als viele Züge der alten germanischen Königssage.
    Diese Gedanken verfolgten unablässig den tüchtigen Mann und nagten Tag und Nacht an der Kraft seiner Seele.

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