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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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verdorrte Rebenzweig über seiner
     Tür zeigte, in seinem Hause selbst von seinem Gewächs. Er blickte nach dem drohenden Wettergewölk.
    »Ich wollte, es käme Regen«, seufzte er. »Kommt nicht Regen, so kommt Hagel und zerschlägt vollends, was an Wachstum draußen
     die Rosse der Feinde noch nicht zerstampft haben.«
    »Nennst du die Truppen unsres Kaisers Feinde?« flüsterte sein Sohn, ein römischer Patriot. Aber leise. Denn eben bog um die
     Ecke eine gotische Runde.
    »Ich wollte, der Orcus verschlänge sie alle miteinander, Griechen und Barbaren! Die Goten haben wenigstens immer Durst.Siehst du, da kommt der lange Hildebadus, der ist der Durstigsten einer. Sollte mich wundern, wenn er heute nicht trinken
     wollte, da die Steine bersten möchten vor Trockenheit.«
    Hildebad hatte die nächste Wache abgelöst und schlenderte nun langsam heran, den Helm im linken Arm, die lange Lanze lässig
     über der Schulter. Er schritt an der Weinschenke vorbei, zu großem Befremden ihres Herrn, bog in die nächste Seitengasse und
     stand bald vor einem hohen und dicken Rundturm,– er hieß der Turm des Aëtius   –, in dessen Schatten oben auf dem Walle ein schöner, junger Gote auf und nieder schritt. Lange, hellblonde Locken rieselten
     auf seine Schultern: und das zarte Weiß und Rot seines Gesichts, wie die milden blauen Augen gaben ihm ein fast mädchenhaftes
     Ansehn.
    »He, Fridugern«, rief ihm Hildebad hinauf, »huiweh! Blitzjunge, hältst du’s noch immer aus auf diesem Bratrost da oben? Und
     mit Schild und Panzer – uf!«
    »Ich habe die Wache, Hildebad!« sagte der Jüngling sanft.
    »Ach, was Wache! Glaubst du, bei dieser Schmelzofenhitze wird Belisar stürmen? Ich sage dir, der ist froh, wenn er Luft hat,
     und verlangt heute kein Blut. Komm mit, ich kam dich zu holen – der dicke Ravennate auf dem Herculesplatz hat alten Wein und
     junge Töchter – laß uns beide zu Munde führen.«
    Der junge Gote schüttelte die langen Locken, und seine Stirn faltete sich.
    »Ich habe Dienst und keinen Sinn für Mädchen. Durst habe ich freilich:– schicke mir einen Becher Wein herauf.«
    »Ach, richtig, bei Freia, Venus und Maria! du hast ja eine Braut über den Bergen am Danubius! Und du glaubst, die merkt es
     gleich, und die Treue sei gebrochen, wenn du hier einer Römerdirne in die Kohlenaugen guckst. O lieber Freund, bist du noch
     jung! Nun, nun, nichts für ungut. Mir kann’s ja recht sein. Bist sonst ein guter Gesell und wirst schon noch älter werden.
     Ich schicke dir vom roten Massiker heraus – da kannst du dann allein Allgunthens Minne trinken.«
    Und er wandte sich und war rasch in der Schenke verschwunden.
    Bald brachte ein Sklave dem jungen Goten einen BecherWein; dieser flüsterte: »All Heil, Allgunthis!« und leerte ihn auf einen Zug. Dann nahm er die Lanze wieder auf die Schulter
     und ging auf der Mauer auf und nieder, langsamen Schrittes.
    »Von ihr sinnen und träumen darf ich wenigstens«, sagte er, »das wehrt kein Dienst. Wann werd’ ich sie wohl wiedersehn?«
    Und er schritt weiter: und blieb dann gedankenvoll im Schatten des mächtigen Turmes stehn, der schwarz und drohend auf ihn
     niedersah.
    Bald nach Hildebad zog eine andre Schar Goten vorbei. Sie führten in der Mitte einen Mann mit verbundenen Augen und ließen
     ihn zur Porta Honorii hinaus. Es war Prokop, der vergeblich noch die festgestellten drei Stunden gewartet hatte. Es war umsonst:
     keine Botschaft vom König kam: und mißmutig verließ der Gesandte die Stadt. Des Präfecten feiner Plan war, so schien es, an
     der schlichten Würde des Gotenkönigs gescheitert.–
    Und noch eine Stunde verging. Es war dunkler, aber nicht kühler geworden. Da erhob sich vom Meere plötzlich ein starker Windstoß
     aus Süden: er schob die schwarzen Wolkenballen mit rasender Eile nach Norden. Sie lagerten jetzt dicht und schwer über der
     Stadt. Aber auch das Meer, der Südosten, ward dadurch nicht frei. Denn eine zweite, gleiche Wolkenmauer war dort emporgestiegen
     und hatte sich unmittelbar an die erste geschlossen. Der ganze Himmel über Meer und Land war jetzt
ein
schwarzes Gewölbe. Hildebad ging, weinmüde, nach seinem Nachtposten an der Porta Honorii:
    »Noch immer auf Wache, Fridugern?« rief er dem jungen Goten hinauf. »Und noch immer kein Regen! Die arme Erde! Wie sie dürsten
     muß! sie dauert mich! Gute Wache!«
    In den Häusern war es unleidlich schwül: denn der Wind kam aus den heißen Sandwüsten Afrikas. Die

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