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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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wohl. In stolzen, vollen Atemzügen hob sich darum in dieser Stunde seine Brust: er, der Eisigkalte, erglühte
     in dem Gedanken, daß er über die beiden großen feindlichen Mächte der Zeit, Goten und Römer, heute mit einem Zucken seiner
     Wimper gebot: und aus diesem Wonnegefühl der Herrschaft stieg ihm mit dämonischer Gewalt die Überzeugung empor, daß es für
     ihn und seinen Ehrgeiz nur noch Ein Ziel gab, welches das Leben der Mühe des Lebens wert machen könne, nur noch Ein Ziel,
     ein sonnenfernes, jedem andern unerreichbares – er glaubte gern an seine Abkunft von Julius Cäsar, und er fühlte das Blut
     Cäsars aufwallen in seinen Adern bei dem Gedanken:– Cäsar, Imperator des Abendlands, Kaiser der römischen Welt! – – – –
    Als vor Monaten dieser Blitz zum erstenmal seine Seele durchzuckt hatte,– kein Gedanke,– kein Wunsch,– nur ein Schatten,–
     ein Traum,– erschrak er und lächelte zugleich überseine unermeßliche Kühnheit. Er, Kaiser und Wiederaufrichter des römischen Weltreichs! Und Italien bebte unter dem Schritt
     von dreimal hunderttausend gotischen Kriegern! Und der größte aller Barbarenkönige, dessen Ruhm die Erde erfüllte, saß gewaltig
     herrschend zu Ravenna. Und wenn die Macht der Goten gebrochen war, so streckten die Franken über die Alpen, die Byzantiner
     übers Meer die gierigen Hände nach der italienischen Beute, zwei große Reiche gegen ihn, den einzelnen Mann!–
    Denn wahrlich, einsam stand er in seinem Volk! Wie genau kannte, wie bitter verachtete er seine Landsleute, die unwürdigen
     Enkel großer Ahnen! Wie lachte er der Schwärmerei eines Licinius oder Scaevola, welche mit diesen Römern die Tage der Republik
     erneuern wollten! Er stand allein. Aber gerade dies reizte seinen stolzen Ehrgeiz. Und gerade in diesem Augenblick, da ihn
     die Verschworenen verlassen hatten, da seine Überlegenheit gewaltiger als je ihnen und ihm selbst klargeworden war, gerade
     jetzt schoß in seiner Brust, was früher ein schmeichelnd Spiel seiner träumenden Stunden gewesen, mit Blitzesschnelle zum
     klaren Gedanken, zum festen Entschluß empor.
    Die Arme über der mächtigen Brust gekreuzt, mit starken Schritten, wie ein Löwe seinen Käfig, das Gemach durchmessend, sprach
     er in abgerissnen Sätzen zu sich selbst.
    »Mit einem tüchtigen Volk hinter sich die Goten hinaustreiben, Griechen und Franken nicht hereinlassen – das wäre nicht schwer,
     das könnte ein andrer auch. Aber allein, ganz allein, von diesen Männern ohne Mark und Willen mehr gehemmt als getragen, das
     Ungeheure vollenden, und diese Memmen erst wieder zu Helden, diese Sklaven zu Römern, diese Knechte der Pfaffen und Barbaren
     wieder zu Herrn der Erde machen – das, das ist der Mühe wert. Ein neues Volk, eine neue Zeit, eine neue Welt schaffen, allein,
     ein einziger Mann, mit der Kraft seines Willens und der Macht seines Geistes – das hat noch kein Sterblicher vollbracht –
     das ist größer als Cäsar: er führte Legionen von Helden! Und doch, es kann getan werden, denn es kann gedacht werden. Und
     ich, der’s denken konnte, ich kann’s auch tun. Ja, Cethegus, das ist ein Ziel, dafür verlohnt sich’s zu denken,zu leben, zu sterben. Auf und ans Werk, und von nun an – keinen Gedanken mehr und kein Gefühl als für dies Eine.«
    Er stand still vor der Kolossalstatue Cäsars aus weißem parischem Marmor, welche, das Meisterwerk des Arkesilaos und der edelste
     Schmuck, ja nach der Familientradition von Julius Cäsar selbst dem Sohne geschenkt, das Heiligtum dieses Hauses, gegenüber
     dem Schreibdiwan stand:
    »Hör es, göttlicher Julius, großer Ahnherr, es lüstet deinen Enkel, mit dir zu ringen: es gibt noch ein Höheres, als du erreicht:
     schon fliegen nach einem höheren Ziel als du, ist unsterblich, und fallen, fallen aus solcher Höhe – das ist der herrlichste
     Tod. Heil mir, daß ich wieder weiß, warum ich lebe.«
    Er schritt an der Bildsäule vorbei und warf einen Blick auf die auf dem Tisch aufgerollte Militärkarte des römischen Weltreichs:
    »Erst diese Barbaren zertreten –: Rom! – Dann den Norden wieder unterwerfen –: Paris! – Dann zum alten Gehorsam unter die
     alte Cäsarenstadt das abtrünnige Ostreich zurückheischen –: Byzanz! Und weiter, immer weiter: an den Tigris, an den Indus,
     weiter als Alexandros – und zurück nach Westen, durch Skythien und Germanien, an den Tiber – die Bahn, welche dir, Cäsar,
     der Dolch des Brutus

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