Ein Kampf um Rom
haben: denn nur an Rom ließen sich jene
Gedanken knüpfen. Deshalb wandte der neue Präfect höchste Sorgfalt auf die ihm anvertraute Stadt: Rom sollte ihm moralisch
und physisch eine Burg der Herrschaft werden, ihm allein gehörig und unentreißbar. Sein Amt bot ihm dazu die beste Gelegenheit:
es war ja die Pflicht des Präfectus Urbi, für das Wohl der Bevölkerung, für Erhaltung und Sicherheit der Stadt zu sorgen.
Cethegus verstand es meisterhaft, die Rechte, die in dieserPflicht lagen, für seine Zwecke auszubeuten: leicht hatte er alle Stände für sich gewonnen: der Adel ehrte in ihm das Haupt
der Katakombenverschwörung, über die Geistlichkeit herrschte er durch Silverius, welcher die rechte Hand und der von der öffentlichen
Stimme bezeichnete Nachfolger des Papstes war und dem Präfecten eine diesem selbst befremdliche Ergebenheit an den Tag legte.
Das niedre Volk aber fesselte er an seine Person nicht nur durch vorübergehende Brotspenden und Circusspiele aus seiner Tasche,
sondern durch großartige Unternehmungen, welche vielen Tausenden auf Jahre hinaus Arbeit und Unterhalt – auf Kosten der gotischen
Regierung – verschafften.
Er setzte bei Amalaswintha den Befehl durch, die Befestigungen Roms, welche seit den Tagen des Honorius durch die Zeit und
durch den Eigennutz römischer Bauherrn viel mehr als durch westgotische und vandalische Eroberer gelitten hatten, vollständig
und rasch wiederherzustellen, »zur Ehre der ewigen Stadt und«,– wie sie wähnte,– »zum Schutz gegen die Byzantiner«.
Cethegus selbst hatte – und zwar, wie die alsbald folgenden vergeblichen Belagerungen durch Goten und Byzantiner bewiesen,
mit genialem Feldherrnblick,– den Plan der großartigen Werke entworfen. Und er betrieb nun mit größtem Eifer das Riesenwerk,
die ungeheure Stadt in ihrem weiten Umfang von vielen Meilen zu einer Festung ersten Ranges umzuschaffen. Die Tausende von
Arbeitern, welche wohl wußten, wem sie diese reich bezahlte Beschäftigung verdankten, jubelten dem Präfecten zu, wenn er auf
den Schanzen sich zeigte, prüfte, antrieb, besserte und wohl selbst mit Hand anlegte. Und die getäuschte Fürstin wies eine
Million Solidi nach der andern an für einen Bau, an welchem alsbald die ganze Streitmacht ihres Volkes zerschellen und verbluten
sollte.
Der wichtigste Punkt dieser Befestigungen war das heute unter dem Namen der Engelsburg bekannte Grabmal Hadrians. Dies Prachtgebäude,
von Hadrian aus parischen Marmorquadern, die ohne anderes Bindungsmittel zusammengefügt waren, aufgeführt, lag damals einen
Steinwurf vor dem aurelischen Tor, dessen Mauerseiten es weit überragte. Mit scharfemAuge hatte Cethegus erkannt, daß das unvergleichlich feste Gebäude, in seiner bisherigen Lage ein Festungswerk
gegen
die Stadt, sich durch ein einfaches Mittel in ein Hauptbollwerk
für
die Stadt verwandeln ließ: er führte vom aurelischen Tor zwei Mauern gegen und um das Grabmal. Und nun bildete die turmhohe
Marmorburg eine sturmfreie Schanze für das aurelische Tor, um so mehr, als der Tiber knapp davor einen natürlichen Festungsgraben
zog. Oben auf der Mauer des Mausoleums aber standen, zum Teil noch von Hadrian und seinem Nachfolger hier aufgestellt, gegen
dreihundert der schönsten Statuen aus Marmor, Bronze und Erz: darunter der Divus Hadrianus selbst, sein schöner Liebling Antinous,
ein Zeus Soter, die Pallas »Städtebeschirmerin« und viele andere.
Cethegus freute sich seines Gedankens und liebte diese Stätte, wo er allabendlich zu wandeln pflegte, sein Rom mit dem Blick
beherrschend und den Fortschritt der Schanzarbeiten prüfend: und er hatte deshalb eine reiche Zahl von schönen Statuen aus
seinem Privatbesitz hier noch aufstellen lassen.
Viertes Kapitel
Vorsichtiger mußte Cethegus bei Ausführung einer zweiten, für seine Ziele nicht minder unerläßlichen Vorbereitung sein. Um
selbständig in Rom, in
seinem
Rom, wie er es, als Stadtpräfect, zu nennen liebte, den Goten und nötigenfalls den Griechen trotzen zu können, bedurfte er
nicht bloß der Wälle, sondern auch der Verteidiger auf denselben.
Er dachte zunächst an Söldner, an eine Leibwache, wie sie in jenen Zeiten hohe Beamte, Staatsmänner und Feldherrn häufig gehalten
hatten, wie sie jetzt Belisar und dessen Gegner Narses in Byzanz hielten. Nun gelang es ihm zwar, durch früher auf seinen
Reisen in Asien angeknüpfte Verbindungen und bei seinen reichen Schätzen tapfre
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