Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
Vom Netzwerk:
Lebens, des Genusses, der Lüste. Mit Rom war er bald fertig:
     da machte er große Reisen nach Byzanz, nach Ägypten, bis nach Indien drang er vor. Da war kein Luxus, kein unschuldiger und
     kein schuldiger Genuß, den er nicht schlürfte. Nur ein stählerner Körper konnte die Anstrengungen, die Entbehrungen, die Abenteuer,
     die Ausschweifungen dieser Fahrten ertragen.
    Nach zwölf Jahren kehrte er zurück nach Rom. Es hieß, er werde großartige Bauten aufführen; man freute sich, das üppigste
     Leben in seinen Häusern und Villen beginnen zu sehen, man täuschte sich sehr. Cethegus baute sich nur das kleine Haus am Fuß
     des Capitols, bequem und von feinstem Geschmack, und lebte mitten in dem volkreichen Rom wie ein Einsiedler. Er gab unvermutet
     eine Schilderung seiner Reisen heraus, eine Charakterisierung der wenig bekannten Völker und Länder, die er besucht. Das Buch
     hatte unerhörten Erfolg; Cassiodor und Boëthius warben um seine Freundschaft, der große König wollte ihn an seinen Hof ziehen.
    Aber plötzlich war er aus Rom verschwunden. Das Ereignis, das ihn in jenen Tagen betroffen haben mußte, blieb allen Nachforschungen
     der Neugier, der Teilnahme, der Schadenfreude verborgen. Man erzählte sich damals, arme Fischer hätten ihn eines Morgens am
     Ufer des Tibers vor den Toren der Stadt, bewußtlos und dem Tode nah, gefunden.
    Wenige Wochen später tauchte er wieder an der Nordostgrenze des Reiches in den unwirtlichen Donauländern auf, wo der blutige
     Krieg mit Gepiden, mit Avaren und Sclavenen raste. Dort schlug er sich mit todverachtender Tapferkeit mit diesen wilden Barbaren
     herum, verfolgte sie mit erlesnen, von ihm besoldeten Scharen freiwillig in alle Schlupfwinkel ihrer Felsen, schlief alle
     Nächte auf der gefrornen Erde. Und als der gotische Feldherr ihm eine größere Schar zu einem Streifzug anvertraute, griff
     er statt dessen Sirmium an, die feste Hauptstadt der Feinde, und eroberte sie mit nicht geringerer Feldherrnkunst als Tapferkeit.
    Nach dem Friedensschluß machte er abermals Reisen nach Gallien und Spanien und Byzanz, kehrte von da nach Rom zurück und lebte
     dort jahrelang in einer verbitterten Muße und Zurückgezogenheit, alle kriegerischen, bürgerlichen, wissenschaftlichen Ämter
     und Ehren ausschlagend, die ihm Cassiodor aufdringen wollte. Er schien für nichts mehr Interesse zu haben als für seine Studien.
    Vor einigen Jahren brachte er von einer Reise nach Gallien einen schönen Jüngling oder Knaben mit, welchem er Rom und Italien
     zeigte und väterliche Liebe und Sorgfalt erwies. Es hieß, er wolle ihn adoptieren: solange dieser sein junger Gast um ihn
     war, trat er aus seiner Einsamkeit heraus, lud die adelige Jugend Roms zu glänzenden Festen in seine Villen und war bei den
     Gegeneinladungen, die er alle annahm, der liebenswürdigste Gesellschafter. Aber sowie er den jungen Julius Montanus mit einem
     stattlichen Gefolge von Pädagogen, Freigelassnen und Sklaven nach Alexandrien in die gelehrten Schulen entsendet hatte, brach
     er plötzlich wieder alle Verbindungen ab und zog sich in seine undurchdringliche Abgeschlossenheit zurück, grollend, wie es
     schien, mit Gott und der ganzen Welt.
    Mit schwerer Mühe gelang es dem Priester Silverius und Rusticianen, ihn aus seiner ablehnenden Ruhe heraus und zur Teilnahme
     an der Katakombenverschwörung fortzuziehen. Er wurde, wie er ihnen sagte, Patriot aus eitel Langweile. Und in der Tat, bis
     zu dem Tod des Königs hatte er das Unternehmen, dessen Leitung doch in seiner und des Diakons Hand lag, fast mit Abneigung
     betrieben. Dies wurde jetzt anders.
    Der tiefste Zug seines Wesens, der Drang, in allen möglichen Gebieten des Geistes sich zu versuchen, die Schwierigkeiten zu
     überwinden, alle Rivalen zu überflügeln, in jedem Lebenskreise, den er betrat, zu herrschen, allein und ohne Widerstand, und,
     wenn er den Siegeskranz genommen, ihn gleichgültig wegzuwerfen und nach neuen Aufgaben auszuschauen, hatte ihn bisher bei
     keinem Ziele volle Befriedigung finden lassen. Kunst, Wissenschaft, Genuß, Amtsehre, Kriegsruhm – alles hatte ihn gereizt,
     alles hatte er wie kein anderer gewonnen, und alles hatte ihn leergelassen.
    Herrschen, der Erste sein, über widerstrebende Verhältnisse mit allen Mitteln überlegner Kraft und Klugheit siegen und dann
     über knirschende Menschen ein ehernes Regiment führen, das allein hatte er, unbewußt und bewußt, von jeher erstrebt: nur darin
     fühlte er sich

Weitere Kostenlose Bücher