Ein Kampf um Rom
angehört.
»Das tut kein gut mehr!« sprach er, sich lebhaft den Kopf reibend.
»Hab’s immer nicht über das Herz gebracht, die Kinder zu trennen. Waren ja Kinder! Hab’ immer noch ein Weilchen gewartet.
Und jetzt hätt’ ich gar schon bald ein Weilchen zu lang gewartet. Fort mit dir, Jung Adalgoth!«
Und er trat aus dem Wohnhaus und schritt langsam hinüber in die Schmiede. Er fand den Knaben in eifriger Arbeit. Mit vollen
Backen blies er in die Kohlenglut am Schmiedeherd und hielt dann die schon roh bearbeiteten Pfeilspitzen hinein, sie zu erweichen
und hämmerbar zu glühen. Dann griff er mit der Zange die Spitze heraus, legte sie auf den Schmiedknecht, den Amboß, und hämmerte
zierlich ihre Spitzen und Widerhakenzurecht. Er nickte nur stumm dem eintretenden Großvater zu, ohne sich in der Arbeit stören zu lassen. Tapfer hieb er auf den
Amboß, daß die Funken sprühten.
»Nun«, dachte der Alte bei sich, »jetzt denkt er doch nur an Pfeil und Eisen.«
Aber plötzlich schloß der junge Schmied mit einem sausenden Streich, warf den Hammer weg, strich sich über die glühende Stirn
und fragte, rasch gegen Iffa sich wendend:
»Ahn, woher kommen die Menschen?«
»Jesus, Wodan und Maria!« rief der Alte und trat erschrocken einen Schritt zurück. »Bub, wie kommst du auf solche Gedanken?«
»Die Gedanken kommen zu mir:– nicht ich zu ihnen. Ich meine nämlich die ersten Menschen, die allerersten. Der lange Hermegisel
da drüben in Teriolis, der aus der Arianerkirche zu Verona davongelaufen ist und schreiben und lesen kann, sagt: der Christengott
habe in einem Baumgarten einen Mann aus Lehm gemacht und aus dessen Rippe, da er schlief, ein Weib. Das ist zum Lachen. Denn
aus einer noch so langen Rippe kann man kein noch so kleines Mädchen machen.«
»Ja, ich glaub’s auch nicht!« gestand der Alte, nachdenklich. »’s ist schwer vorzustellen. Und ich erinnere mich: Mein Vater
hat einmal gesagt, an einem Abend am Herdfeuer: die ersten Menschen seien auf den Bäumen gewachsen. Der alte Hildebrand aber,
der sein Freund war, obzwar tüchtig älter – und der von Tridentum her auf einem Streifzug gegen die wilden Bajuvaren hier
eingekehrt war, und der zunächst am Herde saß – denn es war noch früh im Jahr und sehr rauh und kalt –, der sagte: mit den Bäumen, das sei richtig. Aber nicht gewachsen seien die Menschen darauf, sondern zwei Heidengötter – Dämonen nennt sie Hermegisel – haben einst am Meeresufer den Eschenbaum und die Erle liegend gefunden: und aus ihnen bildeten
sie Mann und Weib. Es geht auch noch ein altes Lied davon. Hildebrand wußte noch ein paar Worte daraus. Mein Vater schon nicht
mehr.«
»Das will ich schon lieber glauben! Aber jedenfalls waren da anfangs der Menschen sehr wenige?«
»Gewiß.«
»Und es gab nur
eine
Sippe anfangs?«
»Sicher!«
»Und die Alten starben meistens vor den Jungen?«
»Freilich.«
»Dann will ich Dir was sagen,– Ohm. Dann mußten die Menschen entweder aussterben. Oder, da sie noch da sind,– und siehst du,
da wollt’ ich drauf hinaus,– mußten Bruder und Schwester sich oft heiraten, bis mehrere Sippen entstanden.«
»Adalgoth, dich reiten die Elben, du redest wirr.«
»Ganz und gar nicht. Und kurz und gut: wenn’s früher geschehen konnte, kann’s auch heute noch geschehen. Und ich will meine
Schwester Gotho zum Weibe haben.«
Der Alte sprang auf ihn zu und wollte ihm den Mund verhalten. Aber der Jüngling wich ihm aus.
»Ich weiß schon alles, was du sagen willst. Hier kämen die Priester von Tridentum wohl bald dahinter. Und dann des Königs
Graf. Aber ich kann ja mit ihr in ein fernes Land ziehen, wo uns niemand kennt. Und sie geht schon mit, das weiß ich.«
»So! das weißt du auch schon?«
»Ja, das weiß ich.«
»Aber das weißt du noch nicht«, sprach nun ernst und entscheidend der Alte, »daß diese Nacht die letzte ist, die du hier zubringst
auf dem Berg der Iffinger. Auf, Adalgoth, ich gebiete dir: dein Ahn und dein Mundwalt. Du hast eine Ehrenpflicht, die Pflicht
heiliger Rache, zu erfüllen am Hofe König Totilas und in seinem Heer: einen heiligen Auftrag des Oheim Wargs, der unterm Berg
verschüttet liegt – einen Auftrag deines – Ahns. Du bist nun reif und stark genug, ihn zu erfüllen. Morgen, mit dem ersten
Tagesgrauen, brichst du auf nach Süden, nach Italia, wo König Totila das Unrecht straft, dem Recht zum Siege hilft und den
Neiding Cethegus
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