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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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welche der Germane so trefflich zu züchten verstand, den Rest seines Eigens auf dem Berge und zog sich
     weiter gen Süden, wo die Römer dichter nebeneinandersaßen.–
    So war nun der Berg der Iffinger ganz germanisch geworden. Denn plötzlich hatte einmal der jetzige Herr auch die wenigen römischen
     Sklaven verkauft und neue Knechte und Mägde germanischen Stammes, gefangne Gepiden, angeschaft. Dieser jetzige Herr der Siedelung
     hieß wieder Iffa, wie der Ahn: er lebte einsam, ein silberhaariger Mann: ein Bruder, sein Weib und eine Schwiegertochter waren
     vor langen Jahren durch einen Bergsturz begraben worden. Ein Sohn, ein jüngerer Bruder und dessen Sohn waren König Witichis’
     Waffenruf gefolgt und nicht wiedergekehrt von der Belagerung Roms. So waren ihm nur seine beiden Enkelkinder geblieben, des
     gefallnen Sohnes Knabe und Mädchen.–
    Die Sonne war prachtvoll niedergegangen hinter den Bergen, welche in weiter duftiger Ferne den Süden und Westen des unvergleichlichen
     Etschtales begrenzen. Warmer rotgoldner Schimmer lag über dem mürben Porphyr der Berge, daß er erglühte wie dunkelroter Wein.
     Da stieg langsam, Schritt vor Schritt, immer wieder anhaltend und, die Hand über die Augen gelegt, in den flimmernden Sonnenuntergang
     schauend,ein Kind, – oder war es schon ein Mädchen? – eine Schar Lämmer vor sich her treibend, den Rasenhang hinan, auf dessen Höhe
     seitab vom Wohnhaus die Stallungen lagen. Sie ließ ihren Schutzbefohlnen immer wieder Zeit, mit wählerischem Zahn die würzigen
     Alpenkräuter zu rupfen auf ihrem Wege und schlug mit der Haselgerte, die sie statt des Hirtenstabes trug, den Takt zu der
     uralten und einfachen Melodie des Liedchens, das sie leise sang:
    »Liebe Lämmer,
    Laßt euch leiten
    Von der Hirtin
    Hand, gehorsam,
    Wie des Himmels
    Lichte Lämmer,
    Wie die Sterne
    Still und stete,
    Fromm und friedlich
    Ihrem hehren
    Hirt gehorchen:
    Mühlos meistert,
    Mühlos mustert
    Sie Herr Mond.«
    Sie schwieg nun und sah mit vorgebeugtem Köpfchen in die tiefeingeschnittne Schlucht zu ihrer Linken, welche der hier abwärts
     schießende Wildbach in den Hang gefurcht hatte: jetzt, im Sommer, war er nur halbgefüllt: drüben stieg die Anhöhe wieder steil
     empor.
    »Wo er nur ist?« fragte sie. »Sonst klettern seine Ziegen immer schon den Hang herab zurück, wenn die Sonne zu Golde gegangen.
     Bald welken meine Blumen.«
    Und sie setzte sich nun auf einen Steinblock am Wege, ließ die Lämmer noch grasen, legte die Haselgerte neben sich und ließ
     einen Schurz von Schaffell, welchen sie bisher mit der Linken aufgenommen hatte, niedergleiten: da fielen die schönsten Blumen
     der Alpen in dichten Flocken vor ihr nieder.
    Sie begann, einen Kranz zu flechten.
    »Der blaue Speik steht seinem braunen Haar am besten«, sagte sie eifrig windend.
    »Ich werde viel früher müde, wenn ich allein treibe, als wenn er dabei ist. Und doch klettern wir dann viel höher. Möchte
     wohl wissen, wie das kommt. Und wie mich die nackten Füße brennen! Ich könnte wohl einmal hinabsteigen in den Wildbach, sie
     zu kühlen. Und da sehe ich ihn auch gleich, wenn er drüben auf den Hang treibt. Die Sonne sticht nicht mehr.«
    Und sie streifte das breite große Kürbisblatt ab, welches sie bisher statt eines Hutes getragen. Da ward die schimmernde Farbe
     des ganz weißblonden Haares sichtbar, das sie, von den Schläfen zurückgestrichen, mit einem roten Bande hinter dem Wirbel
     zusammengebunden und bisher unter dem umgebognen Blatt geborgen hatte. Wie eine Flut von Sonnenstrahlen rieselte es nun über
     ihren Nacken, den nur ein weißes Wollenhemd bedeckte, das, um die Hüften mit breitem Ledergurt zusammengehalten, nur wenig
     über die Knie reichte. Sie maß die Länge ihres Kranzes an dem eignen Haupt.
    »Freilich«, sagte sie, »sein Kopf ist größer! Noch diese Alpenrosen dazu!«
    Und nun verknüpfte sie die beiden Enden des Kranzes mit zierlichem Bandgras, sprang auf, schüttelte die letzten Blumen aus
     dem Lederschurz, nahm den Kranz in die Linke und wandte sich, den steilen Abhang hinabzusteigen, an dessen Fuß der Bach an
     das Gestein toste.
    »Nein, bleibt nur hier oben und wartet! Auch du bleib, Weiß-Elbchen, Liebling. Gleich komm’ ich wieder.«
    Und sie trieb die Lämmer zurück, welche ihr folgen wollten und nun blökend der Herrin nachsahen. Behend kletterte und sprang
     die Wohlgeübte den steinigen Abhang der Schlucht hinab, bald sich mit den Händen an zähem

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