Ein Kampf um Rom
Flammenpfeile.«
»Ja, meine Muhme hat recht. So kann nur blicken, wer kein Herz mehr hat.«
»Das ist was Altes. Strigen und Lamien haben ihm nachts das Herz ausgefressen.«
»Was nicht gar! Es gibt gar keine Lamien. Aber den Teufel gibt es: denn der steht in der Bibel. Und er hat ein Bündnis mit
ihm geschlossen. Der Numider, der dort sein schwarzes Roß am Zügel hält, ist der Bote der Hölle, der ihn überall begleitet.
Keine Waffe kann dem Präfecten die Haut ritzen. Nicht Nachtwachen noch Hunger verspürt er. Aber er kann auch nie mehr lächeln.
Denn er hat seine Seele der Hölle verpfändet.«
»Woher weißt du’s?«
»Der Diakon von Sanct Paul hat’s uns neulich alles gedeutet. Und Sünde ist es, einem solchen länger zu dienen. Hat er doch
auch unsern Bischof Silverius dem Kaiser verraten und in Ketten übers Meer geschickt.«
»Und hat er doch neulich sechzig Priester, rechtgläubige und arianische, als des Verrats verdächtig aus der Stadt gewiesen.«
»Das ist wahr.«
»Er muß aber auch dem Teufel gelobt haben, alle Qualen über Rom und die Römer zu bringen.«
»Aber wir wollen’s nicht mehr dulden.«
»Wir sind frei, er hat’s uns oft gesagt. Ich will ihn fragen, mit welchem Recht –«
Aber mitten im Wort verstummte der tapfere Redner:– ein Blick des Präfecten hatte ihn getroffen, der im Emporsteigen zur Rednerbühne
die kleine murrende Gruppe streifte.
»Quiriten«, hob er an, »ich rufe euch alle auf, Legionäre zu werden. Hunger und – schmählich zu sagen von römischen Männern – Verrat lichten die Reihen unsrer Wachen.– Hört ihr die Hammerschläge? Ein Kreuz wird gezimmert für die Überläufer.– Noch
größere Opfer fordert Rom von den Römern. Denn
ihr
habt keine Wahl. Bürger anderer Städte möchten schwanken zwischen Übergabe und Untergang. Wir, erwachsen im Schatten des Capitols,
haben diese Wahl nicht. Hier gehn die Schauer von mehr als tausendjährigem Heldentum. Hier kann kein feiger Gedanke laut werden.
Ihr könnt nicht wieder die Barbaren ihre Rosse binden sehen an die Säulen des Trajan. Eine letzte Anstrengung gilt es. Früh
reift das Heldenmark in den Knaben des Romulus und Cäsar: spät weicht die Kraft aus den tibertrinkenden Männern: Ich rufe
die Knaben vom zwölften, die Männer bis zum achtzigsten Jahre auf die Wälle. Still! murrt nicht! Ich werde meine Tribunen
mit den Lanzenträgern von Haus zu Haus gehen lassen: nur um zu hindern, daß nicht allzu zarte Knaben, allzu müde Greise zu
den Waffen greifen. Was murrt ihr da drüben? Weiß jemand bessern Rat der Verteidigung? Er gebe ihn: laut, von diesem Platz
herab, den ich ihm dann räumen werde.«
Da ward es still an der Stelle, wohin der Blick des Präfecten geblitzt. Aber hinter ihm erhob sich, bei denen, die sein Auge
nicht bändigen konnte, grollendes Gemurmel. »Brot!« – »Übergabe!« – »Friede!« – »Brot!«
Cethegus wandte sich.
»Schämt ihr euch nicht? So viel habt ihr ertragen, eures Namens würdig. Und nun, da es noch kurze Zeit gilt auszuharren, wollt
ihr erlahmen? In wenigen Tagen bringt Belisar Entsatz.«
»Das hast du uns schon siebenmal gesagt.«
»Und nach dem siebten Male verlor Belisar fast alle Schiffe.«
»Die helfen jetzt mit, unsern Hafen sperren.«
»Du sollst uns eine Frist, ein Ende setzen dieses Elends. Denn mich erbarmt es dieses Volks.«
»Wer bist du?« fragte Cethegus den unsichtbaren Redner. »Du kannst kein Römer sein.«
»Ich bin Pelagius, der Diakon, ein Christ und ein Priester des Herrn. Und ich fürchte nicht die Menschen, sondern Gott. Der
König der Goten, obwohl ein Ketzer, soll versprochen haben, in allen Städten, die sich unterwerfen, die Kirchen, welche seine
Mitketzer, die Arianer, den Rechtgläubigen entrissen, zurückzugeben. Schon dreimal soll er Herolde an die Bürger Roms gesendet
haben mit gütigsten Bedingungen:– man hat sie nie zu uns sprechen lassen.« –
»Schweig, Priester. Du hast kein Vaterland als den Himmel, keinen Staat als das Reich Gottes, kein Volk als die Gemeinde der
Heiligen, kein Heer als die Engel. Bestelle du dein himmlisch Reich. Männern überlaß das Reich der Römer.«
»Aber der Mann Gottes hat recht.«
»Eine Frist!«
»Einen nahen Termin!«
»Bis dahin wollen wir noch ausharren.«
»Doch verläuft er ohne Entsatz –«
»Dann Übergabe!«
»Dann öffnen wir die Tore.«
Aber diesen Gedanken scheute Cethegus. Wußte er doch, seit langen Wochen
Weitere Kostenlose Bücher