Ein Kampf um Rom
Benedict von Nursia, hat ein Kloster gegründet, das mich mächtig anzieht.«
»Julius, das darfst du nicht! Welch ein Geist der Flucht aus der Welt hat meine Nächsten ergriffen. Valeria:– du: und Teja.«
»Ich fliehe nichts«, sagte dieser, »nicht einmal die Welt.«
»Wie kommst du«, fuhr der König fort, den Freund am Arme gegen den Eingang des Klosters führend, »in der Blüte der Jahre zu
diesem Gedanken des Selbstmords? Siehe, dort naht Valeria. Sie muß mir helfen, dich bekehren. O hättest du je die Liebe gekannt
– du würdest nicht der Welt den Rücken wenden.«
Julius lächelte und schwieg. Ruhig faßte er Valerias freudig gebotne Hand und schritt mit ihr in die Klostertür, wo ihnen
Cassiodor entgegenkam.–
Nur mit Mühe gewann die Beredsamkeit des Königs dem Freunde das Versprechen ab, nach einigen Tagen den greisen Cassiodor nach
Byzanz zu begleiten. Julius scheute den Glanz, den Lärm, die Sünde des Kaiserhofs, bis endlich das Beispiel Cassiodors ihn
überwand.
»Ich meine«, schloß der König, »man kann in der Welt mehr gottgefällige Werke tun als im Kloster. Ein solches frommes Werk
ist diese Gesandtschaft, welche zwei Reichen neuen Krieg ersparen soll.«
»Gewiß«, sagte Julius. »Der König und Held kann Gott dienen wie der Mönch. Ich tadle deine Art des Dienstes nicht:– laßmir die meine. Und mir ist: diese unsre Zeit, da eine alte Welt unter schweren Schauern versinkt und eine neue unter rauhen
Stürmen aufsteigt, da alle Laster des verfaulten Heidentums mit aller Wildheit der Barbaren sich vermischen, da Üppigkeit,
Fleischeslust und blut’ge Gewalt das Morgen- und das Abendland erfüllen,– da ist es wohlgetan, weltferne Stätten zu gründen,
wo Armut, Reinheit und Demut wohnen dürfen.«
»Mir aber scheinen Pracht, Liebesglück und freud’ger Stolz keine Sünde vor dem Himmelsgott. Was meinst du von unsrem Streit,
Freund Teja?«
»Er hat keinen Sinn für mich«, sprach dieser ruhig. »Denn euer Gott ist nicht der meine. Aber schweigt davon. Dort naht Valeria.«
Am Abend vor der Abreise der beiden Gesandten nach Firmum, wo sie sich nach Byzanz einschiffen sollten, führte Cassiodor die
Freunde noch nach einer Kapelle, welche er, dicht bei dem Kloster, auf der gerade gegenüber ragenden hohen Felskuppe des nämlichen
Berges erbaut hatte.
»Es wird dir dort gefallen, mein Totila«, hatte Valeria gesagt.
Vor Sonnenuntergang gerade erreichten die Freunde den Gipfel des einsam ragenden, runden Felskopfes. Dieser, mitten in dem
Hügelgrund zu steiler Höhe aufsteigend, gewährte den freiesten Anblick über das blühende picentinische Land. Im Norden und
Osten begrenzten den Blick die prachtvollen Terrassen des Apennins mit jenen klassischen, stilvollen, großartig ruhigen Formen,
wie sie nur der italischen Landschaft eigen. Im Westen schimmerte im Glanz der sinkenden Sonne, wie ein kostbarer goldner
Gürtel, durch das Grün der Gefilde der Fluß Clasius, in welchen hier die beiden kleineren, Sibola und Rasina, münden. Im Süden
glänzte aus den Bergen von Nuceria her der Tiniafluß durch üppiges Gelände. Denn unter diesem lachenden Himmel hatte eine
reiche Ernte, das Wunderjahr Totilas, die Spuren der früheren Verwüstung und Verödung rasch und völlig verwischt: viele Hunderte
von weißen Marmorvillen, von Schlössern, von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden lauschtenaus dem Dunkelgrün des Lorbeers, aus dem Silbergrau der Oliven, aus dem endlosen Gerank der Reben.
Ein uralter Wartturm, vielleicht aus vorrömischer Zeit, ragte an dem Südabfall des Hangs: dessen Gemäuer sowie der ganze Hügelrücken
war von Efeu, Feigen, Wein, Kastanien in reizender Verwildrung überzogen. Die Sonne aber, welche nun rasch versank, warf ein
glühendes, dunkelrotes Licht, warf einen Purpurmantel über die weite Ebne, indes auf den fernen Höhenzügen, den plastisch
klaren, dem Terrassenbau der italischen Natur, eine violette Duftschicht lag. Überrascht, geblendet standen alle. Niemand
fand die Worte für so viel Schönheit.
»So was dergleichen ahnte ich in Italia«, flüsterte Adalgoth zu Graf Teja, »wenn ich vom Iffinger oder gar von der Mentula
gen Südwesten sah. Aber es ist doch viel schöner, als ich geahnt.«
Der König aber rief: »Und hab’ ich nun nicht recht, Teja, daß ich dies Land liebe wie eine Braut? daß ich es unserm Volk erhalten
will um jeden Preis? Wahrlich, dieser Ort ist die beste Rechtfertigung meines
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