Ein Kampf um Rom
Trachtens! Himmlische Lüfte, goldenes Licht
umschweben die Stätte!« ––
Und mit lebhaftem, gerührtem Blick fuhr er fort: »Ja hier, ihr Freunde, hier, Cassiodor, will ich dereinst begraben sein!«
Und er legte die Rechte auf einen uralten mächtigen Sarkophag von verwittertem, dunklem Marmor: der Deckel desselben lag zerbrochen
daneben auf der Erde: wildwuchernder Efeu hatte das Innere des Sarges ganz erfüllt.
»Welch schönes Zusammentreffen«, sprach Cassiodorius ernsthaft. »Weißt du, wie dieser Ort seit alters heißt? Spes bonorum,
›der Guten Hoffnung‹. Und weißt du, wer, der Sage nach, in diesem Sarge geruht? Ein anderer weiser, mildseliger Friedensfürst:
ursprünglich wohl ein uralter tuskischer König: später hat die Sage des Landvolks Numa Pompilius, den Gütigen, daraus gemacht.
Ein uraltes Heiligtum des Friedens, eine Stätte des Segens und der Zuflucht haben schon die Heiden hier verehrt: meine neugebaute
Kapelle habe ich bei dem Ausbruch des Krieges Emmanuel, dem Friedensgott, geweiht. Höchste Ehre würde es meiner kleinen Kapelle,
wolltest du, Friedenskönig, sie zu deiner Ruhestätte wählen.«
»Nein«, rief Totila, »vergib mir, ehrwürdiger Vater! Nicht in der dumpfen Krypta deines Baus,– hier, unter dem blauen Dach
des ausonischen Himmels, hier will ich ruhn«,– und er schlug auf den Sarkophag.– »Auf dieser lichten Höhe, umspült vom goldnen
Licht, überragt von nickendem Lorbeer, unter der Vögel süßem Gesang. Ich werde mich wohl vertragen mit den Manen des Friedenskönigs.
Hört, ihr meine Freunde, das ist mein Wille. Höre du zumal: dessen Jugend uns alle überleben muß, Adalgoth, mein Liebling!«
»Wer denkt an die Nacht bei heller Mittagssonne!« rief Adalgoth.
»Die Ahnungsvollen«, sagte Teja. »Seht, wie rasch die Sonne verschwand und ihr warmes, freudiges Goldlicht. Eine Purpurdecke,
wie ein rotes, blutiges Leichentuch, deckt schon das Tal von Taginä. Und die veilchenblauen Schatten sind schon kaltes Schwarz
geworden und fallen plötzlich herein! So rasch! Und rascher noch, als in diesem Land die Nacht, bricht ein, in allen Ländern,
das Schicksal und der Tod.«
Viertes Kapitel
An dem gleichen Abend, da Adalgoth im Gefolge des Königs die Sonne sinken sah über das mittelitalische Land auf der Spes bonorum,
stand auch in schimmervollem Sonnenuntergang auf dem Südabhang des Iffingberges auf ihren Stab gelehnt Gotho, die Hirtin.–
Um sie her hüpften und weideten die Schafe und drängten sich allmählich müde zusammen um die Hüterin, der Heimkehr nach dem
Sennhaus gewärtig und begierig. Aber sie harrten und blökten umsonst. Denn das schöne Kind beugte sich von moosigem Stein
an dem Rand des silberklaren Gebirgsquells emsig vor: in ihrer Lederschürze lagen gehäuft die schönen, würzig duftenden Blumen
der Berghalde: der Thymian, die Wegrose, die Minze, die am feuchten Saume des Rinnsals sprießt, und der tiefblaue Enzian.
Und sie sann und sprach mit sich selbst und mit ihren Blumen und den hurtig enteilenden Wellen. Und sie warf die Blumen in
den rinnendenQuell: bald einzeln, bald kleine Sträuße und halbfertige Kränze.––
»Wie viele«, sagte das Kind vor sich hin in die Wellen und warf die langen, gelben Zöpfe über die Schultern, »wie viele von
euch hab’ ich schon ausgesendet, ihn zu grüßen! Denn nach Süden ist er gezogen, und nach Süden hinab rinnen diese schnellen
Wasser. Aber ich weiß nicht, ob ihr’s bestellt:– denn er ist immer noch nicht heimgekommen. Ihr aber, wie ihr euch hebt und
senket im Tanz der Wellen, ihr winket mir, euch zu folgen. Ja, wer euch folgen könnte! Oder den Fischlein, die da hinabschießen
wie dunkle Pfeile! Oder den flinken Bergschwalben, die durch die Luft schwirren, frei wie die Gedanken! Oder den rotbeschwingten
Abendwolken, wenn sie der Bergwind rasch gen Süden trägt! Aber am sichersten fände ihn freilich das Herz der Sucherin selber,
dürft’ ich, die Halde verlassend, ihm folgen ins ferne, ins sonnige Land.– – Aber was sollte ich da unten? Die Hirtin unter
den Männern des Krieges, unter den klugen Frauen des Hofs! Und ich seh’ ihn ja doch wieder! So sicher ich die Sonne doch wiedersehe,
ob sie verschwand hinter jenen Bergen. Man weiß, man sieht sie wieder. Und dennoch:– Sehnsucht füllt die Zeit von ihrem Scheidestrahl
bis zu ihrem Wiedergruß.«
Da tönte vom Sennhaus her ein weit vernehmlicher, rauher Schall: ein Stoß
Weitere Kostenlose Bücher